Wildes Europa Rumäniens Bären außer Kontrolle

22. Juni 2020, 18:15 Uhr

In Rumänien greifen Bären immer häufiger Menschen an. Jäger fordern deshalb eine höhere Abschussquote. Naturschützer wollen das Problem anders lösen.

Ein Bär versucht über einen Zaun einer Schule zu klettern.
Ein Bär versucht, über einen Zaun einer rumänischen Schule zu klettern. Bildrechte: Verfügbar für Kunden mit Rechnungsadresse in Deutschland und Österreich. | Nandor Veres

In Rumänien leben schätzungsweise 4.000 bis 5.000 Bären. Der Mensch steht eigentlich nicht auf dem Speiseplan des Tieres, trotzdem greifen die Bären immer wieder an. Der Schäfer Mihai Dan aus Siebenbürgen in Zentralrumänien hat es selbst erlebt: "Die Hunde fingen plötzlich an zu bellen. Ich habe mich umgedreht und da stand der Bär. Er sprang auf mich zu und hat mich zu Boden gerissen."

Schäfer
Mihai Dan wurde auf seinem Grundstück von einem Braunbären angegriffen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Mit letzter Kraft schleppte sich Mihai Dan nach Hause, wo ihn seine Frau fand. Schwerverletzt kam der 28-Jährige ins Krankenhaus. Als die Jäger Stunden später in seinem Dorf Vidăcut eintrafen, war der Bär längst über alle Berge.

Mehr als 20 solcher Attacken habe es hier in den vergangenen Monaten gegeben, sagt der Dorfvorsteher. Die Bewohner seien mit den Nerven am Ende und er fordert die Politik auf, dass etwas unternommen wird.

Vidăcut ist nicht der einzige Ort aus dem es Berichte über vermehrte Angriffe von Bären gibt. Über soziale Netzwerke werden Videos von Bärenangriffen verbreitet, Zeitungen in Rumänien schreiben über solche Attacken. Doch verlässliche Zahlen zu Bärenangriffen auf Menschen gibt es nicht.           

Patient liegt mit Kopfverletzungen auf Trage
Bärenangriffe sind gefährlich und können tödlich enden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Jäger hoffen auf Schussfreigabe

Und das Thema polarisiert, vor allem seit 2016 ein Jagdverbot eingeführt wurde, das teilweise wieder zurückgenommen wurde.

Auf der einen Seite stehen die Jäger. Seit 2016 gilt ein Jagdverbot auf Bären. Sie fordern eine Abschussquote, um die Population im Griff zu halten. Aber auch, weil die Bärenjagd als lukrative Einnahmequelle - gerade mit Touristen aus dem Westen - gilt. Sie werden von vielen Landwirten wie dem Schäfer Mihai Dan unterstützt, denn Bären machen oft auch Jagd auf ihr Vieh.

Problem hausgemacht: zu wenig Lebensraum

Auf der anderen Seite stehen Naturschützer. Sie beklagen, dass gar nicht der Bär das Problem ist, sondern der Mensch, der immer mehr in den Lebensraum des Tieres eingreift.

Naturschützer
Der Biologe Laszlo Gal unterwegs im Wald. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Der Wissenschaftler Laszlo Gal erforscht das Verhalten von Bären seit vielen Jahren. Er sagt: Bär und Mensch kommen sich meist aus Versehen in die Quere. "Es gibt Attacken, bei denen es entweder um Nahrung oder Schutz des Gebietes geht. Aber der Mensch steht nicht auf dem Speiseplan des Bären. Der Bär will eigentlich nur den Menschen von sich fernhalten.“
Zwei Drittel der noch verbliebenen Urwälder Europas liegen in Rumänien – an sich ein optimaler Lebensraum für Bären. Doch seit Jahren werden die Schutzgebiete illegal abgeholzt. Der Lärm der Motorsägen treibt die Bären aus dem Wald. Und die Tiere werden weiter in die Dörfer und Städte gezwungen, um Nahrung zu suchen.

Der Biologe Laszlo Gal hält nichts davon, das Jagdverbot aufzuheben. Vielmehr müsste es Schutzzonen für die Bären geben, damit Menschen und Bären friedlich koexistieren können.

Rumänien, ein Bär rüttelt an einer Mülltonne. 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL FERNSEHEN | 25. Juni 2018 | 17:45 Uhr

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