Oberverwaltungsgericht AfD-Mitglied darf Waffen vorerst behalten
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21. Februar 2024, 17:30 Uhr
Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Das allein reicht aber laut Oberverwaltungsgericht nicht aus, um ihren Mitgliedern Waffen und die Erlaubnis dafür zu entziehen.
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Das Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) hat den Entzug einer Waffenerlaubnis für ein AfD-Mitglied widerrufen. Nach Angaben der Richter ist zwar nachweisbar, dass der AfD-Landesverband Positionen vertritt, die der Verfassung entgegenstehen. Der Entzug der Waffenerlaubnis durch die Behörden sei aber nicht ausreichend begründet.
Sportschütze legt Widerspruch ein
Das Landratsamt des Saale-Orla-Kreises hatte einem dortigen AfD-Mitglied seine Waffenerlaubnis entzogen - mit dem Hinweis auf den Verfassungsschutz, der die Partei als rechtsextrem einstufte. Der Sportschütze wehrte sich dagegen per Widerspruch.
Das Verwaltungsgericht in Gera gab dem Mann im Eilverfahren im Sommer 2023 recht. Es begründete das damit, dass sich aus den Angaben des Verfassungsschutzes nicht ergebe, dass die gesamte Thüringer AfD mit Sicherheit verfassungsfeindlich sei. Gegen diesen Beschluss wiederum legte das Thüringer Innenministerium Beschwerde beim OVG ein - ebenfalls ohne Erfolg.
Gericht: Waffenbehörde muss Position ausreichend erläutern
Der dritte Senat des OVG betonte nun im Eilverfahren, dass er anders als das Verwaltungsgericht Gera sehr wohl Anhaltspunkte für eine verfassungswidrige Ausrichtung des Landesverbands sehe. In den programmatischen Festlegungen und Zielstellungen des AfD Landesverbands Thüringen würden deutlich völkisch-ideologische Motive sichtbar, die dem Grundgesetz fremd seien, hieß es in einer Mitteilung des OVG. Dennoch bestätigte das Gericht die Entscheidung der ersten Instanz.
Denn die Waffenbehörde habe es versäumt, spezifische waffenrechtliche Voraussetzungen zur Entziehung der Waffenerlaubnisse zu prüfen. So sei eine kämpferisch-aggressive Haltung des Landesverbands nicht dargelegt worden. Diese sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis aber erforderlich. Zudem hätte die Behörde nicht geprüft, ob das betroffene AfD-Mitglied sich "unmissverständlich und beharrlich" von hetzenden Äußerungen sowie gewaltgeneigten, bedrohenden oder einschüchternden Verhaltensweisen anderer Mitglieder oder Anhänger der Partei distanziert habe.
Innenministerium bewertet OVG-Entscheidung positiv
Das Thüringer Innenministerium begrüßte die Entscheidung des Gerichts. Zwar habe das OVG die Beschwerde des Ministeriums abgewiesen, das Gericht habe aber klargemacht, dass es deutliche Anhaltspunkte für eine verfassungswidrige Ausrichtung der AfD gebe. Damit gibt es laut eines Sprechers des Ministeriums erstmals eine Thüringer Rechtsprechung, die die AfD als verfassungsfeindlich brandmarke.
Laut Ministerium gibt das OVG den Waffenbehörden zudem eine Anleitung an die Hand, wie sie künftig beim Widerruf der Waffenerlaubnis von AfD-Mitgliedern vorgehen sollen. Dazu gehöre unter anderem, eine kämpferisch-aggressive Haltung des Landesverbands der AfD deutlich zu machen.
Marx: OVG-Entscheidung als gerichtlicher Beweis für Verfassungsfeindlichkeit
Ähnlich äußerte sich die Innenexpertin der SPD-Landtagsfraktion, Dorothea Marx. Die AfD habe sich zuletzt immer beklagt, dass sie zu Unrecht als verfassungsfeindlich eingestuft werde. Jetzt gebe es dafür aber sozusagen einen gerichtlichen Beweis, sagte Marx MDR THÜRINGEN. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes sei daher sehr positiv.
Eine Sprecherin der Fraktion der Linken sagte MDR THÜRINGEN, das Urteil habe klargestellt, wie die konkreten Anforderungen an den Entzug von Waffenerlaubnissen sind. Diese Kriterien müssten bei künftigen Verfahren beachtet werden.
Walk: Alternative wäre, das Waffengesetz zu ändern
Kritischer äußerte sich der Innenexperte der CDU-Fraktion, Raymond Walk. Dass die AfD verfassungsfeindlich sei, sei längst bekannt. Der Ansatz des Innenministeriums sei richtig, aber es müsse handwerklich besser gemacht werden, sagte Walk MDR THÜRINGEN. Seinen Angaben nach zeigt die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, dass einem AfD-Mitglied nur dann rechtssicher die Waffenerlaubnis entzogen werden kann, wenn das mit entsprechenden Beweisen begründet werden kann. Allein die Mitgliedschaft in der AfD reiche nicht. Eine Alternative wäre laut Walk, das Waffengesetz in der Form zu ändern, dass schon die Mitgliedschaft in einer bestimmten Gruppe reicht, um die waffenrechtliche Zuverlässigkeit einer Person in Frage zu stellen.
MDR (wohe/dpa/epd/co/thk)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 21. Februar 2024 | 18:35 Uhr