Freitag, 03.11.2023: Novemberwetter
Anfang November erwarte ich auch entsprechendes Wetter. Dazu gehört für mich eine nass-graue, kühle Morgenstimmung. Entsprechend auch dichter Nebel und eine kurze Sicht.
Diese Wetter-Erwartung erfüllt der November jedoch nicht immer. Und vor allem hat mich der Oktober dieses Jahr vorzeitig damit überrascht. Gerade noch waren mehr als zwanzig Grad - und dann ein Novemberwetter mitten im Oktober. Durch dichten Nebel und Regen waren wir also in den Ferien wandern. Nicht gerade ideale Voraussetzungen für einen Ausflug.
Auf dem Gipfel war, wie zu erwarten, wenig zu sehen. Um genauer zu sein: Es war nichts zu sehen. Statt der üblichen schönen Aussicht war in alle Richtungen ein grauer Wolkenschleier. Selbst das Tal war nicht zu erahnen. Spannende Felsformationen wurden immer erst kurz vor dem Erreichen erkennbar. Ziemlich schnell waren die Hosen klamm, von den Kapuzen tropfte der Regen ins Gesicht und die Schuhe wurden schon feucht.
Bergab wurde es auch nicht gerade leichter auf den feuchten Wegen. Wir schlitterten ein steiles Stück unsicher hinunter. Letztlich klammerten sich alle an Grashalmen, Steinen oder aneinander fest. Die Aussicht war nun nicht mehr wichtig. Meine vierjährige Tochter wurde sehr vorsichtig. Irgendwann landete auch ich dem matschigen Waldboden. Nass und entsprechend dreckig mussten wir jetzt alle laut lachen. Und plötzlich klammerte sich meine Tochter grinsend an meine nasse Hose: „Mama, ich hab dich ganz sehr lieb“. Da brach der innere Nebel für mich auf. Und ich ahnte, es gibt eben mehr, als ich sehen kann.
Auch an manchen anderen Tagen fühle ich mich wie im Nebel. Wenn schon früh der erste Streit am Frühstückstisch beginnt. Und mir scheinbar nichts gelingt an diesem Tag. Ich wichtige Dinge schlicht vergesse. Und dann kommt ein kleiner Gruß im Briefkasten an. Eine Karte einer guten Freundin. Eine frohe Umarmung nach langer Trennung. Eine Versöhnung nach Streit. Ein gutes Wort füreinander.
Ich bin gespannt, wann sich heute mein Nebel lichtet. Welche Lichtstrahlen mich heute berühren. Ich freue mich auf das Unsichtbare an diesem Tag. Auf die Strahlen, die mein Herz und meine Seele treffen.
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