Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN
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Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Katrin Hutzschenreuter.
Dienstag, 05.11.2024: Wartezimmergedanken
Ich muss zum Arzt. Es ist nichts Schlimmes, nur ein Kontrolltermin. Ich dachte, da bin ich schnell wieder draußen. Aber das kann ich mir wohl abschminken. Das Wartezimmer ist proppevoll, ich kann froh sein, dass ich noch einen freien Stuhl bekomme. Nun ist Geduld gefragt.
Nach einem tiefen Seufzer lasse ich meinen Blick durch das Wartezimmer schweifen. Da ist eine Mutter, die ein müdes Kleinkind auf dem Schoß hält. Neben ihr sitzt ein älterer Herr, der aufmerksam Zeitung liest. Mir direkt gegenüber wippt eine junge Frau ununterbrochen mit dem Fuß, das macht mich ganz nervös. Aber nicht nur das. In einer Ecke sitzt eine ältere Frau, die in unregelmäßigen Abständen stöhnt und mit dem Kopf schüttelt. Andere vertreiben sich die Zeit an ihrem Handy.
Das ist das, was ich sehe. Aber was geht im Inneren der Menschen vor, mit denen ich hier auf engem Raum Zeit verbringe? Ich kann es nur ahnen. Ich stelle mir vor, hier sitzt die Angst neben der Gelassenheit, die Erleichterung gegenüber der Unsicherheit, die Wut hinter der Hoffnung. Und die Aggression wartet neben der Trauer.
Dieses Zimmer ist voller Emotionen. Hier sitzt niemand, weil ihm langweilig ist. Alle sind hier, weil sie etwas beunruhigt, weil sie Gewissheit haben wollen oder weil etwas nicht in Ordnung ist.
Der Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an, so steht es in der Bibel. Das habe ich an diesem Morgen neu verstanden.
Montag, 04.11.2024: Novemberblues
Ganz ehrlich - ich mag den November. Zu diesem Monat gehören für mich auch verschiedene Stimmungen dazu. Ein wenig Traurigkeit, ein wenig Melancholie - und auch das trübe Wetter, das es an manchen Tagen gar nicht richtig hell werden lässt. Mir ist bewusst, dass ich mit dieser Meinung ziemlich allein dastehe. Für die meisten Menschen ist dieser Monat nur grau und trist. Und dann sind da noch die verschiedenen Gedenktage an die Verstorbenen… Manch einer würde den November vermutlich gern aus dem Kalender streichen.
Aber ich glaube, dass der November eine wichtige Aufgabe im Jahr hat. Er zeigt uns die Vorläufigkeit des Irdischen und das, was wirklich wichtig ist. Wir brauchen das Dunkel, um zu wachsen. Und auch Traurigkeit ist eine Form, Trauer zu verarbeiten. Der November ist eine Einladung, sich auf sich selbst zu konzentrieren, sich selbst nachzuspüren. Das ist nicht immer angenehm und manchmal auch mit Schmerzen verbunden.
Der November ist eine Zeit des Übergangs. Ich kann mir nicht vorstellen, direkt vom goldenen Oktober in den Advent zu wechseln. Ich brauche den dunklen November, um mich auf das Licht des Adventskranzes zu freuen.
Der November ist eine Zeit, die uns bewusst macht, dass vieles in der Natur vorläufig und endlich ist. Auch unser Leben. Dadurch verweist diese Zeit auch auf Gott. Die Botschaft meines Glaubens kann ihre eigentliche Leuchtkraft erst auf einem solchen dunklen Hintergrund wirklich ausstrahlen. Dann bekommen die Kerzen des Adventskranzes einen Sinn, weil Gott uns unser Dunkel zwar nicht nimmt, aber mitten hineinkommt.