Präsidentschaftswahlen Kaczyńskis Deal: Polen verschiebt umstrittene Wahlen
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07. Mai 2020, 20:00 Uhr
Nach massiven Protesten wird die für Sonntag geplante Präsidentschaftswahl in Polen verschoben. Die PiS hatte die Wahl trotz der Corona-Pandemie bisher unbedingt am 10. Mai abhalten wollen. Das Parlament stimmte zudem heute über eine Änderung des Wahlrechts ab.
Eigentlich hätten die Polen am Sonntag ihren neuen Präsidenten wählen sollen. Doch die Wahl wurde nun vier Tage vor dem Termin abgesagt. Das gaben die die Vorsitzenden der Koalitionspartner, Jarosław Kaczyński (PiS) und Jarosław Gowin (Porozumienie), gestern Abend bekannt.
Deal zwischen Kaczysńki und Gowin
Die polnische Regierung hätte den Tag so kurzfristig laut Verfassung nicht verschieben können. PiS-Chef Kaczyński und sein Juniorpartner Gowin fanden nun ein juristisches Schlupfloch, um die Wahlen nun doch nicht am Sonntag stattfinden zu lassen: Die Wahl wird formal am 10. Mai stattfinden, dann soll sie vom Obersten Gericht für ungültig erklärt werden - so steht es in der gemeinsamen Erklärung. Grund: Die Bürger hätten keine Möglichkeit gehabt, ihre Stimme abzugeben. Danach soll die Parlamentspräsidentin ein neues Wahldatum festlegen.
Briefwahl kommt - mit den Stimmen von Gowin
Die Wahl wird verschoben und im Gegenzug gab nun eine Gruppe von PiS-Abgeordneten um Gowin ihren Widerstand gegen das sogenannte "Briefumschlag-Gesetz" auf und stimmte im Parlament heute für die Gesetzesänderung. Damit ist der Weg frei für eine allgemeine Briefwahl in Polen. Die gab es bislang nicht.
Die Abgeordneten um Gowin hatten zunächst vorgeschlagen, die Wahl um zwei Jahre zu verschieben und bis dahin die Amtszeit von Präsident Andrzej Duda zu verlängern. Kaczyński lehnte dies ab. Gegen die reine Briefwahl hatten unter anderem mehrere ehemalige Staats- und Regierungschefs des Landes protestiert und argumentiert, dass das Vorhaben der PiS gegen die Verfassung verstoße. Sie sprachen in einer Erklärung von einer "Pseudo-Wahl". Die Wahl wäre "weder allgemein noch fair", kritisierten die Unterzeichner, zu denen unter anderem die Ex-Präsidenten Lech Wałesa, Aleksander Kwaśniewski und Bronisław Komorowski zählten.
Opposition reagiert positiv auf Wahlverschiebung
Die polnische Opposition hat positiv auf eine Einigung im Regierungslager reagiert, die für Sonntag geplante Präsidentenwahl zu verschieben. "Das ist eine gute Nachricht, dass die Wahl nicht am 10. Mai und wahrscheinlich gar nicht im Mai stattfinden wird", sagte Jan Grabiec, Sprecher des größten Oppositionsbündnisses Bürgerkoalition (KO), am Donnerstag laut Nachrichtenagentur PAP. Seine Partei habe seit langem gefordert, die Wahl wegen der Coronavirus-Epidemie zu verlegen.
Auch der Präsidentschaftskandidat der konservativen Bauernpartei PSL, Władysław Kosiniak-Kamysz, begrüßte die Entscheidung. Die nationalkonservative Regierungspartei PiS habe ihren Fehler eingesehen und bekannt, dass sie nicht in der Lage sei, die Wahl abzuhalten.
Neuer Wahltermin nicht vor Juni
Nach Angaben des stellvertretenden Regierungschefs Jacek Sasin wird die Wahl nicht vor nächstem Monat abgehalten. "Der früheste mögliche Termin ist Juni", sagte der Vize-Ministerpräsident am Donnerstag dem polnischen Radiosender RMF FM.
Warum hat die PiS so lange an dem Wahltermin am 10. Mai festgehalten?
Nach Ansicht von Experten hat das Festhalten am 10. Mai die Chancen von Präsident Andrzej Duda auf eine Wiederwahl erhöht. Grund ist unter anderem, dass die Opposition wegen des Versammlungsverbots keinen Wahlkampf machen kann. Davon profitiert der Amtsinhaber, der wiederum selbst mit Ansprachen zum Kampf gegen das Coronavirus regelmäßig in den Medien präsent ist. Duda ist eng mit PiS-Chef Kaczyński verbündet.
(adg)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 07. Mai 2020 | 00:00 Uhr