US-Präsidentschaftswahl Nach Trump-Sieg: Rufe nach mehr deutscher Hilfe für Ukraine
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06. November 2024, 14:12 Uhr
Donald Trump hat das Comeback ins Weiße Haus geschafft. Deutsche Politiker mahnen Europa zur Einigkeit. Doch die Sorgen wachsen, wie es mit der Ukraine-Hilfe weitergeht. Der Druck auf Deutschland steigt. International bieten alle Trump Zusammenarbeit an.
Reaktionen in Deutschland auf den Wahlsieg von Donald Trump
Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Kurznachrichtendienst X Donald Trump zur Wahl zum US-Präsidenten gratuliert: "Gemeinsam arbeiten Deutschland und die USA seit langem erfolgreich zusammen, um Wohlstand und Freiheit auf beiden Seiten des Atlantiks zu fördern. Das werden wir zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger fortsetzen."
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock gratulierte Donald Trump. Die Bundesregierung stehe zum engen transatlantischen Verhältnis unabhängig von Parteien, sagte Baerbock nach ihrer Rückkehr von einer Ukraine-Reise. Für politische Differenzen sei Dialog wichtig. Baerbock sprach sich für weitere Ukraine-Hilfen aus. Die Ukraine verteidige "mehr denn je unsere gemeinsame Freiheit".
FDP-Chef Christian Lindner sagte in Berlin: "Dem neuen Präsidenten Donald Trump wünsche ich Fortune und Weisheit." Europa sollte ihm die Hand ausstrecken. Lindner forderte "Respekt" für die Wahlentscheidung der Menschen in den USA.
SPD-Chef Lars Klingbeil erwartet durch Trumps Sieg gravierende Auswirkungen auf den Rest der Welt. Er sagte im Deutschlandfunk: "Deutschland muss jetzt mehr Verantwortung übernehmen in Europa und auch in der Welt". Das gelte etwa für die Ukraine - und "wir müssen das tun als Deutschland".
Nach Meinung von Grünen-Chef Omid Nouripour muss die EU nach einem Trump-Wahlsieg die Ukraine stärker unterstützen. Dabei müsse man realistisch bleiben, den US-Beitrag könne man nicht komplett übernehmen. Aber wenn Russland gewinne, werde es keinen Frieden geben.
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Nils Schmidt, sagte dem MDR, die Europäer müssten jetzt zusammenstehen. So könne man eine Trump-Regierung etwa in der Handelspolitik zu Deals zwingen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich erwartet "weniger Berechenbarkeit" der US-Politik. Europa müsse "versuchen, stärker zu werden, widerstandskräftiger in viele Richtungen".
Für Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) ist Trumps Wahlsieg ein Grund mehr, die Schuldenbremse in Deutschland auszusetzen. Der Machtwechsel in Washington bedeute, dass Deutschland mehr Unterstützung für die Ukraine leisten müsse. Göring-Eckardt sagte der Funke-Mediengruppe. "Die Ausrufung einer finanziellen außerordentlichen Notlage aus diesem Grund ist dann evident."
Der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter warf Bundeskanzler Scholz eine einseitige Parteinahme für die US-Demokraten vor. Scholz habe Kontakte zum Trump-Lager nicht genutzt. Das werde sich rächen. Die Ampel-Koalition könne "so nicht weitermachen". Auch CSU-Chef Markus Söder sieht die Bundesregierung geschwächt und forderte Neuwahlen.
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, bei MDR AKTUELL zu möglichen Folgen von Trumps Wahlsieg für Deutschland und die EU:
Jubel bei der AfD über den Wahlsieg von Donald Trump. AfD-Chefin Alice Weidel sagte im Deutschlandfunk, "diese Wahl könnte ein Vorbild auch für Deutschland sein". Sie sprach von einem klaren Statement "gegen Massenmigration, Kriminalität und wirtschaftlichen Niedergang, gegen fehlgeleitete Klima-Ideologie, fehlgeleitete Gender-Ideologie und die Kriegspolitik".
BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht forderte nach dem Wahlsieg von Donald Trump eine Abkehr vom bisherigen transatlantischen Bündnis. Die USA würden jetzt vier Jahre von einem Präsidenten regiert, der rücksichtslos eigene Interessen verfolge, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dazu gehörten "weitere Aufrüstung und Wirtschaftskriege". Antwort könne nur eine eigenständige deutsche und europäische Politik sein.
Der CDU-Außenpolitiker in Brüssel, David McAllister, sagte dem MDR, die europäische Partnerschaft mit den USA garantiere Sicherheit und Freiheit in Europa. Doch auch die USA profitierten von Stabilität. Je einheitlicher man auftrete, desto erfolgreicher sei man.
Der FDP-Außenpolitiker Marcus Faber und auch der Linken-Politiker Gregor Gysi appellierten bei MDR AKTUELL, Deutschland und Europa müssten jetzt endlich eigenständiger in Verteidigungsfragen werden.
Reaktionen in Europa und international auf den Machtwechsel in Washington
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beglückwünschte Donald Trump und rief zur Zusammenarbeit auf. Sie schrieb im Kurznachrichtendienst X: "Die EU und die USA sind mehr als nur Verbündete" – eine Partnerschaft mit mehr als 800 Millionen Menschen. "Lassen Sie uns also gemeinsam an einer starken transatlantischen Agenda arbeiten.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron gratulierte Donald Trump zum Wahlerfolg und schrieb auf X: "Ich bin bereit, zusammenzuarbeiten, wie wir es vier Jahre lang getan haben. Mit Ihren Überzeugungen und mit meinen. Mit Respekt und Ehrgeiz. Für mehr Frieden und Wohlstand."
Nato-Generalsekretär Mark Rutte gratulierte Trump auf X noch vor Bekanntgabe des Ergebnisses: "Seine Führungskraft wird erneut der Schlüssel zum Erhalt der Stärke unseres Bündnisses sein."
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gratulierte Trump zu einem "beeindruckenden Wahlsieg". Zugleich äußerte er in Online-Netzwerken die Hoffnung, dass Trump der Ukraine helfen werde, zu einem "gerechten Frieden" zu kommen.
Die russische Regierung hielt sich zurück. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, er wisse nichts von Glückwünschen durch Präsident Wladimir Putin. Peskow betonte, die USA seien weiter "ein feindliches Land, das direkt und indirekt an einem Krieg gegen unseren Staat beteiligt ist". Das russische Außenministerium erklärte in Moskau, der Kreml halte an "allen bekannten Zielen" in der Ukraine fest.
Dagegen bezeichnete der enge Putin-Verbündete Dmitri Medwedew Trumps Erfolg als Rückschlag für die Ukraine und gut für Russland: Er schrieb auf Telegram: "Trump hat eine für uns nützliche Eigenschaft: Er ist durch und durch Geschäftsmann und es ist ihm zutiefst verhasst, sein Geld für diverse Gefolge und dumme Mitläufer-Verbündete, für schlechte Wohltätigkeitsprojekte (...) und Organisationen auszugeben."
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schrieb von einem "riesigen Sieg". Trumps "historische Rückkehr ins Weiße Haus" bedeute "einen Neuanfang für Amerika und eine mächtige erneute Verpflichtung gegenüber dem großen Bündnis zwischen Israel und Amerika".
China äußerte die Hoffnung auf eine "friedliche Koexistenz": "Wir werden die Beziehungen zwischen China und den USA weiterhin auf der Grundlage des gegenseitigen Respekts, der friedlichen Koexistenz und der Zusammenarbeit zum Vorteil beider Seiten handhaben", sagte Außenamtssprecherin Mao Ning.
Der indische Premier Narendra Modi gratulierte seinem "Freund" Trump zum "historischen Wahlsieg". Der Regierungschef des bevölkerungsreichsten Landes der Erde schrieb auf der Plattform X, er freue darauf, "unsere Zusammenarbeit zu erneuern".
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 06. November 2024 | 10:00 Uhr