Kurzreise nach Peking China fordert bei Scholz-Besuch Ende des Krieges in der Ukraine
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04. November 2022, 21:43 Uhr
Chinas Premierminister Li Keqiang hat sich nach einem Treffen mit Kanzler Scholz in ungewohnt klaren Worten zum Krieg in der Ukraine geäußert. Neben politischen Gesprächen ging es auch um Wirtschaftsbeziehungen. Über die Reise des Kanzlers und das Verhältnis zu China war in Deutschland teils heftig gestritten worden.
- In ungewohnt deutlichen Worten kommentierte Chinas Premierminister Li Keqiang den Krieg in der Ukraine.
- Scholz warnte nach einem Treffen mit Xi Jinping vor einer chinesischen Eroberung von Taiwan.
- Der Besuch ist zugleich eine Demonstration von Chinas Null-Covid-Politik.
Deutschland und China fordern ein Ende des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Das sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Gesprächen mit der Führung in Peking. Er habe dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping gesagt, es sei wichtig, "dass China seinen Einfluss auf Russland geltend macht".
Chinesischer Ministerpräsident: Können uns weitere Eskalation nicht leisten
Der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang distanzierte sich bei einer Pressekonferenz mit Scholz ungewohnt klar von dem Krieg: "Wir können uns keine weitere Eskalation mehr leisten", sagte er. Es sei an der Zeit, "beide Seiten zu Friedensgesprächen zu bewegen". China hoffe auf ein "baldiges Ende" des Kriegs und wolle nicht, "dass internationale Produktions- und Lieferketten destabilisiert werden".
Peking hatte es bisher vermieden, Russland für den Ukraine-Krieg offen zu kritisieren. China pflegt enge Kontakte zu Moskau, der Handel hat deutlich zugenommen. So kauft China etwa russisches Öl, das der Westen nicht mehr abnimmt. Peking gab dem russischen Präsidenten Wladimir Putin meist Rückendeckung und schob den USA und der Nato die Hauptverantwortung für den Konflikt zu. Bisherige Stellungnahmen aus China unterstrichen meist nur allgemein staatliche Souveränität und territoriale Integrität.
Xi Jinping warnt vor Atomwaffen-Einsatz
Staats- und Parteichef Xi Jinping warnte nach einem Treffen mit Scholz vor dem Einsatz von Atomwaffen oder der Drohung damit. Nach Angaben des deutschen Außenministeriums sagte Xi, die internationale Gemeinschaft solle dafür eintreten, "dass Atomwaffen nicht eingesetzt werden können und nukleare Kriege nicht gekämpft werden dürfen". Eine nukleare Krise müsse vermieden werden.
Alle müssten vernünftig sein, Zurückhaltung üben und Bedingungen für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen schaffen, so Xi weiter. China unterstütze Deutschland und Europa, Gespräche über Frieden zu ermöglichen und eine nachhaltige Sicherheitsarchitektur in Europa. Eine direkte Kritik an Russland vermied der chinesische Staats- und Parteichef selbst aber weiter.
Scholz warnt vor Eroberung von Taiwan
Scholz warnte wiederum China vor einem militärischen Eingreifen in Taiwan. Nach Gesprächen mit Xi Jinping und Li Keqiang bekräftigte er in Peking, dass Deutschland zur "Ein-China-Politik" stehe. Das bedeute aber auch, dass alle Veränderungen "nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen" erfolgen dürften.
Das sei "keine Einmischung in innere Angelegenheiten", sagte der Kanzler. Menschenrechte seien "universell", was von allen Mitglieder der Vereinten Nationen anerkannt werde. Er habe in seinen Gesprächen an Wahrung und Umsetzung der Menschenrechte erinnert, ausdrücklich wegen der Region Xinjiang an, wo laut UNO muslimische Minderheiten verfolgt werden. Chinas Regierungschef hatte zuvor auf kulturelle Unterschiede und unterschiedliche Auffassungen verwiesen, die sich nicht vermeiden ließen.
Politische und wirtschaftliche Agenda
Begleitet wurde Scholz von zwölf Top-Managern deutscher Konzerne wie Volkswagen, Deutsche Bank, BASF, BMW und Siemens. Staats- und Parteichef Xi Jinping sagte, China wolle die Zusammenarbeit mit Deutschland ausbauen, gegenseitigen Respekt und die Suche nach Gemeinsamkeiten, den Austausch, das voneinander Lernen und die Kooperation zu beidseitigem Nutzen.
Scholz mahnte dabei auch Fairness in den Handelsbeziehungen an. Deutschland und China hätten gemeinsames Interesse daran, "dass die Vorteile durch die Globalisierung und das wirtschaftliche Wachstum, das dadurch möglich ist, nicht verloren gehen". Vor seinem Treffen mit Ministerpräsident Li Keqiang sagte er, wichtig seien für Deutschland seien "wirtschaftliche Beziehungen auf Augenhöhe", dass "Investitionszugänge gleichermaßen gewährleistet sein müssen und dass keine Abhängigkeiten entstehen, die dazu beitragen, dass man nicht frei handeln kann".
Westliche Unternehmen klagen seit langem schon über erschwerte Marktzugänge in China. Weiteres wichtiges Streit-Thema ist nach wie vor der Schutz geistigen Eigentums.
Demonstration der Null-Covid-Politik
Beim Empfang am Flughafen von Peking hatten Menschen in weißen Schutzanzügen den roten Teppich vor der deutschen Regierungsmaschine ausgerollt. Scholz musste für die Einreise in China noch einen dritten PCR-Test machen, nach zwei zuvor im Abstand von 24 Stunden vor der Abreise. Die Probe in Peking nahm ein mitgereister Arzt unter chinesischer Aufsicht.
Scholz und seine Mitarbeiter sowie Unternehmer und Journalisten, zusammen mehr als 60 Leute, waren bei ihrem nur elfstündigen Aufenthalt streng abgeschottet. Wer die "Blase" betrat, muss zehn Tage in Quarantäne. Die Regierungsmaschine parkte 1.000 Kilometer entfernt in Südkorea, um Probleme für die Crew zu vermeiden.
Während andere Länder jetzt versuchen, mit dem Coronavirus zu leben, bleibt China bei einer harten Null-Covid-Strategie mit Lockdowns, alltäglichen Massentests, strenger Kontrolle, Kontaktverfolgung und Zwangsquarantäne. Trotzdem hat die Zahl der Neuinfektionen zuletzt wieder stark zugenommen. Nach Schätzungen sind Millionen Menschen im Lockdown, die für rund ein Zehntel der Wirtschaftsleistung verantwortlich sind.
Der Bewegungsradius in Peking war für Scholz auch darum eng begrenzt. Er konnte nur zwischen dem Staatsgästehaus und der "Großen Halle des Volkes" pendeln. Treffen außerhalb etwa mit Oppositionellen waren nicht möglich.
dpa/Reuters/AFP (ksc, jan)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. November 2022 | 06:00 Uhr
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