Donnerstag, 02.11.2023: Das Grab im Garten
Während der Gartenarbeit mit meinem Kind wird per Walkie Talkie alles per Funk abgeklärt. Wichtige Absprachen, aber auch die pure Freude über die Technik “Hörst du mich noch?” werden immer wieder etwas verrauscht in mein Ohr getrötet. Auf meinen Funkspruch “Ich brauche hier mal bitte Hilfe” kommt auch prompt eine Antwort. "Ja, ok. Ich komme rüber, Mama. Aber Achtung, ich muss noch schnell am Grab vorbei!”
Ich muss kurz innehalten. Wir wohnen schließlich nahe eines Friedhofes. Aber zu welchem Grab will er und warum?
Ein Funkspruch später: “Alles gut, ich bin gleich bei dir. Siehst du mich schon?” Und kommt hinter dem Apfelbäumchen zur Terrasse spaziert
Jetzt fällt es mir natürlich ein: Kein Besuch auf dem Friedhof war gemeint. Mein Sohn hat vor kurzem im Garten ein Grab für den einen toten Igel ausgehoben und ihn ordnungsgemäß beigesetzt.
Diese Hingabe hat mich sehr berührt. Mit dem Tod ist nicht alles vorbei. Das Erinnern, das Aneinander Denken, verbindet über den Tod hinaus.
Niemand ist vergessen. Daran denke ich auch, wenn wir als Familie über den großen angrenzenden Friedhof spazieren. Dann lese ich die Namen und Zahlen auf den Grabsteinen durch. Manche Menschen haben vor Jahrzehnten oder gar in früheren Jahrhunderten gelebt. Die Namen der Menschen, ihr Leben, ihre Werke und ihre Beziehungen sind nicht begraben und vergessen.
Diese Zusage finde ich auch in einem Wort der Bibel vom Propheten Jesaja: "Siehe, ich habe deinen Namen in meine Hand geschrieben, ich habe Dich immer vor Augen", (Jes. 49,16).
Auch wenn menschliches Erinnern irgendwann endet, Gottes Liebe endet nie. In dieser Liebe habe ich die tiefe Hoffnung und den Glauben an das Leben nach dem Tod.
Im katholischen Kalender ist heute der Gedenktag “Allerseelen”. Viele Gläubige entzünden auf den Gräbern Ihrer Verstorbenen an diesem Tag Kerzen. Betend denke ich so an alle Menschen, die ich schmerzlich vermisse.
Und ich denke an alle Verstorbenen, die ich nicht persönlich kenne. Ich entzünde eine Kerze zuhause für alle Menschen, an deren Grab heute niemand gehen kann. Für alle Toten, um die niemand trauert.
Und vielleicht stellen mein Sohn und ich heute auch eine kleine Laterne im Garten auf. Am Grab vom kleinen Igel.
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