Urteile der Woche Nutzung von Headsets in der Firma unterliegt betrieblicher Mitbestimmung
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16. November 2024, 08:25 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Nutzung von Headsets in der Firma unterliegt der betrieblichen Mitbestimmung
Bundesarbeitsgericht (Az. 1 ABR 16/23)
Die Firma Scherenberg hat 200 Beschäftigte, die in einem großen Geschäft Mode verkaufen. Zur besseren Abstimmung unter den Kollegen wird dort ein sogenanntes Headset-System eingeführt. Headsets sind Ohrhörer mit Mikrofon, über die man leicht kommunizieren kann. Allerdings ist das Mithören nicht nur für den angesprochenen Kollegen möglich.
Grundsätzlich können sich auch Vorgesetzte in die Gespräche einschalten oder auch mithören. Der Gesamtbetriebsrat möchte nun mitbestimmen über die Nutzung der Geräte. Schließlich könnte mit deren Hilfe das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer überwacht werden.
Am Bundesarbeitsgericht stimmte man zu: Führt ein Unternehmen ein Headset-System ein, dann unterliegt dies der Mitbestimmung durch den Betriebsrat. Denn die Kommunikation kann grundsätzlich an alle angemeldeten Beschäftigten übertragen werden, auch an die Vorgesetzten. Dies führt zu einem ständigen Überwachungsdruck. Eine betriebliche Mitbestimmung ist hier auch dann nötig, wenn es nicht geplant ist, die Gespräche aufzuzeichnen oder zu speichern.
Der Betriebsrat muss sich also mit dem Thema beschäftigen.
K.O.-Tropfen sind kein gefährliches Werkzeug im rechtlichen Sinn
Bundesgerichtshof (Az. 5 StR 382/24)
Nun geht es um einen Fall, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte: Handelt es sich beim heimliche Verabreichen von K.O.-Tropfen um Körperverletzung? Ein Mann hatte einer Frau K.O.-Tropfen heimlich ins Getränk gemischt. Diese wurde daraufhin bewusstlos und konnte sich gegen sexuelle Handlungen nicht mehr wehren. Sie wurde später im Garten liegend vorgefunden, ihr war stark übel und damit gab es auch die Gefahr zu erbrechen. Dennoch, entschied der Bundesgerichtshof, handele sich nicht um Körperverletzung. Aber was ist es dann?
Dazu urteilten die Richter: Eine Körperverletzung wird mit einem gefährlichen Werkzeug begangen, das unmittelbar von außen auf den Körper einwirkt und eine erhebliche Verletzung auslöst. Flüssigkeiten, die sedierend oder narkotisierend wirken, sind kein gefährliches Werkzeug . Auch eine Pipette ist kein solcher Gegenstand. Beim heimlichen Verabreichen von K.O.-Tropfen handelt es sich deshalb um eine Gewaltanwendung.
Die Strafe kann hier durchaus noch höher ausfallen, denn wegen der Gefahr des Erbrechens befand sich das Opfer möglicherweise in Lebensgefahr.
Keine Verurteilung bei Rotlichtverstoß ohne genaue Daten zur Technik
Oberlandesgericht Karlsruhe (AZ: 3 ORbs 330 SsBs 218/24)
Walter Wagenbrett* wird vorgeworfen, bei Rot über eine Ampel gefahren zu sein. Er soll nun 200 Euro zahlen und einen Monat lang mit dem Fahren aussetzen. Doch er geht dagegen vor. Denn zur technischen Messung des Verstoßes wurden Daten eines standardisierten Messverfahrens genutzt, das auf Induktionsschleifen beruht. Es sei aber auch wichtig zu wissen, in welcher Entfernung sich die Haltelinie zur Induktionsschleife befand und wie lange schon Rot angezeigt wurde. Diese wichtigen Details seien nicht geklärt.
Am Oberlandesgericht Karlsruhe bekam der Autofahrer Recht: Für eine Überprüfung der Messung muss genau festgestellt werden, wann die Haltelinie überfahren wurde und zu welchem Zeitpunkt die Ampel zuvor auf Rot umgeschaltet war. Fehlen diese Angaben, ist die Verurteilung unwirksam.
Der Autofahrer muss für den Rotlichtverstoß hier nicht zahlen.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. November 2024 | 08:21 Uhr