Donnerstag, 02.11.2023: Das Grab im Garten

Während der Gartenarbeit mit meinem Kind wird per Walkie Talkie alles per Funk abgeklärt. Wichtige Absprachen, aber auch die pure Freude über die Technik “Hörst du mich noch?” werden immer wieder etwas verrauscht in mein Ohr getrötet. Auf meinen Funkspruch “Ich brauche hier mal bitte Hilfe” kommt auch prompt eine Antwort. "Ja, ok. Ich komme rüber, Mama. Aber Achtung, ich muss noch schnell am Grab vorbei!”

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gesprochen von Elisabeth Schwope

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Do 02.11.2023 05:45Uhr 02:38 min

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Ich muss kurz innehalten. Wir wohnen schließlich nahe eines Friedhofes. Aber zu welchem Grab will er und warum?

Ein Funkspruch später: “Alles gut, ich bin gleich bei dir. Siehst du mich schon?” Und kommt hinter dem Apfelbäumchen zur Terrasse spaziert

Jetzt fällt es mir natürlich ein: Kein Besuch auf dem Friedhof war gemeint. Mein Sohn hat vor kurzem im Garten ein Grab für den einen toten Igel ausgehoben und ihn ordnungsgemäß beigesetzt. 

Diese Hingabe hat mich sehr berührt. Mit dem Tod ist nicht alles vorbei. Das Erinnern, das Aneinander Denken, verbindet über den Tod hinaus.

Niemand ist vergessen. Daran denke ich auch, wenn wir als Familie über den großen angrenzenden Friedhof spazieren. Dann lese ich die Namen und Zahlen auf den Grabsteinen durch. Manche Menschen haben vor Jahrzehnten oder gar in früheren Jahrhunderten gelebt. Die Namen der Menschen, ihr Leben, ihre Werke und ihre Beziehungen sind nicht begraben und vergessen. 

Diese Zusage finde ich auch in einem Wort der Bibel vom Propheten Jesaja: "Siehe, ich habe deinen Namen in meine Hand geschrieben, ich habe Dich immer vor Augen", (Jes. 49,16).  

Auch wenn menschliches Erinnern irgendwann endet, Gottes Liebe endet nie. In dieser Liebe habe ich die tiefe Hoffnung und den Glauben an das Leben nach dem Tod.

Im katholischen Kalender ist heute der Gedenktag “Allerseelen”. Viele Gläubige entzünden auf den Gräbern Ihrer Verstorbenen an diesem Tag Kerzen. Betend denke ich so an alle Menschen, die ich schmerzlich vermisse.

Und ich denke an alle Verstorbenen, die ich nicht persönlich kenne. Ich entzünde eine Kerze zuhause für alle Menschen, an deren Grab heute niemand gehen kann. Für alle Toten, um die niemand trauert. 

Und vielleicht stellen mein Sohn und ich heute auch eine kleine Laterne im Garten auf. Am Grab vom kleinen Igel.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzbiografie Elisabeth Schwope

Elisabeth Schwope

geboren 02.08.1990 in Löbau /Sachsen | 2010-13 Studium der Religionspädagogik in Freiburg/Breisgau | 2013-14 Berufspraktisches Jahr in Zwickau | seit 2014 Schulseelsorgerin am Bischöflichen Maria-Montessori-Schulzentrum in Leipzig | 2014-16 Gemeindeassistentin in Leipzig-Grünau | seit 2016 Gemeindereferentin in Leipzig Nord | seit Herbst 2017 in Elternzeit | wohnhaft in Dresden, verheiratet, zwei Kinder

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Lüder Laskowski

Lüder Laskowski

geboren 1973 in Dresden und dort aufgewachsen I 1992 Abitur I 1992 - 1995 Ausbildung zum Steinmetz/Steinbildhauer bei den Sächsischen Sandsteinwerken Pirna I 1995/96 Zivildienst im Landesjugendpfarramt Sachsen / Behindertenarbeit I 1996 bis 2004 Studium der ev. Theologie in Leipzig und Berlin I 2004 - 2007 Geschäftsführer einer Unternehmensberatung im Kulturbereich in Dresden I 2007 - 2009 Vikariat an der Lutherkirche Radebeul I 2009 - 2019 Pfarrer Kirchgemeinde Großschirma / Freiberger Dom / Studierendenpfarrer Bergakademie Freiberg I seit 2019 Projektpfarrstelle "Kirchliche Arbeit in neuen Stadtquartieren" beim Kirchenbezirk Leipzig

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.