Festnahme? Oppositionelle Kolesnikowa in Belarus verschwunden
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08. September 2020, 10:10 Uhr
Bei den großen Demonstrationen am Sonntag in Belarus sind mehr als 600 Menschen festgenommen worden, die gegen Machthaber Lukaschenko protestiert hatten. Am Montag traf es anscheinend eine weitere Führungskraft der Opposition, von deren Festnahme jetzt berichtet wurde: Maria Kolesnikowa ist weg.
Eine der wichtigsten Führerinnen der Opposition in Belarus, Maria Kolesnikowa, ist vermutlich festgenommen worden. Ihre Kollegen hätten keinen Kontakt mehr, teilte der Pressedienst des Koordinierungsrats der Demokratiebewegung am Montag in Minsk mit. Ihr Telefon sei abgeschaltet. Auch ihre Mitarbeiter Iwan Krawzow und ihr Sprecher Anton Rodnenkow seien nicht mehr erreichbar.
Schwarz gekleidete Männer
Das Internetportal tut.by meldete unter Berufung auf Augenzeugen, Kolesnikowa sei am Montagmorgen in Minsk von schwarz gekleideten Männern in einen Kleinbus gestoßen worden. Das wurde bisher vom Koordinierungsrat nicht bestätigt.
Die 38 Jahre alte Politikerin gehört zu den wichtigsten Oppositionellen gegen Staatschef Alexander Lukaschenko.
Andere Mitglieder des Koordinierungsrats waren zuvor schon festgenommen, ausgereist oder zur Ausreise gezwungen worden. Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowaskaja etwa befindet sich im EU-Land Litauen im Exil.
An ihrer Seite war auch Kolesnikowa im Wahlkampf aufgetreten. Zuvor hatte sie als Kampagnen-Chefin die Kandidatur des Ex-Bankers Viktor Babaryko geleitet, der aber schon länger in politischer Haft sitzt. Sie gehört zum Koordinierungsrat, der den friedlichen Machtwechsel anstrebt. Zuvor hatte sie viele Jahre in Stuttgart gelebt und Kulturprojekte gemanagt. Zuletzt trat sie immer wieder bei Protesten auf.
Mehr als 600 Festnahmen
Bei der jüngsten großen Demonstration am Sonntag lief sie in der Hauptstadt Minsk mit. Nach offiziellen Angaben wurden bei den landesweiten Protesten 633 Menschen festgenommen. Das teilte das Innenministerium am Montag mit.
Grund der Proteste ist die Präsidentenwahl vor mehr als vier Wochen. Machthaber Lukaschenko, der seit 1994 das Land autoritär regiert, hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Die Opposition hält das international nicht anerkannte Ergebnis für gefälscht. Sie will Lukaschenkos Rücktritt.
Bundesaußenminister Heiko Maas forderte eine sofortige Aufklärung des Verschwindens von Kolesnikowa von der Führung in Belarus. Die bundesregierung sei in großer Sorge um Kolesnikowa. "Wir fordern Klarheit um den Verbleib und die Freilassung aller politischer Gefangener in Belarus", sagte Maas der Bild.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 07. September 2020 | 12:00 Uhr