Montag, 23.10.2023: Begegnungsraum für Jedermann
Als im Sommer die Kirche von Großröhrsdorf durch Brandstiftung zerstört wird, dauert es nur kurz, bis Menschen sich für ihren Wiederaufbau aussprechen oder selbst dafür Geld spenden. Kirchen sind und bleiben Identifikationsorte. Ihre Türme geben Orientierung. Nicht nur geografisch, auch biografisch. Sie erinnern an Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen, das eine oder andere treffende Wort, welches in ihr gesprochen wurde. Vielleicht sind sie ein wenig wie Bäume, bei denen wir uns fragen, was sie schon alles in ihrem Leben gesehen haben mögen.
Wobei die Kirchen wohl noch mehr im Dialog mit ihren Besuchern stehen als die grünen Riesen in Parks und Wäldern. Durch Skulpturen, Gemälde oder farbige Fenster fühlen sich Menschen angesprochen. Musik und Klänge der Gewölbe hallen nach. Manchmal bleiben Menschen einer Kirche deshalb dauerhaft verbunden.
Wie die adlige Dame, die vor 400 Jahren der Annenkirche Dresden eine vergoldete Abendmahlskanne stiftete, mit der noch heute Wein ausgeschenkt wird. Oder der Senior, der vom Fenster den Kirchturm in Dresden-Leuben sieht. Jeden Tag vermisst er den vom Sturm beschädigten Turmhahn und spendet nun für seine Sanierung.
Viele solcher Bindungen gibt es. Jede wäre eine Geschichte wert. Doch die wenigsten sind bekannt. Gesprochen wird stattdessen über das Ausbluten der Kirchen. Da prallen zwei Realitäten aufeinander: Der Wunsch vieler, dass die Kirche im Dorf bleibt. Und zugleich leere Gotteshäuser; eine Gesellschaft, die sich von christlichen Traditionen entfremdet hat.
Der Kirchenvorstand in Großröhrsdorf hat längst einen Kirchenneubau beschlossen. Doch das Haus soll den heutigen Bedürfnissen aller Bewohnerinnen und Bewohner nachkommen. Auch derer ohne Konfession. Die vor kurzem sanierte Kirche Sora zwischen Wilsdruff und Meißen hat bereits gezeigt, wie so etwas gehen kann. Weil die Dorfgemeinschaft mitreden konnte, ist sie noch immer Orientierungsmarke in der Landschaft und im Leben vieler Anwohner, zugleich Feier- und Begegnungsraum für jedermann. Aber eben auch der Ort, wo Gottes Wort gepredigt wird.