Donnerstag, 10.04.2025: Narzissenhoffnung
Nächste Woche ist Ostern. Ich freu mich drauf. In den letzten Wochen gab es viele Sonnenstunden, auf meinem Balkon blühen fröhliche gelbe Narzissen. Ich hab überhaupt keinen grünen Daumen und die Narzissenzwiebeln hab ich voriges Jahr zum Trocknen in irgendeinem Blumentopf liegen gelassen und dann über den Winter vergessen. Irgendwie kamen sie im Blumenkasten zu liegen und nun sind sie plötzlich wieder da, blühen mir 'was vor von der Schönheit der Welt.
Ostern feiert das Leben. Als Christ verbinde ich damit die Geschichte von Jesus und wie er das Leben in die Welt gebracht hat. Es ist eine sehr menschliche und tiefgründige Geschichte. Denn das Leben, das neue Leben nach dem Absterben, die Hoffnung - sie kommen an Ostern nicht ohne den Tod. Jesus stirbt, er wird achtlos hängengelassen und erstickt und verblutet jämmerlich an einem Holzkreuz.
Es ist nicht daran zu denken, dass da nochmal Leben entsteht. Und wie immer, wenn ein Mensch stirbt, ist es schlimm: es werden Schuldige gesucht und es gibt auch welche. Der großen Liebe, die Menschen Jesus entgegenbrachten – seine Mutter, seine Geschwister, seine Freunde – wird ein brutales Ende gesetzt. Mit dem Tod hört alles auf.
Ich bin ein Mensch, ich kenne das. Ich muss Menschen loslassen, die ich eigentlich noch sehr brauche. Es zerreißt mir das Herz. Oder es geht mir wie mit den Narzissenzwiebeln: Ich erkenne das Wertvolle und Schöne nicht, lasse es achtlos liegen, kümmere mich nicht.
An Ostern erlebe ich dann: da blüht trotzdem wieder was. Der Morgen bricht an, das Licht kommt. Es geht weiter. Das hängt für mich mit dieser Geschichte zusammen, wo der Mensch Jesus das Unmögliche schafft. Er stirbt und dann lebt er. Ich kanns nicht immer fühlen. Aber ich spreche es mit, singe es mit, in den Gottesdiensten an Karfreitag und Ostern. Und nächstes Jahr steck ich noch viel mehr Narzissenzwiebeln.