Mittwoch, 01.11.2023: Das Kleid im Schrank
In meinem Schrank gibt es Kleider, die nicht getragen werden. Aber trennen kann ich mich trotzdem nicht davon. Ein Kleiderbügel wird seit vielen Jahren immer nur hin und her geschoben, aber nie herausgenommen. Einmal getragen, seitdem hängt es im Kleidersack und hat schon einige Umzüge mitgemacht. Vor einigen Wochen aber war es soweit!
Die entscheidende Frage kam von meiner Tochter. Sie hatte soeben in ihrem Schrank ein weißes Kleid entdeckt. Es war das Taufkleid unserer Kinder.
Sie versuchte es anzuziehen und kam angeschwebt mit der großen Frage einer Vierjährigen: “Mama, wie hast du eigentlich gehochzeitet?” Nun war endlich der Tag gekommen und ich holte mein Brautkleid aus dem Schrank. Die Schutzhülle wurde vorsichtig geöffnet. Etwas überrascht von so viel Stoff staunte meine Tochter. Nach einer kurzen Überlegung wurde es mit dem eigenen Taufkleid verglichen. “Sieht ja auch genauso weiß aus!”
Ja, das stimmt. Profis würden wohl zwischen den verschiedenen Weiß-Creme-Champagner-Farben unterscheiden.
Aber für mich ist das Hochzeitskleid weiß. Weiß, wie das Taufkleid. Denn im Gottesdienst der Taufe gibt es den schönen Satz: “Wer getauft wird, wird aufgenommen in die Gemeinschaft der Heiligen, die uns im Glauben vorangegangen sind und bei Gott für uns eintreten.”
Alle Menschen, die Jesus in ihrem Leben nachfolgen, werden mit der Taufe zu Heiligen. Damit ist nicht Unschuldigkeit gemeint. Denn auch die Taufe ändert nichts daran, dass mir auch Fehler unterlaufen oder Differenzen im Alltag durch mein Verschulden entstehen. Und auch andere Menschen dieser heiligen Gemeinschaft sind und bleiben fehlbar. Ich will aber an mir arbeiten. Das tun, was Jesus mir sagt. Und ich möchte Gottes Liebe weitergeben. In dieser Erinnerung habe ich an vielen wichtigen Punkten und Festen immer wieder „weiß“ getragen. Zur Erstkommunion, zur Hochzeit, aber auch in Gottesdiensten, die ich halte und mitfeiere, kommt ein weißes Gewand zum Einsatz.
Heute feiern katholische Christinnen das Hochfest Allerheiligen. Ich denke dabei nicht nur an namhafte Heilige aus früheren Jahrhunderten. Vielmehr fallen mir dankbar Namen von Menschen ein, die mir von Jesus erzählt haben. Personen, mit denen ich über meinen Glauben diskutieren kann. Heilige, denen ich in den 33 Jahren meines Lebens schon begegnet bin.
Wir sind alle Heilige. Eine große Gemeinschaft mit Gläubigen, genauso wie mit Zweifelnden. Und es ist heute für mich an der Zeit, das Hochzeits- und das Taufkleid wieder zu lüften und aus dem Schrank zu holen.
Seite 4 von 6