Bachfest Leipzig Wie Johann Sebastian Bach im Film gezeigt wird
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13. Juni 2024, 14:09 Uhr
Johann Sebastian Bach ist auch 270 Jahre nach seinem Tod einer der bekanntesten Komponisten weltweit. Wie war dieser Mensch, dessen Musik so viele verehren? Zeitzeugnisse über seine Persönlichkeit gibt es wenige, dennoch erfinden gerade Filmschaffende ein immer wieder neues Bild des Ausnahmemusikers.
- Von Johann Sebastian Bach gibt es laut Knut Elstermann nur ein authentisches Gemälde, das zu seinen Lebzeiten entstanden ist.
- Filmschaffende nutzten diese Freiheit in Porträts über das Leben des Komponisten, zum Beispiel Ulrich Thein in der DDR.
- Nicht nur über Bachs Äußeres, sondern auch über seine Persönlichkeit gibt es nur wenig historische Belege.
Das Bild, was wir über Johann Sebastian Bach haben, sei sehr ungenau, sagte der Filmkritiker Knut Elstermann. Es gebe zu wenig persönliche Äußerungen und zeitgenössische Beschreibungen von Bachs Person, erzählte Elstermann im Gespräch mit MDR KULTUR.
Gerade Bach-Fans litten unter dieser Ungewissheit, bedauerte der Filmkritiker und selbst Bach-Fan. Man habe das große Bedürfnis, sich ein Bild zu machen, um die Verehrung adressieren zu können.
Nur ein echtes Bild von Bach
Nur ein authentisches Bild existiere von Bach aus seinen Lebzeiten, führte Elstermann aus. Es handele sich dabei um das Gemälde von Elias Gottlob Haußmann, das im Leipziger Rathaus hängt. Andere auftauchende Bilder seien entweder Fälschungen oder würden andere Menschen als Bach zeigen, so auch ein Jugendbild Bachs in Erfurt, räumte Elstermann enttäuscht ein.
Aus dieser Ungenauigkeit leitete Elstermann aber auch Vorteile ab: Sie gebe Filmschaffenden, die Werke über Bach produzieren, auch viele Freiheiten.
Ulrich Thein ist der Bach der DDR
Ein überragender Bach-Darsteller war laut Elstermann Ulrich Thein. Der Schauspieler übernahm die Rolle des Komponisten in einer vierteiligen DDR-Serie aus den Jahren 1983 und 1984. Unabhängig von einer äußerlichen Ähnlichkeit habe Thein Bach mit großer Tragik und Hinwendung zur Familie gespielt. Das sei für Elstermann eine "überragende Leistung".
Viele DDR-Bürger denken bis heute, dass Bach wie Ulrich Thein aussieht – und warum auch nicht?
Elstermann erklärte, die aufwendige Serie hätten viele DDR-Bürger gesehen und mutmaßt: "Viele DDR-Bürger denken bis heute, dass Bach wie Ulrich Thein aussieht."
Wie war Bach als Mensch?
Bachs Persönlichkeit werde wahrscheinlich sehr verzerrt dargestellt, räumte Elstermann ein. Offizielle Zeugnisse seien beispielsweise die Arbeitsstreits zwischen Bach und der Stadt Leipzig. "Dadurch hat man aber immer wieder das Bild des jähzornigen, aufbrausenden Bachs", erklärte Elstermann. Dabei hätten Stadt und Bach berechtigte Argumente und für Bachs Wutausbrüche habe es gute Gründe gegeben.
Als radikale Umsetzung hob Elstermann den Film "Chronik der Anna Magdalena Bach" des französischen Regisseurs Jean-Marie Straub aus dem Jahr 1968 hervor. Hier habe man sich nicht an Ähnlichkeit orientiert, Johann Sebastian Bach wurde vom Musiker Gustav Leonhardt mit niederländischem Akzent gespielt. "Nehmen wir jemand, der immerhin die Musik gut spielen kann und diese Musik auch versteht", könnte laut Elstermann eine Überlegung dabei gewesen sein.
In den Filmen gebe es sehr unterschiedliche Facetten von Bach "und jedes Mal erfindet man sich einen Bach", fasste der Filmkritiker Bachs Bild im Film zusammen.
Hinweis: Über "Bach im Film" wird am Donnerstag im Rahmen des Bachfestes in Leipzig diskutiert, einer der Gäste ist Knut Elstermann.
Veranstaltungshinweis
Gesprächsreihe "Michael Maul trifft"
Michael Maul trifft Stefan Haupt (Regisseur) und Knut Elstermann (Film-Kritiker): Bach im Film – ein Ding der Unmöglichkeit?
Donnerstag, 13. Juni 2024
15:30 bis 16:30 Uhr
Blauer Salon
König-Albert-Haus
Markt 9
04109 Leipzig
Quellen: MDR KULTUR (Knut Elstermann, Ellen Schweda)
Redaktionelle Bearbeitung: hro
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 11. Juni 2024 | 08:40 Uhr