Sanktionen Welche Folgen könnte ein Swift-Ausschluss für Russland haben?
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27. Februar 2022, 14:03 Uhr
Die USA, die Ukraine und weitere Ländern fordern einen Ausschluss Russlands aus dem Swift-Zahlungssystem. Bislang sind Deutschland und weitere EU-Länder dagegen. Worum geht es in der Debatte und warum ist diese Sanktion so umstritten?
Swift verbindet: Banken, Unternehmen und Länder. Das System gilt als die wichtigste Institution im weltweiten Zahlungsverkehr – es stellt dafür die Infrastruktur. Die Firma hat ihren Sitz in Brüssel und unterliegt dem europäischen Recht. Belgien oder die EU könnten das Unternehmen also anweisen, Russland und russische Firmen aus den Diensten auszuschließen. Bislang ist das noch nicht geschehen.
Angesichts der fortschreitenden Eskalation in der Ukraine werden die Forderungen jedoch lauter diese Maßnahme zu ergreifen. Sie gilt als eine der härtesten wirtschaftlichen Waffen gegen Russland. Andererseits würde es auch viele europäische Banken und Firmen treffen.
Was ist Swift?
Das System der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (Swift) wird von mehr als 11.000 Banken und Finanzinstitutionen in über 200 Ländern genutzt und ist sehr wichtig für den globalen Geldfluss. Bei Swift handelt es sich um eine Genossenschaft nach belgischem Recht mit Sitz in La Hulpe (Belgien), die sich vollständig in Besitz seiner Mitglieder – Banken und andere Finanzinstitutionen – befindet.
Das Swift-System übermittelt allerdings lediglich die Nachrichten und stellt dafür die technische Infrastruktur zur Verfügung – Geld selbst wird nicht überwiesen. Der Swift-Code steht in Deutschland auf jedem Kontoauszug sowie auf den Webseiten der Banken oder Sparkassen im Impressum. Mithilfe dieser Codes sendet das Swift-Netzwerk Überweisungsaufträge zwischen Konten von Institutionen. Darüber laufen auch IBAN (International Bank Account Number) sowie der BIC (Bank Identifier Code).
Aufgrund seiner wichtigen Rolle im Finanzsystem und der schwerwiegenden Folgen, die ein Ausfall der weltweiten Kommunikationskanäle zwischen den Finanzmarktakteuren haben könnte, unterliegt Swift der Aufsicht durch die Zentralbanken der G10-Länder und der Europäischen Zentralbank.
Welche Folgen haben Swift-Sanktionen für Russland – und Europa?
Sollten also russische Banken von Swift ausgeschlossen werden, käme erst einmal kaum Geld nach Russland rein oder aus dem Land raus. Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) – der Zentralbank der Notenbanken – halten europäische Geldhäuser den Löwenanteil des Auslandsengagements mit Russland. Dieses wird auf insgesamt fast 30 Milliarden Dollar taxiert.
Immer wieder ist bei einem Ausschluss aus Swift von einer "wirtschaftlichen Atombombe" die Rede. Russische Banken könnten wohl viele Geschäfte mit dem Ausland nicht mehr tätigen. Dies beträfe nicht nur den Handel mit EU-Ländern, sondern es würde auch Länder betreffen, die selbst gar keine Sanktionen erlassen haben – wie etwa mit China. Dazu würden wohl auch Warenströme gebremst werden, weil Firmen nicht mehr in der Lage wären, Importe zu bezahlen oder Einnahmen für Exporte zu verbuchen.
Bedeutet ein Swift-Ausschluss das Ende der Gaslieferungen nach Deutschland?
Das könnte etwa bei Öl und Gas gravierende Folgen haben – für Russland, die EU und Deutschland. So hat etwa Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Donnerstagabend in der ARD-Sendung "Maischberger" gewarnt, dass dies ein mögliches Ende russischer Gaslieferungen nach Deutschland bedeuten könne. Bei einer Aussetzung von Swift bestehe "eine hohe Gefahr", dass "Deutschland nicht mehr mit Gas, nicht mehr mit Rohstoffen versorgt wird".
Finanzminister Lindner bezweifelt zudem, dass ein Ausschluss von Swift Russland wirklich hart treffen werde. "Ich fürchte, dass Herr Putin längst eine Alternative zu diesem Swift-System aufgebaut hat", sagte er. Die Regierung in Moskau hatte nach den ersten Sanktionen im Zuge der Krim-Annexion im Jahr 2014 reagiert und ein äquivalentes Transaktionssystem namens SPFS geschaffen, auf das Banken im Notfall ausweichen können.
Swift-Sanktionen: Warum reagiert Deutschland zurückhaltend?
Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstagabend zur möglichen Swift-Sanktion gefragt wurde, hatte sich dieser gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zurückhaltend geäußert. Es sei nötig bestimmte Strafmaßnahmen für den Fall zurückzuhalten, dass die Lage noch weiter eskaliere. In Berliner Regierungskreisen hieß es am Donnerstag, man müsse genau prüfen, wie groß der mögliche Schaden sei, der einem selbst entstehe.
Gegen diesen weitreichenden Schritt soll es in einigen EU-Staaten nach Agenturmeldungen nicht nur aus Deutschland Einwände geben, sondern auch aus Italien oder auch Frankreich. Große Fürsprecher der Maßnahme waren vor dem EU-Gipfel am Donnerstag der britische Premierminister Boris Johnson, ebenso wie die Staatschefs von Estland, Lettland, Litauen und Slowenien.
MDR, dpa (mpö)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 25. Februar 2022 | 10:30 Uhr