Hundertausende demonstrieren Schwere Gewalt bei Protesten gegen Rentenreform in Frankreich

24. März 2023, 16:19 Uhr

In Frankreich halten die Proteste gegen die Rentenreform an. Am Donnerstag und in der Nacht zu Freitag kam es zu schweren Ausschreitungen in mehreren Städten. Landesweit sind allein über 400 Polizisten verletzt worden.

In Frankreich ist es bei Protesten gegen die Rentenreform zu schweren Ausschreitungen in Paris und anderen Städten gekommen. Mehr als 400 Polizisten wurden nach offiziellen Angaben am Donnerstag während eines landesweiten Aktionstages verletzt. Insgesamt seien über 450 Menschen festgenommen worden, sagte Innenminister Gérald Darmanin am Freitag.

Mehr als eine Million Menschen gingen nach Angaben des Innenministeriums gegen die Pläne der Regierung auf die Straße. Die Gewerkschaften sprachen sogar von 3,5 Millionen Teilnehmern. 

In Paris feuerte die Polizei Tränengas ab und setzte Schlagstöcke gegen die Menge ein. Die Gewalt brach an der Spitze einer mehrheitlich friedlich verlaufenden Demonstration aus, Randalierer schlugen Scheiben ein und zerstörten Straßenmöbel. Einige Demonstranten setzten Müllberge in Brand, die aufgrund des Streiks nicht abgeholt worden waren.

Anschlag auf Rathaus in Bordeaux

Über Nacht lieferten sich Gruppen von Demonstrierenden mit der Polizei ein Katz- und Maus-Spiel. In Bordeaux wurde das Tor des Rathauses in Brand gesteckt. Es falle ihm schwer, "diese Art von Vandalismus zu verstehen und zu akzeptieren", sagte der Bürgermeister der Stadt, Pierre Hurmic, am Freitag dem Radiosender RTL.

Auch in anderen Städten kam es zu Gewaltakten. Im westfranzösischen Lorient wurde das Polizeikommissariat zum Ziel der Wut der Demonstrierenden – vor allem von vermummten Jugendlichen. Im nordfranzösischen Lille und in Toulouse im Südwesten ging die Polizei mit Wasserwerfern gegen Protestierende vor. Die Bürgermeisterin des westfranzöischen Rennes sprach von "Szenen des Chaos" in der Stadt.

Regierung spricht von "Radikalisierung Linksextremer"

Alleine in Paris seien 903 Feuer entzündet worden, sagte Innenminister Darmanin am Freitag. Es gebe eine "Radikalisierung" seitens "Linksextremer", die "die Republik angreifen" wollten, sagte Darmanin, der innerhalb der von Ministerpräsidentin Elisabeth Borne angeführten Regierung als Rechtsaußen gilt.

Wir gehen weiter voran.

Emmanuel Macron Französischer Präsident

Präsident Emmanuel Macron signalisierte den Gewerkschaften am Freitag seine Bereitschaft, über Themen wie Arbeitsbedingungen oder die Vergütung in bestimmten Branchen zu sprechen. "Für den Rest und die Rentenreform" sagte er, dass nun die Entscheidung des Verfassungsrats zur Reform abgewartet werde. Der Verfassungsrat ist ein Gericht, das die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen überwacht. Das Land aber dürfe "nicht stehenbleiben", mahnte Macron. "Wir gehen weiter voran."

Staatsbesuch von Charles III. abgesagt

Aufgrund der anhaltenden und weiter neu angekündigten Proteste wurden die ab Sonntag geplante, dreitägige Visite des britischen Monarchen Charles III. vorerst abgesagt. Der Besuch solle nachgeholt werden, "unter Bedingungen, die unserer Freundschaft entsprechen", erklärte der Elysée am Freitag. Macron sprach davon, einen möglichen neuen Besuchstermin im "frühen Sommer" vorgeschlagen zu haben. Charles' Besuch in Deutschland findet gleichwohl statt.

Macrons Regierung hatte zur Durchsetzung der Reform auf einen Verfassungsparagrafen zurückgegriffen. Demnach kann ein Gesetz ohne Schlussabstimmung im Parlament verabschiedet werden, wenn die Regierung ein anschließendes Misstrauensvotum übersteht. Am Montag war die Regierung knapp ihrem Sturz entgangen.

Rentenreform soll Loch in den Kassen stopfen

Die Reform sieht etwa die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre vor. Mit ihr soll ein drohendes Loch in der Rentenkasse abgewendet werden. Tatsächlich beginnt der Ruhestand in Franreich im Schnitt schon heute später als mit 62 Jahren. Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag – das will die Regierung beibehalten.

Der Chef der Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, forderte am Freitag eine sechsmonatige Pause für die Einführung der Reform. "Alle sind beunruhigt an diesem Morgen, weil es Gewalt gegeben hat, die inakzeptabel ist", sagte er dem Radiosender RTL. Die Situation müsse nun beruhigt werden, "bevor es eine Tragödie gibt".

dpa/AFP (ala)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. März 2023 | 09:30 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/dc651537-8073-47ab-a367-94422c3244d1 was not found on this server.

Mehr aus Politik

Menschen stehen um einen Krankenwagen 1 min
Bildrechte: mdr
1 min 18.03.2025 | 10:00 Uhr

Israel hat nach fast zweimonatiger Waffenruhe wieder angefangen, Stellungen der Terror-Organisation Hamas im Gazastreifen anzugreifen. Dabei wurden nach palästinensischen Angaben mindestens 200 Menschen getötet.

MDR FERNSEHEN Di 18.03.2025 08:29Uhr 00:25 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/video-angriffe-israel-gazastreifen-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Stethoskop leigt auf tschechischen Geldscheinen. mit Video
Viele Ärzte in Tschechien bitten ihre Patienten zusätzlich zur Kasse, obwohl die Krankenversicherung die Leistungen eigentlich schon bezahlt hat. Nun will die Regierung gegen diese teils illegalen Arztgebühren vorgehen. Bildrechte: IMAGO/Zoonar

Mehr aus der Welt

Jemeniten reinigen Trümmer vor ihren Geschäften nach einem US-Luftangriff. 4 min
Bildrechte: picture alliance/dpa/AP | Osamah Abdulrahman

Nachrichten

Wladimir Putin (l), Präsident von Russland, und Donald Trump, Präsident der USA, geben sich während des G20-Gipfels die Hand.
Wladimir Putin (l), Präsident von Russland, und Donald Trump, Präsident der USA, geben sich während des G20-Gipfels die Hand.  Bildrechte: picture alliance/dpa/AP | Susan Walsh
Zwei US-Astronauten mit ihren Kollegen auf der ISS 1 min
Bildrechte: mdr
1 min 18.03.2025 | 10:01 Uhr

Statt einer Woche verbrachten sie mehr als neun Monate im All: Die ISS-Astronauten Williams und Wilmore sind nun wieder auf dem Rückweg zur Erde. Heute Abend sollen sie im US-Bundesstaat Florida ankommen.

MDR FERNSEHEN Di 18.03.2025 08:33Uhr 00:22 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/panorama/video-iss-rueckkehr-us-astronauten100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Nachrichten

Dieses illustrative Bild zeigt den russischen Präsidenten Wladimir Putin (links) und den US-Präsidenten Donald Trump (rechts). 4 min
Bildrechte: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Artem Priakhin

Nachrichten

Das Tiefsee-Schwerlast-Bergbaufahrzeug «Pioneer II» bei einer Probefahrt auf See. 5 min
Bildrechte: picture alliance/dpa/Shanghai Jiao Tong University/XinHua | ---
5 min 17.03.2025 | 17:50 Uhr

Auf Jamaika beginnt eine Konferenz der Internationalen Meeresbodenbehörde. Ein Thema wird der Tiefseebergbau sein. Daniela Schaper von Greenpeace warnt vor den Folgen, die ein möglicher Abbau von Mangan hätte.

MDR AKTUELL Mo 17.03.2025 16:17Uhr 04:44 min

Audio herunterladen [MP3 | 4,3 MB | 128 kbit/s] Audio herunterladen [MP4 | 6,6 MB | AAC | 187,5 kbit/s] https://www.mdr.de/nachrichten/podcast/interview/audio-tiefseebergbau-mangan-greenpeace-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio