Haltbarkeit Autoteile mit Verfallsdatum: Das sollten Sie wissen

14. Juli 2023, 11:48 Uhr

Was hält eigentlich wie lange beim Auto? Wie lange hält die Kupplung durch? Und wann müssen Zahnriemen oder Steuerkette gewechselt werden? Es gibt für viele Teile am Auto vorgeschriebene Wechselintervalle, die man kennen sollte. Andernfalls man einen Motorschaden. Autoexperte Andreas Keßler klärt auf.

Andreas Keßler
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

So ein Auto ist ein teurer Spaß

Das Auto ist die zweitteuerste Investition (nach einer Immobilie) im Leben eines Menschen! Natürlich möchte man von dieser Investition möglichst viel haben. Deshalb soll das Auto lange – am liebsten ewig – halten und nicht kaputt gehen.

Soweit die Theorie. In der Praxis mischt aber die Tribologie (die Lehre vom Verschleiß), die Wirtschaft sowie (last, but not least) die Politik mit. Autos altern nämlich nicht nur durch Abnutzung, sondern auch durch zu exakte Auslegung von Bauteilen, unterlassene Wartung und zunehmend öfter durch "politischen Verschleiß".

Die Nägel für den Sarg eines Autos

  • Der Konstrukteur eines Autos arbeitet nach einem Lastenheft. Darin steht auch die Lebensdauer in km, bis zu der an den Hauptkomponenten aus Garantiegründen kein Ausfall auftreten darf. Nach dieser Grenze (in der Regel 100.000 Meilen/160.000 km) geht es dann los, mit den Reparaturen.
  • Der Hersteller eines Autos macht Wartungsvorgaben, die nicht nur als Garantievoraussetzung dienen, sondern den "Verschleißvorrat" des Autos für ein langes Leben wieder auffüllen. Wer sich nicht daran hält, muss mit Ausfällen und Defekten rechnen.
  • Grundsätzlich lässt sich jedes Auto "ewig" reparieren, also betriebsbereit halten. Leider übersteigen die Reparaturkosten irgendwann den Zeitwert und machen den Weiterbetrieb dann unwirtschaftlich.
  • Wenn der Hersteller eines Autos aus dem Markt geht oder die Versorgung mit Ersatzteilen einstellt, wird der Erhalt eines durchschnittlichen Autos schwierig bis unmöglich. Nur teure Liebhaberfahrzeuge können mit Einzelanfertigungen am Leben erhalten werden, weil ihr Wert oft höher als die Reparaturkosten ist.
  • Die zunehmende elektronische Aufrüstung von Autos stellt sich bei älter werdenden Fahrzeugen inzwischen als limitierender Faktor heraus: Ersatzteile für Elektronikkomponenten sind entweder nicht mehr lieferbar oder auch als Neuteil defekt! Hinzu kommt die Alterung der Technologie, deren Aufbau nach einer gewissen Zeit nicht mehr in den Wartungsunterlagen erscheint und schließlich in Vergessenheit gerät.

Das beste Auto nützt nichts, wenn ...

... es nicht in die politische Landschaft passt! Zwischen 1985 und 1995 wurden wahrscheinlich die qualitativ besten Autos der Geschichte gebaut, die sich noch mit einem überschaubaren Aufwand warten und reparieren ließen. Diese Autogeneration war dem "Auto für die Ewigkeit" sehr nahe, vielleicht zu nahe!

Autos, die sehr hohe Laufleistungen erreichen, sind der Industrie letztlich ein Dorn im Auge, weil sie den Abverkauf von neu hergestellten Fahrzeugen behindern. Deshalb altern Autos nicht nur technisch, sondern auch politisch.

In der Vergangenheit wurden stets die Verkehrssicherheit und der Umweltschutz als Grund für eine Bestandsbereinigung genannt. Gut in Erinnerung ist die Abwrackprämie, die offiziell eine "Umweltprämie" war. 2009 wurden hunderttausende von sehr gut fahrenden Autos aus dem Verkehr gezogen, um für umweltfreundliche, neue Autos Platz zu machen. Diese, inzwischen über 10 Jahre alt, sind die "Stinker" von heute. Wer Bilder der Halden der seinerzeit verschrotteten Autos betrachtet, kommt sehr schnell ins Grübeln. Was damals gut funktionierte, wird aktuell mit den staatlichen Zuschüssen beim Kauf von Elektroautos wiederholt. Es geht um den Umweltschutz, die nächste Runde dürfte dann wieder der Sicherheit (autonomes Fahren?) gehören.

Die Inspektion

Wer ein Auto fährt, nutzt es ab. Und Abnutzung ist Verschleiß, der die Nutzung des Autos gefährlich machen kann. Deshalb gibt es fast überall auf der Welt vorgeschriebene "Inspektionsintervalle" für Kraftfahrzeuge, um den "Verschleißvorrat" auf einem hohen und damit sicheren Niveau zu halten.

In Deutschland teilen sich Staat und Hersteller diesen Kuchen: Der eine schreibt alle 2 Jahre eine "Hauptuntersuchung" vor, der andere bittet regelmäßig zur "Inspektion", um den guten Zustand des Autos zu erhalten. Soweit die Theorie!

Bei der HU (=Hauptuntersuchung) wird tatsächlich nur inspiziert, also begutachtet, ob das Fahrzeug noch sicher ist. Repariert wird dort nicht. Ähnlich geht es auch bei einer Inspektion in der Werkstatt zu, die durchaus vor einer HU liegen kann, um selbige zu überstehen. In der Werkstatt kann und wird aber repariert werden, wenn die Inspektion Mängel ergibt. Die deutsche Vorschriftenlage ist jahrzehntelang bewährt, Unfälle aufgrund von technischen Mängeln sind sehr selten.

Wie ist die Lage?

  • Die Hauptuntersuchung ist eine staatliche Vorschrift und muss regelmäßig absolviert werden. Ohne gültige Prüfplakette darf ein Auto nicht am Verkehr teilnehmen.
  • Die Inspektionsintervallvorgaben der Hersteller sind eigentlich "Kann-Vorgaben". Niemand muss mit seinem Auto zur Inspektion. Macht er das nicht, verliert er aber seinen Garantie- und ggf. auch seinen Gewährleistungsanspruch. Es gibt also keine Garantieleistung des Herstellers, wenn die Inspektionsintervalle nicht genau eingehalten werden.
  • Auch bei älteren Autos, deren Garantie- und Gewährleistungszeit längst abgelaufen ist, sind regelmäßige Inspektionen empfehlenswert. Gerade die "Dauerläufer" sind eben nicht mehr so fit wie einst im Mai, können aber in der Regel mit regelmäßigen kleinen Instandhaltungen erfreulich hohe Laufzeiten erreichen.
  • Wer seine Inspektionen regelmäßig und mit Augenmaß (z.B. in einer freien Werkstatt auf dem Lande) vornehmen lässt, spart unter dem Strich Geld! Er vermeidet teure Schäden und kann sein Auto länger nutzen.
  • Alt-Autofahrer können HU und Inspektion alternierend nutzen: Im Jahr der HU ist der Prüfer derjenige, der den Zustand beurteilt, in dem Jahr danach der Meister der Stammwerkstatt. Der repariert dann in beiden Fällen das wirklich nötige, auch das, was der HU-Prüfer bemängelt hat. Aber vielleicht ist ja auch alles in Ordnung.

Ein Auto ist auch bloß ein Mensch ...

... und hat darum im Alter das eine oder andere Wehwehchen, welches seinen Gebrauchswert kaum oder gar nicht beeinflusst. Man spricht dabei von "Schönheitsfehlern", die bei einem 9 Monate alten Leasingfahrzeug sofort repariert werden würden, bei einem 15 Jahre alten Gebrauchtwagen aber keine Rolle spielen.

Man muss aber zwischen solchen "Kleinigkeiten" und sicherheitsrelevanten Mängeln unterscheiden: Erstere kosten in der Werkstatt genau so viel Geld bei einer Reparatur wie letztere, bringen aber nach der Bezahlung kaum einen Nutzen. Die Kunst ist die Unterscheidung dieser beiden Kategorien, wobei eine gute (!) Werkstatt gerne hilft.

Wenn in der Anfangsphase solcher Überlegungen noch Unsicherheit herrscht, ob die Werkstatt gut berät, können zunächst die Gutachterorganisationen einspringen: Die Sachverständigen von TÜV, DEKRA, KÜS etc. können sehr wohl Defekte diagnostizieren ohne dabei aber den Umsatzvorgaben einer Werkstatt(kette) genügen zu müssen. Mit einer solchen Diagnose in der Tasche verhandelt es sich mit der reparierenden Werkstatt plötzlich viel besser (und die Spreu trennt sich vom Weizen dabei ganz von selbst!).

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 02. Dezember 2020 | 17:10 Uhr

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