Muffelwild steht auf einer Anhöhe.
Von der Kreuzung Schaf-Mufflon in den Hörselbergen gibt es kaum Bildmaterial - hier zu sehen sind deshalb ähnlich aussehende Europäische Mufflons. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Zoonar

Entflohene Haustiere Verfressen und schwer zu jagen: Schaf-Muffelwild-Herde in den Hörselbergen

22. Januar 2023, 14:13 Uhr

Wie Rasenmäher fressen sich Schaf-Mufflon-Abkömmlinge durch die Hörselberge bei Eisenach. Junge Bäume haben keine Chance. Erst seit zwei Jahren dürfen die Tiere gejagt werden, aber das gestaltet sich schwierig.

Es begann mit einer Flucht. In Wenigenlupnitz am Fuß der Hörselberge hatte ein privater Tierhalter Kamerunschafe mit Muffelwild gekreuzt. Offenbar eine Mischung mit Freiheitsdrang: sieben Tiere büxten vor vierzehn Jahren aus, wie Norbert Heering berichtet. Er wohnt in Wenigenlupnitz und ist Jagdvorsteher der Jagdgenossenschaft Mittleres Nessetal.

Lange waren sie nur selten zu sehen. Sie vermehrten sich wohl im Stillen in den Hörselbergen. "2015, 2016 ging das los", erzählt Heering. Da seien sie "schon in größeren Truppen gesehen worden".

Ein Problem für den Wald

Wie viele es mittlerweile sind? Schwer zu sagen, meinen Heering und auch Revierförsterin Jennifer Kruspe. Sie schätzen die Zahl in den Hörselbergen auf 60 bis 100. Es gibt Drohnenbilder von einer Herde mit rund 40 Tieren. In dieser großen Zahl sind sie zum Problem für den Wald geworden. Die wilden Schafe fressen "wie Rasenmäher", sagt Kruspe: "Das Rehwild, das knipst mal oben was ab. Und die - die mähen. Da bleibt nur noch ein Stummel stehen."

Das Rehwild, das knipst mal oben was ab. Und die - die mähen. Da bleibt nur noch ein Stummel stehen.

Jennifer Kruspe Revierförsterin

Wird ein kleiner Baum mehrmals so abgefressen, hat er keine Chance. Dabei bräuchte es gerade jetzt viele junge Bäume, um die alten zu ersetzen, die in den vergangenen Jahren durch Hitze und die starke Sonneneinstrahlung eingegangen sind.

Die Hörselberge sind ohnehin sehr trocken. Letztlich verstärken die Schafe-Mufflon-Mischlinge durch ihr Fressverhalten die Folgen des Klimawandels.

Als Haustiere zunächst geschützt

Warum aber konnten sich die Tiere so stark vermehren? Sie durften sehr lange nicht gejagt werden, erklärt die Revierförsterin, weil sie als Haustiere galten. Um die zu jagen, braucht es eine besondere Genehmigung, die Geld kostet und jeweils nur einen Monat lang gilt. Nicht einmal das Fleisch durfte verwertet werden. Aufwand und Kosten, kein Ertrag - denkbar unattraktiv für Jäger.

Seit zwei Jahren Jagdrecht

Jennifer Kruspe hat sich dafür eingesetzt, dass das geändert wird. Nach einigem Hin und Her hat die Untere Jagdbehörde die Tiere inzwischen als Muffelwild-Hybride eingestuft. Deshalb dürfen sie seit September 2021 gejagt werden. In den ersten beiden Jahren hat die Jagdgenossenschaft im nördlichen Teil der Hörselberge insgesamt 13 Tiere erlegt. Das ist überschaubar.

Unberechenbare "Vagabunden"

Waren die wilden Schafe früher weniger scheu als normales Wild, sind sie mittlerweile stärker auf der Hut, berichtet Norbert Heering. Sie seien jetzt in kleineren Rudeln unterwegs und tauchten an Stellen auf, wo man sie nicht vermute - mal hier, mal dort. Von "Vagabunden" spricht der Jäger.

Auch wechseln sie zwischen verschiedenen Jagdrevieren auf der Nord- und der Südseite der Hörselberge. Das Gelände ist schwierig, teilweise sehr steil. Seit Mitte Januar ist Schonzeit und die Tiere sind wieder häufiger zu sehen. "Ich weiß nicht, ob die auch einen Kalender haben", lacht er. Nur die Widder dürfen noch bis Ende März geschossen werden.

Am besten wäre ein Totalabschuss.

Jennifer Kruspe Revierförsterin

Auch jenseits der Hörsel Richtung Thüringer Wald, vor allem rund um Deubach, sind ähnliche Kreuzungen unterwegs. Dort, so erzählt Jennifer Kruspe, sei es mit der Jagd oft noch schwieriger, weil die wilden Schafe zwischen Rindern auf der Weide stehen. Auch dort hätten die Jäger große Probleme.

Wie viele dieser Tiere vertragen die Hörselberge? "Null", kommt die schnelle Antwort der Försterin. "Die fressen alles ab. Am besten wäre ein Totalabschuss." Ihr ist klar, dass das so schnell nicht gelingen wird. Aber sie drängt darauf, dass stärker bejagt wird. Vielleicht ist ja ein Anreiz, dass das Fleisch der Tiere sehr gut schmeckt, wie Norbert Heering sagt. Das Wildbret sei attraktiv - manche, so erzählt er, schwören darauf.

MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 22. Januar 2023 | 18:15 Uhr

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