Digitales Wettervorhersage per App: Wie sicher sind die Prognosen?
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19. Juli 2024, 16:50 Uhr
Wie aussagekräftig sind Wetter-Apps? Wie unterscheiden sich ihre Vorhersagen von denen der Meteorologen? Darüber haben wir mit Florian Engelmann vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig gesprochen.
Wie aussagekräftig sind Wetter-Apps?
Florian Engelmann: Die sind im Großen und Ganzen schon sehr gut. Die Frage ist nur: Welche Details erwarte ich? Wenn ein grober Ablauf reicht, eine Temperatur für den Tag, dann passt das meist. Die Vorhersage für die nächsten drei Tagen ist in den meisten Fällen recht sicher. Je weiter man in die Zukunft schaue, desto größer werden die Unsicherheiten. Grundsätzlich gilt: Temperaturen lassen sich recht gut vorhersagen, beim Niederschlag haben alle Apps Schwächen. Das gilt vor allem für sommerliche Schauer und Gewitter.
Wo bekommen die Wetter-Apps ihre Daten her?
Im Normalfall wird in die Wetter-Apps ein spezielles statistisches Wettermodell eingeladen, das mit Daten aus numerischen Wetterprognosen, also den Supercomputern gefüttert wird. Alle Vorhersagen sind vollautomatisch. Das hat den Vorteil, dass für ganz viele verschiedene Orte und jede Zeit die gewünschten Vorhersagen erstellt werden. Ein Nachteil ist, dass die Vorhersagen oft stark schwanken, wenn neue Modellergebnisse vorliegen.
Wetterapps gaukeln uns außerdem oft sehr hohe Genauigkeiten vor: In sieben Tagen soll es um 15 Uhr regnen. Außerdem werden extreme Wettereignisse wie zum Beispiel Unwetter durch die Apps sehr schlecht vorhersagt, da sie nur selten vorkommen. Nutzt man nur eine App, hat dies den Nachteil, dass man keinen Vergleich mit anderen Modellen hat. Damit kann ich die Unsicherheit der Vorhersage nicht einschätzen. Deswegen muss man da schon mit gewisser Vorsicht rangehen. Viele freie Wetterapps nutzen die Daten des amerikanischen Wettermodells Global Forecast System (GFS). Gute, aber dann oft kostenpflichtige Apps haben Modelle, die speziell auf Deutschland und Europa zugeschnitten sind. Und einige Apps können ganz unterschiedliche Modelle einladen, dann hat man die Qual der Wahl.
Stichwort Wettermodelle Viele nationale Wetterdienste betreiben eigene Wettermodelle. Die Berechnung des Wetters ist sehr aufwändig und erfordert die schnellsten Computer der Welt, sogenannte Supercomputer. Beispiele für globale Wettermodelle sind z.B. das amerikanische Wettermodell GFS oder das deutsche ICON. Das deutsche Modell ICON-D2 ist auf Vorhersagen für Deutschland ausgelegt und hat dort seine Stärken.
Was besagt die Prozentzahl bei der Regenangabe?
Die Regenwahrscheinlichkeit gibt an, wie wahrscheinlich Niederschlag in einem speziellen Zeitraum ist. Da vergleicht man die aktuelle Wetterlage mit der Vergangenheit und schaut, wie oft es in der Vergangenheit bei dieser Wetterlage Niederschlag gegeben hat. Wichtig zu wissen: Je höher der Wert ist, desto wahrscheinlicher ist der Niederschlag. Aber was ich daraus nicht erkennen kann, ist, wie viel es regnet und wann. Da gibt es doch ein paar Details, die verborgen bleiben. Das ist die Krux der Wahrscheinlichkeit. 80 Prozent Regenwahrscheinlichkeit heißen: in vier von fünf Fällen. Es muss also nicht regnen.
80 Prozent Regenwahrscheinlichkeit heißen: in vier von fünf Fällen. Es muss also nicht regnen.
Was machen Meteorologen anders als Wetter-Apps?
Wir Meteorologen sind dafür zuständig, die verschiedenen Wettermodelle, die es gibt, anzuschauen und zu beurteilen. Es gibt heute eine unglaubliche Anzahl. Die Frage ist: Wo gibt es Gemeinsamkeiten? Wo gibt es Unterschiede? Aus den Ergebnissen entsteht die Wettervorhersage, mit der wahrscheinlichsten, weiteren Wetterentwicklung. Voraussetzung sind ordentliche Wetterdaten, die erfasst werden, möglichst global, möglichst also an jedem Ort der Erde. Aufgrund dieser Basis können die Modelle in die Zukunft rechnen.
Die Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes nutzen hauptsächlich die deutsche Modellkette ICON, weil es über Deutschland die besten Vorhersagen liefert und schnell verfügbar ist. In der Modellkette ICON gibt es drei Modelle. Man fängt immer mit einer globalen Vorhersage an, dann Vorhersagen für Europa und dann nochmal für Deutschland. Desto hochaufgelöster das Wettermodell, desto genauer und kleinteiliger das Ergebnis, aber auch desto größter der Rechenaufwand im Supercomputer. Unser Deutschlandmodell ICON-D2 lässt sich im Internet auf vielen Profi-Wetterseiten anzeigen. Man bekommt allerdings nur Vorhersagefelder und keine Punktvorhersagen.
Wie hat sich die Datengrundlage der Wettervorhersage geändert?
Die Wettervorhersage entwickelt sich immer weiter, auch aufgrund der voranschreitenden Technik. Wir haben auch mehr Möglichkeiten, Daten zu sammeln. Es muss nicht immer die normale Wetterstation sein, wir haben mittlerweile auch viele Wettersatelliten. Der DWD betreibt viele Radargeräte, die den Niederschlag deutschlandweit überwachen. Wir Meteorologen nutzen aber auch Wettermeldungen, die über unsere WarnWetterApp oder über Social Media gemeldet werden. Wenn ich meine Datengrundlage verbessere und die technische Infrastruktur in Form von diesem Supercomputer verbessere, kann ich auch immer bessere Modelle nutzen. Die haben dann die Möglichkeit, eine bessere Vorhersage hervorzubringen. Ein ganz neues spannendes Thema sind die zukünftigen Einsatzmöglichkeiten von KI, die gerade überall auf der Welt getestet werden. Übrigens: Die Vorhersagen in den Wetterapps werden schon seit über 20 Jahren mit einer einfachen KI berechnet.
MDR (cbr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 21. Mai 2024 | 20:15 Uhr