Tourismus Lieb und teuer: Warum Thüringer Gemeinden im Werratal Burgbesitzer bleiben
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23. Dezember 2023, 12:10 Uhr
Burgen sind ganz besondere Immobilien: besonders alt, besonders geschätzt, aber auch besonders anspruchsvoll. In Thüringen sind eine ganze Reihe von Städten und Gemeinden stolz darauf, eine Burg zu besitzen. Aber sie kennen auch die Kehrseite: An den historischen Gebäuden besteht immerzu Sanierungsbedarf. Auch der Betrieb kostet Geld – und nicht jede Burg lässt sich so einfach nutzen. Vier Beispiele aus dem Wartburgkreis.
Die Creuzburg hat es nicht leicht: Die Landgrafenburg liegt einfach zu nah an ihrer Schwester, der Wartburg. Sogar in deren Schatten, so empfinden es manche Creuzburger. Dabei waren auch hier Napoleon, Luther und Goethe zu Gast, gilt die Creuzburg sogar als Lieblingsburg der später heiliggesprochenen Landgräfin Elisabeth, die dort ihre Kinder zur Welt brachte.
Doch die Tourist-Information auf der Burg zählt im Jahr rund 10.000 Gäste im Museum. Das ist nicht schlecht, aber nur ein Bruchteil der jährlichen Wartburg-Besucher.
Hohe Kosten für Betrieb der Creuzburg
Mehr als 150.000 Euro im Jahr kostet es die Stadt Amt Creuzburg im Jahr, die Burg mit Personal zu erhalten und zu betreiben. Eine freiwillige Aufgabe, die manchmal schon schwer falle, sagt Bürgermeister Rainer Lämmerhirt (UWG), aber an der die Stadt unbedingt festhalte: "Die Burg ist seit Jahrhunderten DAS Aushängeschild der Region." Heute beherbergt sie neben Tourist-Info und Museum auch noch ein Standesamt und ein Hotel mit Gaststätte.
Die Burg ist seit Jahrhunderten DAS Aushängeschild der Region.
Mittelalterliches Flair im Burghof der Creuzburg
Der weite, mit Mauern umschlossene Burghof bietet ein besonderes Flair. Zu Pfingsten besuchen jeweils rund 10.000 Menschen das Mittelalterfest. Theateraufführungen und große Open-Air-Konzerte finden dort statt und ein mittelalterlicher Weihnachtsmarkt.
Wanderwege führen über die Burg. Auch Rad- und Kanuwanderer entlang der Werra machen immer häufiger einen Abstecher auf den nicht sehr hohen Burgberg.
Creuzburger retteten ihre Burg
Es sei wichtig, viele Menschen hierher zu bringen, sagt Ortsteilbürgermeister Ronny Schwanz (CDU). Nur so könne man das Interesse sichern, die Burg zu erhalten. Und er erinnert an das Erbe: In den 1980er-Jahren, noch zu DDR-Zeiten, hatte eine Interessengemeinschaft aus Creuzburger Bürgern die Burg mit tausenden Arbeitsstunden vor dem Verfall gerettet.
Dieses Erbe pflegt der Burgverein. Er bietet Burg- und Stadtführungen an, wie der Vorsitzende Peter Baum berichtet. Jedes Jahr werden vier Kunstausstellungen auf der Burg organisiert. Auch die Veranstaltungen unterstützt der Verein, und sei es beim Kassieren des Eintritts.
Burg Wendelstein wartet auf Sanierung
Burg Wendelstein in Vacha hält noch bis Ende März Winterruhe. Sie liegt auf Stadtniveau, weil sie erbaut wurde, um die nahe Werrabrücke zu schützen, wie der Vachaer Bürgermeister Martin Müller (CDU) erklärt. Seit 1986 ist in dem Gebäude das Stadtmuseum untergebracht, das der Heimat- und Geschichtsverein betreibt.
Gleich daneben einer von drei verbliebenen Stadttürmen, vor einigen Jahren mit Treppe und Aussichtsplattform begehbar gemacht. Auch in dieser Burg kann geheiratet werden. Touristen finden leicht dorthin: zwei Minuten Fußweg vom Marktplatz, ebenso weit von der Werrabrücke.
Mehrere Großprojekte im Ort
"Es ist sehr schön, eine Burg zu haben", sagt der Bürgermeister, historische Gebäude prägten eine Stadt. Aber Vacha habe viele historische Gebäude, fährt er fort, und fast alle hätten Sanierungsbedarf. Ein millionenschweres Großprojekt für einige Jahre ist das Rathaus am Markt.
Die anderen müssen warten. "Wir hoffen, dass alles so lange hält." In der Burg Wendelstein wird derzeit nur das gemacht, was dringend nötig ist. In diesem Jahr mussten beispielsweise für 35.000 Euro in mehreren Geschossen tragende Balken ausgetauscht werden. Schön sei das mit der Burg, wiederholt Müller, "aber es ist auch eine Belastung für die Stadt."
Es ist schön, eine Burg zu haben, aber es ist auch eine Belastung für die Stadt.
Burg Normannstein "tief im Herzen"
Lust und Last - so ist es auch in Treffurt. Ein "markantes Aushängeschild" sei Burg Normannstein, sagt Bürgermeister Michael Reinz (parteilos) und schwärmt von abendlichen Anblick der angestrahlten Burg hoch über der Stadt. "Wir haben die Burg tief in unserem Herzen".
Von 1995 bis 2008 wurde die Ruine mit Ringmauer und drei Türmen umfassend saniert. In einem Turm befindet sich eine Dauerausstellung zu Werraburgen, obendrauf eine Aussichtsplattform. Beides ist allerdings nur zugänglich, wenn auch die Gaststätte in der Burg geöffnet ist. Und auch auf dem Normannstein kann man heiraten.
Stadt Treffurt zahlt mehrere 10.000 Euro pro Jahr
Die Stadt steckt jedes Jahr mehrere 10.000 Euro in die Burg, je nachdem, was anliegt. Geld für den Bauunterhalt, die gastronomische Infrastruktur, aber auch für den Winterdienst.
Die Stadt räumt die rund 2,5 Kilometer lange Zufahrt durch den Wald regelmäßig. "Da fragen manche Treffurter schon: Warum haltet ihr diese Straße frei?", sagt Reinz. Es sei ein Spagat, aber: "Jetzt haben wir einmal bei der Sanierung A gesagt, dann wäre es fatal, wenn wir nicht alles dafür tun, dass die Burg auch zugänglich ist."
Jetzt haben wir einmal bei der Sanierung A gesagt, dann wäre es fatal, wenn wir nicht alles dafür tun, dass die Burg auch zugänglich ist.
Zufahrt notwendig für Gastronomie
Denn die befahrbare Zufahrt ist Voraussetzung für jeden, der dort oben Gastronomie betreibt. Über die vergangenen Jahre wechselten die Pächter häufiger, wie der Bürgermeister berichtet. Derzeit ist Winterruhe in der Burgschänke, nur zu Veranstaltungen wird geöffnet, zu Gänseessen beispielsweise oder zum Weihnachtsbuffet. Zum Jahresende wird ein Glühwein-Rundwanderweg angeboten, Ziel ist der Burghof.
Der aktuelle Pächter sei sehr kreativ, lobt der Bürgermeister. So gab es im Sommer donnerstags "After Work"-Abende mit Livemusik zum Sonnenuntergang. Es steht und fällt alles mit den Gästen, wie Michael Reinz sagt - sie entschieden letztlich, ob die Gastronomie geöffnet bleibt oder nicht. Umgekehrt weiß er aber auch: Für den Tourismus braucht es Angebote.
Problemfall Krayenburg
Im südlichen Wartburgkreis hat der Bad Salzunger Bürgermeister Klaus Bohl (Freie Wähler) mit noch größeren Burg-Problemen zu kämpfen. Die Burgruine Krayenburg auf dem kegelförmigen Krayenberg müsste saniert werden, auch die benachbarte ehemalige Gaststätte aus den 1920er-Jahren hat Bedarf.
Und dann die rund zwei Kilometer lange Zufahrt von Tiefenort aus durch den Wald - ohne Unterbau sei dort zu DDR-Zeiten der Asphalt direkt auf einen Schotterweg geschmiert worden, sagt Bohl, im oberen Teil sei die Straße marode. Ein Gutachter prüft derzeit die Belastbarkeit.
2,5 Millionen Euro für Straße hoch zur Kayenburg
Der Bürgermeister hat durchrechnen lassen: 2,5 Millionen Euro allein für die Straße. Deutlich mehr wird es kosten, die Ruine zu sichern und das rund 100-jährige Gebäude daneben zu sanieren. Das könne sich die Stadt nur leisten, wenn es Fördermittel gibt, sagt Bohl. Er hofft, dass es das Vorhaben noch auf die Nachrückerliste für die EFRE-Förderung der EU schafft. Die Entscheidung fällt in einem Jahr.
Aber es gibt auch Positives: Der Bürgermeister lobt den Verein der Krayenburg-Gemeinde, die das Gebäude nutzt, die Außenanlagen pflegt und ab und zu Gäste gastronomisch versorgt. Sie sorge dafür, dass es keinen Vandalismus gibt.
Erhaltung der Krayenburg soweit, wie möglich
In Zukunft könnte sich Klaus Bohl eine Hochzeitsburg auf dem Krayenberg vorstellen - "eine große Herausforderung". Dass ein Weg gesucht werden müsse, Zufahrt und Burg zu erhalten, ist für ihn aber unstrittig. Die Krayenburg sei der Stolz der Region, so der Bürgermeister. "Sie hat einen mentalen Wert, der nicht in Euro und Cent auszudrücken ist."
Sie hat einen mentalen Wert, der nicht in Euro und Cent auszudrücken ist.
MDR (jw)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 23. Dezember 2023 | 18:15 Uhr
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