Der Redakteur | 14.11.2022 19 Grad am Arbeitsplatz - Wie soll das eigentlich gemessen werden?
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14. November 2022, 19:31 Uhr
Volker Bauer aus Tautendorf fragt, wie die vorgeschriebenen 19 Grad in öffentlichen Gebäude und an Arbeitsplätzen ermittelt werden sollen? Und wo werden sie gemessen? Unser Redakteur Thomas Becker klärt auf.
Die Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung, kurz EnSikuMaV beschert Arbeitsplätzen in öffentlichen Nichtwohngebäuden eine Maximaltemperatur von 19 Grad. Das heißt: Alles, was in einer Behörde arbeitet, hat es fröstelig kühl. Dazu gehören auch öffentlich-rechtlich organisierte Krankenkassen, Rundfunkanstalten, Institute, Verbände usw., während Privatfirmen ihren Mitarbeitern wohligere Temperaturen können dürfen.
Es gibt eine Unterscheidung zwischen öffentlichen Arbeitgebern im Sinne von "der Staat".
Vorbildlich frieren!
In der Verordnung wird von einer Vorbildfunktion gesprochen, die öffentliche Einrichtungen haben. Abgesehen von den Betroffenen sind auch die Experten nicht begeistert von dem Maximal-19-Grad-Ansatz. Sie haben nämlich die bisherige Regelung von mindestens 20 Grad bei sitzenden Tätigkeiten auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt.
Zu den Experten gehören die Kollegen um Dr. Kersten Bux von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Er ist dort für das Raumklima zuständig und weist auch darauf hin, dass es nicht nur um die Frage geht, ob die 19 Grad sitzend ertragen nun auf Dauer gesundheitsschädlich sind oder nicht. Es geht auch um den psychischen Stress, der durch Unzufriedenheit entsteht und das ist auch Teil des Arbeitsschutzes.
Untersuchungen haben ergeben, dass die Zahl der Unzufriedenen bei nur noch 19 Grad deutlich ansteigt, nämlich von fünf (bei "Normaltemperaturen") auf nun 15 bis 20 Prozent unzufriedener Mitarbeiter, so Dr. Bux.
Ohne dass jemand erfriert oder krank wird, haben wir ein Problem mit dem Arbeitsschutz aufgrund dieser psychischen Belastung, die eine ständige Unterkühlung mit sich bringt.
Temperaturen schwanken im Raum
Auch ist das stabile Halten einer Temperatur von ziemlich exakt 19 Grad im ganzen Raum eine eigentlich nicht umsetzbare Idee. Denn die Maximaltemperatur von 19 Grad ist gleichzeitig auch die Mindesttemperatur. Diese Konstanz wird in Klimakammern nur mit richtig großem Aufwand und einer ziemlich teuren Regelungstechnik erreicht. Das bedeutet in der Praxis: Entweder sinken die Temperaturen an den einzelnen Arbeitsplätzen immer mal wieder deutlich unter die 19 Grad oder gehen dauernd darüber. Das kann man technisch gar nicht verhindern.
Wie wird nun genau gemessen?
Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten geben zunächst vor, dass das Thermometer keiner Strahlung von Sonne oder Heizung ausgesetzt sein darf. Das heißt: Eine locker um das Thermometer gelegte Alufolie als Schutzschirm wäre eine simple Grundvoraussetzung dafür, dass mit einem handelsüblichen Thermometer überhaupt halbwegs korrekt gemessen werden kann.
Hinzu kommt auch noch die richtige Höhe: 0,6 m an Sitzarbeitsplätzen, 1,1 m an Stehplätzen und das sogar stündlich, bzw. "nach Erfordernis", wie es so schön heißt. Denn es ist ausdrücklich keine Durchschnittstemperatur von 19 Grad gemeint, sondern die nahezu durchgehend vorherrschende Lufttemperatur an jedem Arbeitsplatz. Das bedeutet: Niemand muss sich damit zufrieden geben, dass die 19 Grad irgendwann einmal im Laufe des Tages erreicht werden. Es sollte schon der Regelfall sein, auch wenn es in der Praxis kaum zu regeln ist.
Quelle: MDR (ask)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 14. November 2022 | 16:40 Uhr