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Angriff auf den Rechtsstaat Polens Regierung will die Justiz auf Linie bringen

20. Juli 2017, 09:41 Uhr

Nach dem Verfassungsgericht hat die PiS-Reierung jetzt den Obersten Gerichtshof im Visier. Das Parlament berät über ein Gesetz, das es dem Justizminister möglich macht, amtierende Richter in den Ruhestand zu schicken.

Das polnische Parlament berät über eine weitere Stufe der umstrittenen Justizreform. Dabei geht es um den Obersten Gerichtshof. Seine Richter sollen per Gesetz geschlossen in den Ruhestand versetzt werden. Justizminister Zbigniew Ziobro kann allerdings bestimmen, welche Richter weiterhin im Amt bleiben. Außerdem kann er Richter mit einer mindestens zehnjährigen Amtszeit vorläufig in den Obersten Gerichtshof entsenden, solange die vakant gewordenen Stellen nicht endgültig besetzt sind. Für die endgültige Besetzung der Richterstellen soll es später ein Auswahlverfahren geben, an dem Justizminister Zionro ebenfalls maßgeblich beteiligt sein wird.

Ein schwerer Angriff auf den Rechtsstaat

Kritiker betrachten das als einen schweren Angriff auf Rechtsstaat und Demokratie. Die Opposition spricht sogar von einem Putsch. Besonders beunruhigt ist die Opposition auch deshalb, weil der Oberste Gerichtshof über Wahlbeschwerden entscheidet. Wer dieses Gericht beherrscht, kann in Polen mit bester Aussicht auf Erfolg jede Wahl anfechten, deren Ausgang ihm nicht passt. Theoretisch kann, wer diesen Schalter in der Hand hat, auch Wahlen fälschen, ohne dass das juristisch Folgen hätte.

Außerdem ist das Oberste Gericht für die Kontrolle niedrigerer Gerichte zuständig. Es fungiert als sogenanntes Kassationsgericht und kann außerdem auf Antrag niedrigerer Gerichtsinstanzen schwierige Rechtsfragen entscheiden.

Mit Lichtern für die Demokratie

Gegen die Justizreform hatten in Warschau am Sonntag tausende Menschen mit einer Lichterkette protestiert. Schon tags zuvor waren mehrere tausend Demonstranten vor das Parlament gezogen. Auch in anderen polnischen Städten hatte es Proteste gegeben - darunter in Krakau, Stettin und Breslau.

Demonstranten gegen eine umstrittene Justizreform versammeln sich am 22.07.2017 in Warschau (Polen) am Krasi_ski-Platz vor dem Obersten Gericht und halten angezündete Kerzen und Plakate (l) mit dem Schriftzug «Verfassung» hoch.
Demonstranten gegen eine umstrittene Justizreform versammeln sich am 22.07.2017 in Warschau vor dem Obersten Gericht Bildrechte: Verfügbar für Kunden mit Rechnungsadresse in Deutschland. | Jakob Ratz

Abmahnung aus Brüssel

Die polnische  Regierung hat seit ihrem Amtsantritt vor rund einem Jahr eine Reihe von Reformen umgesetzt, die nicht nur von der Opposition, sondern auch von der EU als Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit kritisiert werden. Aus diesem Grund hatte die EU-Kommission im Januar 2016 ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet.

Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im: TV | 15.07.2017 | 17:45 Uhr

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