Der Redakteur | 05.04.2023 Warum sind Wettervorhersagen rund um Ostern und in Thüringen generell schwierig?
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05. April 2023, 15:12 Uhr
Gerade rund um Ostern ist es auffallend, dass das Wetter erstens eine sehr große Bandbreite hat und zweites die Wettervorhersagen für meinen Ort häufig nicht zutreffen. Tatsächlich ist das Wetter zu Ostern oft speziell. Aber umso spezieller ist es im Freistaat Thüringen. Warum das so ist, erklärt unser Redakteur Thomas Becker.
Thüringen ist etwas ganz besonderes. Das haben wir zwar schon immer geahnt, aber beim Wetter stellen wir mit unseren Besonderheiten die Meteorologen vor große Herausforderungen. Und es ist nicht nur der Thüringer Wald, der einfache Wettervorhersagen verhindert.
Wetter für Thüringen schwer zu prognostizieren
Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: Wettertechnisch ist der Landstrich in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zwischen Berlin und Küste ein relativ einfaches Spielfeld für die Vorhersage. Auch das Wetter für Sachsen-Anhalt oder Sachsen ist leichter zu prognostizieren als das für Thüringen, sagt Meteorologe Jens Oehmichen vom Deutschen Wetterdienst.
Auf dem flachen Land ist es eben oft eine Suppe für alle, wenn es dort Grau in Grau ist. Dabei ist die Vorhersagefläche in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel vielleicht sogar größer als ganz Thüringen. Doch Einheitswetter gibt es bei uns eben eher selten. Und mit "im Süden" oder "im Thüringer Wald" wird es auch nicht präziser.
Thüringen ist das schwierigste Land in Mitteldeutschland für eine Wettervorhersage.
Die großen Thüringer Wetterregionen
Eigentlich macht sich fast jede Region in Thüringen ihr eigenes Wetter. Natürlich sind die Unterschiede bei stabilen und großflächigen Wetterlagen nicht so ausgeprägt wie zum Beispiel im Frühjahr, wenn sich die Luftmassen aus den verschiedenen Himmelsrichtungen genau über uns treffen. Kalte, warme, feuchte oder trockene Luft kommt dann unterschiedlich weit und dafür sorgen auch unsere Nachbarn. Deshalb bekommen wir auch immer wieder Zuschriften unter dem Motto: Also bei mir trifft euer Wetter nie zu, aber das aus Sachsen-Anhalt schon. Kein Wunder, denn "das Thüringer Wetter" gibt es an vielen Tagen im Jahr einfach nicht.
- Das Altenburger Land entspricht vom Wetter her in etwa dem Leipziger Tieflandbereich.
- Das Thüringer Holzland und die obere Saaleregion haben eher das Wetter des Vogtlandes, geprägt von Nordwest-Anstau.
- Im Thüringer Wald und im Schiefergebirge sind Nord- und Südstau die prägenden Umstände. Außerdem laufen die Fronten im Bereich des Thüringer Waldes oft gegen ein osteuropäisches Hochdruckgebiet und bleiben dann stehen. Manchmal vor dem Kamm, manchmal dahinter, entsprechend unterschiedlich ist das Wetter oft auf beiden Seiten.
- Das Werratal ist relativ abgeschirmt von allen Niederschlägen, die von Nordwesten kommen oder von Kaltluft, die von Nordosten kommt. Allerdings ist das Werratal auch oft beeinflusst von Fronten, die von Südwesten kommen und die es manchmal nicht mehr über den Berg schaffen.
- Das Thüringer Becken ist abgeschirmt von den umgebenden Gebirgen. Dort bildet sich im Winter oft ein "Kaltluftsee", in dem sich kalte Luft lange hält.
- Das Eichsfeld ist eher von Fronten aus dem Westen beeinflusst, die auch nur bis dahin kommen.
- Der Südharz und die Goldene Aue sind sehr vom Wind abgeschirmt - vom Süden und Norden her.
- Der Artener Raum hat eher das Wetter des Mansfelder Landes, wo durch die Abschattung vom Harz nur wenig Niederschlag ankommt.
Und dann ist es auch nicht ganz egal, ob ich mich in einer Bergregion auf dem Gipfel oder im Tal befinde und in welchem Tal und zu welcher Jahreszeit. Jens Oehmichen nennt das Beispiel Oberweißbacher (Thüringer) Bergbahn. Auf den knapp 1,5 Kilometern kann sich das Wetter komplett ändern, gerade im Winter. Im Sommer hingegen bei Schäfchenwolken und blauem Himmel ist es oben nicht anders als unten.
Solche Phänomene gibt es in vielen Bergregionen, zwei Täler weiter bekommt man vom angekündigten Regenguss schon nichts mehr ab und wenn sich halb Thüringen über Sonnenschein freut, während man selbst nur graue Gardinen sieht, das löst natürlich keine Freude aus.
Wie viel Wetterbericht ist zumutbar?
MDR THÜRINGEN ist kein Wetterkanal. Wir haben verschiedene Elemente im Programm, die auch auf regionale Besonderheiten abzielen, dazu gehören unsere Wettermelder oder auch die Wettergespräche mit den Kollegen im Wetterstudio, wo wir Besonderheiten des Tages auch einmal vertiefen können.
Was aber nicht funktioniert: Stündlich oder gar halbstündlich eine ganze Liste von Orten oder Berg- und Tallagen herunterzurattern, bei denen der erste morgens zwei Stunden Regen hat, der zweite über Mittag sonnige Abschnitte, der dritte Nieselregen zur Kaffeezeit und Ort Nummer vier kommt den ganzen Tag nicht aus dem Nebel raus.
Solchen Aufzählungen kann im Radio niemand folgen. Sie schließen fünf Orte ein und 500 aus. Außerdem müsste sich für eine wirklich präzise und auf den Moment zuverlässige örtliche Vorhersage täglich jemand mit diesem Ort beschäftigen. Solche speziellen Dienste gibt es, sie sind aufwändig und werden vom DWD dort bereitgestellt, wo es nicht nur darum geht, ob ich den Schirm mitnehmen soll oder nicht. Zum Beispiel am Erfurter Flughafen.
Wenn man jahrelang für diesen einen Punkt regelmäßig Wettervorhersagen macht, hat man natürlich auch die Kenntnis, wie sich bestimmte Besonderheiten auswirken.
Nicht nur die Meteorologen, auch die Systeme lernen ständig dazu. Zum Beispiel aus dem, was die Vorhersagemodelle vorher berechnet haben und aus dem, was dann tatsächlich eingetreten ist. Künstliche Intelligenz spielt da mittlerweile auch eine große Rolle, um die Datenflut auswerten zu können. Künstliche Sprachmodule formulieren ja schon geraume Zeit die örtlichen Vorhersagen auf den Wetterportalen. Diese Prognosen dürften in den kommenden Jahren an Genauigkeit zunehmen, weil die KI eben dazulernt. Und Wettervorhersagen brauchen große Rechnerkapazitäten.
Man sagt, nach dem Militär hat der Wetterdienst die zweitgrößte Rechnerkapazität.
Was bedeutet das alles für unseren Osterspaziergang?
Wettertechnisch hatten wir schon alles zum Osterspaziergang. Schnee, Starkregen, 30 Grad. Das liegt natürlich daran, dass das Osterfest durch den März und April wandert. Aber nicht nur. Wir liegen im Frühjahr und damit ein einer Zeit großer Variabilität der Wetterlagen, wie es sie in den anderen Jahreszeiten nicht so ausgeprägt gibt. Es kommen manchmal kalte Luftmassen aus dem Norden, die für richtige Kälteeinbrüche sorgen können, was im Sommer und im Herbst nicht mehr passiert. Eher selten sind zum Beispiel stabile und trockene Hochdrucklagen im Frühjahr in der Osterzeit, erklärt Jens Oehmichen vom DWD. Die folgen erst Ende April, Anfang Mai.
Ostern gibt es daher oft noch den "Widerstreit" zwischen den kalten Luftmassen aus dem Norden und den beinahe sommerlichen aus dem Mittelmeerraum. Der berühmte Kampf zwischen Herrn Winter und Frau Sunna in Eisenach also, den Frau Sunna zwar traditionell gewinnt, aber nicht zwingend pünktlich zum Osterspaziergang.
Jens Oehmichen prognostiziert (Stand Mittwoch, 4. April, 12 Uhr) wechselhaftes Wetter am Ostersonntag, Schauer sind nicht ausgeschlossen, sonnige Abschnitte aber auch nicht. Die Temperaturen klettern leicht in den zweistelligen Bereich und aus nördlicher Richtung könnte ein kühles Lüftchen wehen. Aber: Frau Sunna ist recht kräftig, weil schon relativ hochstehend. Also ein kleines warmes Sonnenbad an einer windgeschützten Stelle sollte am Ostersonntag möglich sein.
MDR (ask)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 05. April 2023 | 16:40 Uhr
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