Ein Mann sitzt in einem Rollstuhl an seinem Arbeitsplatz am Schreibtisch.
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Welttag der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember Mehr Einsatz für Inklusion und Selbstbestimmung in Deutschland gefordert

03. Dezember 2023, 10:30 Uhr

Anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember kritisiert das Deutsche Institut für Menschenrechte die halbherzige Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland. Es fordert Bund, Länder und Kommunen auf, sich entschlossener als bislang für die Inklusion und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen einzusetzen.

"In Deutschland fehlt die Bereitschaft, die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention konsequent umzusetzen. Tradierte Sondereinrichtungen in den Bereichen Wohnen, Bildung und Arbeit müssen endlich schrittweise abgebaut und mehr inklusive Angebote gemacht werden, damit Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt und gemeinsam mit anderen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können", fordert Britta Schlegel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Instituts.

Derzeit sei das Leben vieler Menschen mit Behinderungen außerdem durch einen eklatanten Mangel an Barrierefreiheit geprägt, beispielsweise beim Zugang zu Kultur- und Freizeitangeboten oder auf dem Wohnungsmarkt.

Mangelnde Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland

Kritik kommt auch von internationaler Seite: In seinen im Oktober 2023 veröffentlichten "Abschließenden Bemerkungen" kritisiert der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen die mangelhafte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland und fordert Deutschland mit Nachdruck auf, Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderungen abzubauen.

Er mahnt außerdem den Aufbau eines inklusiven Gesundheitswesens an - mit flächendeckender Barrierefreiheit sowie Aus- und Fortbildungen von medizinischem Personal zu den Bedarfen und den grundlegenden Rechten von Menschen mit Behinderungen, insbesondere dem Selbstbestimmungsrecht.

Eine Frau mit kurzen braunen Haaren
Britta Schlegel vom Institut für Menschenrechte Bildrechte: DIMR, B. Dietl

Die derzeitige Erarbeitung eines "Aktionsplans für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen" durch das Bundesgesundheitsministerium ist für Schlegel dabei ein wichtiger Schritt. "Dass Bundesgesundheitsminister Lauterbauch den Beteiligungsprozess selbst eröffnet hat, stimmt uns optimistisch", so Schlegel.

Aus menschenrechtlicher Sicht gehe es nun darum, den Diskriminierungsschutz und die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen im Gesundheitswesen sicherzustellen, damit diese eine barrierefreie Versorgung vorfinden und gut informiert und selbstbestimmt über medizinische Behandlungen entscheiden können. An der Entwicklung des Aktionsplans müssten Menschen mit Behinderungen als Experten in eigener Sache durchgehend und bei jedem Schritt beteiligt werden.

Welttag der Menschen mit Behinderungen seit 1992

Dass Themen wie Inklusion, barrierefreier Zugang oder selbstbestimmtes Leben seit einigen Jahren in unserer Gesellschaft sichtbarer wurden, ist auch dem Engagement der Vereinten Nationen (UN) zu verdanken. Die UN-Generalversammlung hatte 1992 den 3. Dezember zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen erklärt, um auf die Lebenssituation dieser Menschen aufmerksam zu machen und gleichzeitig deren Teilhabe und Gleichstellung einzufordern.

Fast jeder Zehnte lebt mit einer Behinderung

Ende 2021 lebten in Deutschland rund 7,8 Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) waren das 9,4 Prozent der Menschen in Deutschland. Knapp die Hälfte der schwerbehinderten Menschen war zwischen 55 und 74 Jahre alt.

Verschiedene Institutionen und Verbände setzen sich seit Jahren für die Interessen von Menschen mit Behinderung ein, etwa der Deutsche Behindertenrat, Aktion Mensch, der Sozialverband Deutschland, die Diakonie und die Caritas, der VdK oder der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.

Gemischte Bilanz

Knapp fünfzehn Jahre nach Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention gibt es in Deutschland noch immer Defizite in der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben.

So besteht etwa bei der Umsetzung von Inklusion im Bildungsbereich deutlicher Verbesserungsbedarf. Noch immer wird ein barrierefreier Zugang zu Mobilität, Arbeit und Kultur nicht selbstverständlich in der Planung bedacht, vorhandene Barrieren nicht wahrgenommen oder zu langsam abgebaut.

Auch sorgte das Thema Integration in den ersten Arbeitsmarkt und die damit verbundene Debatte um Behinderten-Werkstätten immer wieder für Zündstoff.

In der Corona-Pandemie wurde die Frage nach der Triage intensiv diskutiert. Wer soll versorgt werden, wer muss warten? Künftig soll allein die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit erkrankter Menschen den Ausschlag geben, wer bei begrenzten Kapazitäten intensivmedizinisch behandelt wird. Alter oder Behinderung sollen demnach kein Kriterium sein.

Doch es gab auch Veränderungen zum Positiven: Ende 2016 verabschiedete der Bundestag das Bundesteilhabegesetz, das die Teilhabe am Arbeitsleben und die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen stärken soll, etwa durch verstärkte Eingliederungshilfe.

Für einen Schritt in Richtung politische Inklusion sorgte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2019: Dort entschied man, dass betreute Menschen nicht länger pauschal von Bundestags- und Europawahlen ausgeschlossen werden dürfen. Nach dem Urteil beschloss der Bundestag die Einführung eines inklusiven Wahlrechts. Von dem Entschluss profitieren hierzulande mehr als 80.000 Menschen.

Vielfältige Initiativen geplant

Den Aktionstag nutzen Organisationen dazu, die Rechte und Anliegen von Menschen mit Behinderungen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und sich für deren selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe einzusetzen. Alljährlich gibt es deutschlandweit viele Veranstaltungen.

Die Vereinten Nationen.... ... hatten 1981 erstmals ein Jahr der Behinderten ausgerufen, um auf Menschen mit Behinderung sowie deren Anliegen aufmerksam zu machen. Diese Initiative führte zur Ausrufung des "Jahrzehnts der behinderten Menschen" von 1983 bis 1993. Zum Abschluss der Dekade legte die UNO in einer Resolution fest, den 3. Dezember fortan als "Internationaler Tag der Behinderten" zu begehen, der 2007 in den "Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen" umbenannt wurde.

 

Quelle: OTS, MDR, bpb.de

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