Bankautomat mit der Aufschrift: Kontopfändung.
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Pfändungsfreigrenzen erhöht P-Konto: Mehr Geld für Schuldner

30. Juni 2024, 15:23 Uhr

Bei Schuldnern, die ihre Schulden nicht zurückzahlen, kann Geld direkt vom Einkommen gepfändet werden. Damit den Betroffenen dennoch ausreichend Geld zum Leben bleibt, gibt es die Pfändungsfreigrenzen. Diese werden zum 1. Juli wieder erhöht. Wir klären, warum es diese Grenzen gibt und zeigen an einem Beispiel, wie sich der Pfändungsbeitrag errechnet, wenn man ein höheres Einkommen hat.

Teure Handyverträge, zu viel Onlineshopping oder ein Autokauf auf Kredit: Schulden können sich schnell anhäufen. Wer diese nicht selbstständig zurückzahlt, muss mit einer Pfändung rechnen. Konkret auf Kredite bezogen ergab erst vor Kurzem eine Online-Befragung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), dass 19 Prozent der Befragten "wegen gestiegener Lebenshaltungskosten Probleme haben, ihren Kredit zu tilgen. Bei den 16- bis 29-jährigen ist es knapp jeder Dritte (31 Prozent)".

Damit Schuldnern dennoch eine finanzielle Grundlage zum Leben bleibt, gibt es die sogenannten Pfändungsfreigrenzen. Diese werden jährlich angepasst. So erhöht sich zum 1. Juli 2024 die monatliche Pfändungsfreigrenze für Alleinstehende auf 1.491,75 Euro (zuvor 1.402,28 Euro). Diese wird auch oft als "Grundfreibetrag" bezeichnet. Hinzu kommen gegebenenfalls Freibeträge für Personen, die der Schuldner mit versorgen muss wie Ehegatten oder Kinder. Handelt es sich um nur eine Person, dann sind es 561,43 Euro. Bei der zweiten bis fünften sind es jeweils 312,78 Euro, die noch zum Grundfreibetrag dazu kommen.

Die Verbraucherzentrale schreibt dazu auf ihrer Webseite: "Die neuen Pfändungsfreigrenzen gelten ohne Übergangsregelung und müssen automatisch sowohl von Arbeitgebern bei Lohnpfändungen und Lohnabtretungen, als auch von Kreditinstituten bei einem Pfändungsschutzkonto (Anm. d. Red. P-Konto) beachtet werden." Das bedeutet, auch wer ein sogenanntes P-Konto hat, muss sich um nichts kümmern. Allerdings rät die Verbraucherzentrale, sich am besten noch vor der nächsten Abrechnung "beim Arbeitgeber oder Sozialleistungsträger zu erkundigen, ob die neue Pfändungstabelle bekannt ist und angewendet wird".

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Freigrenzen sollen an Lebenshaltungskosten angepasst werden

Warum die Beträge regelmäßig erhöht werden, erläutert Marie-Christine Fuchs, Sprecherin des Bundesministeriums der Justiz (BMJ): "Dem Schuldner und den Personen, gegenüber denen der Schuldner gesetzliche Unterhaltspflichten erfüllt, soll ein menschenwürdiges Leben gewährleistet bleiben." Demnach seien die Pfändungsfreibeträge, die einem Schuldner verbleiben, den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen. "Zugleich wird so dem Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit infolge der Pfändung entgegengewirkt. Die Sozialhilfeträger sollen dauerhaft entlastet werden und der Steuerzahler soll nicht indirekt für private Verbindlichkeiten aufkommen müssen. Insoweit also die Lebenshaltungskosten steigen, werden die Pfändungsfreigrenzen ebenfalls erhöht", sagt sie.

Was ist ein P-Konto? Die Bezeichnung P-Konto steht für Pfändungsschutzkonto. Bei diesem wird der Grundfreibetrag automatisch vor Pfändung geschützt.
Nach Angaben der Schufa nutzen derzeit rund 2,75 Millionen Menschen in Deutschland ein P-Konto (Stand 31.12.2023).

Wichtig zu wissen: Bestimmte Leistungen dürfen nie gepfändet werden. Dazu zählen nach Paragraph 850a Zivilprozessordnung unter anderem Erziehungsgelder und Studienbeihilfen.

Wer mehr verdient, darf mehr behalten

Wenn man arbeiten geht und das Nettoeinkommen über der Freigrenze liegt, darf man einen weiteren Teil des Geldes behalten. "Der Schuldner soll in seiner Motivation gestärkt werden, aus eigener Kraft seinen Lebensunterhalt zu verdienen und seine Verschuldung zu überwinden", erklärt Marie-Christine Fuchs auf MDR-Anfrage.

Was kann man vom Verdienst noch behalten – ein Rechenbeispiel

Wie genau es sich mit einem Einkommen verhält, das über dem Grundfreibetrag liegt, lässt sich am besten anhand eines Beispiels zeigen.

Beispiel: In unserem Beispiel betrachten wir Familie Mustermann. Der Vater Max ist der verschuldete Alleinverdiender . Er ist verheiratet mit Lisa und hat einen Sohn namens Paul. Weil Max die beiden versorgen muss, bekommt er entsprechende Freibeträge angerechnet. Von seinem bereinigten Nettoeinkommen muss nun zunächst der sogenannte Mehrbetrag errechnet werden.

Hinweis: Das bereinigte Nettoeinkommen ist nicht gleichzusetzen mit dem Nettoeinkommen selbst. Hier werden noch einige Abzüge vorgenommen (siehe Paragraphen 850 a und b Zivilprozessordnung). Abgezogen werden können unter anderem Leistungen für die Altersvorsorge und berufsbedingte Aufwendungen.

  Beispiel
bereinigtes Nettoeinkommen von Max 2.500,00 €
Grundfreibetrag für Max - 1.491,75 €
Freibetrag, den Max für Ehefrau Lisa erhält - 561,43 €
Freibetrag, den Max für Sohn Paul erhält - 312,78 €
Mehrbetrag = 134,04 €
Quelle: Bundesministerium der Justiz  

Von diesem Mehrbetrag gibt es nun festgelegte Anteile, die nicht gepfändet werden dürfen:

  • für den Schuldner selbst ist es ein Anteil von 3/10,
  • für die erste zusätzliche Person, die versorgt werden muss, sind es 2/10 und
  • für die zweite (bis fünfte) Person, die zusätzlich versorgt werden muss, gilt 1/10 als unpfändbar.

In unserem Beispiel bedeutet das, dass insgesamt 6/10 des Mehrbetrags nicht gepfändet werden dürfen.

  Beispiel
Mehrbetrag 134,04 €
6/10 des Mehrbetrags - 80,42 €
Pfändbarer Betrag 53,62 €
Quelle: Bundesministerium der Justiz  

Somit kann Familie Mustermann 2.446,38 Euro behalten. Gepfändet werden können nur 53,62 Euro.

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MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 01. Juli 2024 | 17:45 Uhr

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