Ein Computerspiel zwischen den Fronten Wie "Call of Duty" die Gemüter in Russland und der Ukraine erhitzt
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12. November 2019, 14:33 Uhr
Im neuesten Computerspiel "Call of Duty: Modern Warfare" sind die Donbass Arena und der Flughafen der seit 2014 umkämpften ostukrainischen Stadt Donezk deutlich zu erkennen. Das sorgt sowohl in der Ukraine als auch in Russland für Irritationen. In Russland ist das Spiel zudem wegen der vermeintlichen Darstellung des Syrien-Krieges umstritten.
Willkommen in Kastowien, einem erfundenen postsowjetischen Land, das laut Beschreibung des brandneuen Ego-Shooters "Call of Duty: Modern Warfare" irgendwo zwischen Georgien und den beiden international nicht anerkannten Republiken Abchasien und Südossetien liegt. Repräsentiert wird Kastowien, eine typische postsowjetische Landschaft mit klassischen Plattenbauten, durch die ebenfalls fiktive Stadt Werdansk, die in weiten Teilen an das seit 2014 umkämpfte Donezk in der Ostukraine erinnert.
Ist Werdansk tatsächlich die Stadt Donezk?
Zwar ist Werdansk, anders als Donezk, von hohen Bergen umgeben, doch immerhin gibt es in der fiktiven Stadt ein Stadion, das genauso aussieht wie die 2009 eröffnete Donbass Arena - die Heimstätte des besten ukrainischen Fußballvereins Schachtar Donezk. Der internationale Flughafen von Werdansk ist überdies dem Donezker "Prokofjew-Flughafen" nachempfunden, der während der Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und der ukrainischen Armee zwischen Juni 2014 und Januar 2015 komplett zerstört wurde. Die Darstellung von Donezk in der am 24. Oktober 2019 erschienenen 16. "Call of Duty"-Reihe blieb natürlich weder in der Ukraine noch in Russland unbemerkt.
Jeder kann jetzt die Donbass Arena bombardieren
"Es handelt sich um ein weltbekanntes Spiel", erklärte der populäre Gamer Alex_D20 in einem Interview mit "Radio Swoboda". "Dass sich die Ereignisse in der Ukraine im Spiel widerspiegeln, bedeutet zumindest, dass sie in der Welt bekannter werden." Die Reaktionen in der Ukraine waren tatsächlich beträchtlich. Schlagzeilen wie "Donbass Arena kann nun von jedem bombardiert werden", konnte man in einigen ukrainischen Medien lesen. "Die Russen sind beleidigt. Ich muss das Spiel daher unbedingt testen", schrieb der Nutzer ns3230 in den Kommentarspalten von "Tribuna.com". Sein Kommentar wird am meisten geliked. Doch nicht alle sind derart begeistert. "Bei 'Call of Duty' werden Militäroperationen meist in Ländern der Dritten Welt abgehalten. Glückwunsch dazu an uns alle", lautet ein anderer Eintrag.
Parallelen zum Bürgerkrieg in Syrien?
Russland ist über seine Darstellung in "Call of Duty: Modern Warfare" keineswegs erfreut. Der Verweis auf Donezk ist dabei wohl nicht der einzige Grund. Während Kastowien eine Mischung aus Ukraine und Georgien darstellen soll, ist das Phantasie-Reich Ursikstan hingegen ein Land im Nahen Osten, das seit vielen Jahren von einem schrecklichen Bürgerkrieg heimgesucht wird, an dem auch Russland militärisch beteiligt ist. In Ursikstan formiert sich schließlich eine von Großbritannien und den USA unterstützte Rebellenbewegung, die sich zum Ziel gesetzt hat, die russischen Truppen aus dem Land zu vertreiben. Russische Medien sprechen von offensichtlichen Parallelen zum Syrien-Konflikt.
Nur "Arschlöcher" spielen "Call of Duty: Modern Warfare"
Doch nicht nur die staatlichen Medien kritisieren "Call of Duty: Modern Warfare". Der berühmte russische Gameblogger Ilja Madison hatte das Spiel eigentlich promoten sollen. Eine halbe Stunde vor Beginn der Werbekampagne sagte er jedoch ab. "Nur Arschlöcher können sich für ein Spiel begeistern, in dem ziemlich direkt davon gesprochen wird, dass die Soldaten deines Heimatlandes Terroristen sind", erklärte er. Dabei war Madison bislang noch nicht als Anhänger des russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgefallen. Ganz im Gegenteil: Mehrmals hat er die Internet-Zensur in Russland scharf kritisiert. Letztlich ist die Veröffentlichung des Spiels auf der Playstation in Russland gescheitert, auf PC und Xbox ist das Spiel hingegen erschienen.
Rekordumsätze
"Call of Duty: Modern Warfare" ist nicht das erste Computerspiel, das den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland thematisiert. 2014 erschien zum Beispiel "Combat Mission: Black Sea", in dem Russland die Halbinsel Krim besetzt. Als Reaktion auf die Besetzung tritt die Ukraine der NATO bei. Kurze Zeit später bricht ein Krieg zwischen beiden Ländern aus. Übrigens wurde dieses Spiel bereits ab 2009 entwickelt, also lange vor der russischen Annexion der Krim 2014. Doch die Beliebtheit von "Combat Mission: Black Sea" ist mit der von "Call of Duty: Modern Warfare" überhaupt nicht zu vergleichen, denn das neue Spiel verzeichnet trotz aller Kritik in Russland Rekordumsätze. Vielleicht trägt dazu auch das virtuelle Donezk bei.
Über dieses Thema berichtete "MDR um 2" im TV: MDR | 14.10.2019 | 14:00 Uhr