Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 25.-30.11.2024
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Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Dr. Harald Lamprecht, am Sonntag Pfarrer Holger Treutmann.
Sonnabend, 30.11.2024: Gott der Schöpfer (II)
"Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde." Dies ist der erste Satz des christlichen Glaubensbekenntnisses - und der hat es in sich. Das Bekenntnis zu Gott als Schöpfer der Welt ist dabei weniger eine Aussage über die Welt. Das wird oft missverstanden. Daraus entstehen dann fruchtlose Debatten und falsche Gegenüberstellungen. Naturwissenschaftliche Beschreibungen von der Entstehung der Welt stehen nicht im Konflikt zum christlichen Glauben. Aus meiner Sicht passt das sehr gut zusammen: Ich glaube an Gott als den Schöpfer der Welt und finde trotzdem die Entstehung der Arten durch Evolution plausibel. Wenn der christliche Glaube von Gott sagt, dass er der Schöpfer des Himmels und der Erde ist, dann ist das in erster Linie eine Aussage über Gott. Diese hat zwei Richtungen.
Erstens: Es ist eine Beschreibung, wer dieser Gott ist. Gott ist kein anderer Gott als derjenige, der die Welt geschaffen hat. Das ist z.B. im Gespräch zwischen den Religionen eine wichtige Aussage. Juden, Christen und Muslime bekennen alle, dass Gott der Schöpfer der Welt ist. Da wir von derselben Welt reden, müssen wir auch von demselben Gott reden - selbst wenn wir uns über sein Wesen sonst nicht einig sind.
Zweitens: Es ist eine Beschreibung, wie dieser Gott ist. Er steht der Welt gegenüber. Er ist ihr Schöpfer. Das bedeutet: Die Schöpfung selbst ist nur sein Werk. Wir als Menschen dürfen sie bebauen und uns nutzbar machen. Wir sollen sie bewahren und nicht ausbeuten oder zerstören - was wir leider auf vielen Ebenen tun. Dennoch bleiben die Welt und all ihre Kreaturen Werke Gottes - sie sind nicht Gott selbst. Sie sind nicht göttlich. Das unterscheidet die christliche Sicht von etlichen Naturreligionen oder Teilen der Esoterikszene, die in der Welt zahlreiche Götter und in jedem Baum ein Geistwesen vermuten. Die christliche Aussage von Gott als Schöpfer ist demgegenüber eine große Entzauberung der Welt. Das ermöglicht erst die naturwissenschaftliche Erforschung in allen Details ohne Tabus.
Freitag, 29.11.2024: Gott, der Schöpfer (I): Aus dem Nichts
Es gibt wohl wenig Befriedigenderes, als etwas zu schaffen, das vorher nicht da war. Der Maler, der ein neues Bild geschaffen hat. Die Köchin, die ein köstliches Mahl zubereitet hat. Der Zimmermann, der einen Dachstuhl aufgesetzt hat. Die Musikerin, die ein neues Stück komponiert hat. Sie alle können zufrieden auf das verweisen, was durch ihre Kunst neu entstanden ist.
Dabei sind das alles Dinge, die gar nicht vollkommen neu sind. Vorhandenes wurde lediglich in anderer Weise zusammengestellt. Die Zutaten der Köchin waren vorher schon da, ebenso wie die Töne der Musikerin oder die Farben des Malers und das Holz des Zimmermanns.
Das christliche Glaubensbekenntnis benennt Gott als "den Schöpfer des Himmels und der Erde." Das ist der erste Satz der Bibel: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde." Im Unterschied zum Maler oder dem Zimmermann findet Gott dafür kein Material vor, das er lediglich neu kombiniert, sondern schafft die Welt aus dem Nichts.
Es gibt durchaus Religionen, die das anders sehen. So meinen z.B. die Mitglieder der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", besser bekannt als "Mormonen", dass die Materie gleich ewig sei wie Gott und von ihm nur reorganisiert und neu angeordnet wurde.
Vor dem Hintergrund mag es interessant sein, dass die moderne Physik in der Urknall-Theorie es ähnlich beschreibt wie der christliche Glaube: Die Welt ist aus dem Nichts entstanden. Es gab eine Zeit, in der weder Materie, noch Raum, noch Zeit existierten. All dies entstand im sogenannten "Urknall" aus einer einzigen "Singularität". Als "Singularität" - so konnte ich es in Wikipedia nachlesen - bezeichnen Physik und Astronomie Orte, "an denen … die Krümmung der Raumzeit divergiert, umgangssprachlich also ,unendlich‘ ist".
Ich finde es sehr spannend, wie ähnlich hier Religion und Physik die Dinge beschreiben, obwohl sie aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Welt schauen.