Landkauf Luchse oder doch Windräder? Was die Schweizer mit dem Zillbacher Forst planen
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06. September 2024, 08:09 Uhr
Vor einem Jahr kaufte die Schweizer Post eine große Fläche im Thüringer Wald: den Zillbacher Forst. Seitdem interessiert die Anwohnern brennend, was der Investor damit vorhat. In dieser Woche gab es erste Antworten.
Die Schweiz gilt in vielen Fragen stets als neutral. Am Mittwochabend war das anders. Der neue Eigentümer des 2.400 Hektar großen Waldes - die Schweizer Post - tat alles, um sich auf die Seite der Anwohner und der Region zu schlagen. Im Ortskern im beschaulichen Zillbach wurde zu Bratwurst und Bier geladen. Im weißen Festzelt versammelten sich gut 100 Interessierte. Die Organisatoren hatten bewusst darauf verzichtet, die Veranstaltung in die breite Öffentlichkeit zu tragen.
Pressevertreter waren zugelassen, aber nicht eingeladen. Die Schweizer wollen keine großen Schlagzeilen mehr. Sie wollen nach der Aufregung im letzten Jahr jetzt endlich loslegen.
Wald stand zum Verkauf
Aber von vorn. Bis vergangenes Jahr war der Zillbacher Forst im Besitz von Michael-Benedikt Prinz von Sachsen-Weimar-Eisenach und damit einem der größten Privatwaldbesitzer in Thüringen. Wie der Prinz MDR THÜRINGEN gesagt hatte, gehörte der Wald bis zur Enteignung durch das DDR-Regime seinem Vater. Nach der Wende habe er die Flächen zurückgekauft. Als Grund für den Verkauf gab er an, er wolle seiner Familie "keine Probleme hinterlassen".
Bevor der Zuschlag durch die Schweizer Post wirksam wurde, hatte die Gemeinde auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet. Auch das Land hatte den Verkauf geprüft. Schlussendlich kam das Schweizer Unternehmen zum Zug. "Der Wald stand zum Verkauf und wir haben ihn gekauft", daran sei nichts Verwerfliches, sagte Philipp Maeder, einer der Geschäftsführer der CDR-Services Deutschland GmbH. Es ist ein Tochterunternehmen der Schweizer Post, welches sich nun um die Bewirtschaftung des Waldes kümmern soll. Der neue Eigentümer versicherte, dass das Unternehmen seine Aktivitäten nicht gegen, sondern mit der Region planen wolle.
Warum kauft die Post einen Wald?
Erstmal klingt der Deal etwas abenteuerlich. Auch deshalb entstanden um den Waldverkauf viele Gerüchte. Die neuen Eigentümer versuchten diesen mit der Infoveranstaltung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Als offizieller Hauptgrund für den Waldkauf hieß es stets, dass das Schweizer Unternehmen seine Klimabilanz aufbessern will.
Die Schweizer Post ist eines der größten Logistik Unternehmen des Landes. Langfristig will es klimaneutral werden. Und zwar in der gesamten Wertschöpfungskette - also bei allen ihren Tätigkeiten in den vor- und nachgelagerten Prozessen beispielsweise bei Lieferanten und Subunternehmen. Rund 90 Prozent der Emissionen könne das Unternehmen selbst reduzieren, unter anderem durch den Einsatz von Elektroautos, so Geschäftsführer Maeder. Die restlichen zehn Prozent sollen "neutralisiert" - das heißt durch andere Aktivitäten ausgeglichen werden. Unter anderem durch den Kauf des Zillbacher Forsts.
Wald nimmt CO2 auf
Und das funktioniert so: CO2 wird auf natürlichem Weg in den Bäumen gespeichert. Wird das Holz geerntet, geht es darum, den Rohstoff möglichst lange zu nutzen. Damit das CO2 weiter gespeichert und nicht etwa wieder frei wird, zum Beispiel, wenn das Holz verbrannt wird. Deswegen soll das Holz unter anderem beim Hausbau zum Einsatz kommen. Das durch die eigenen Unternehmungen ausgestoßene CO2 an anderer Stelle wieder binden ist kein ungewöhnlicher Vorgang. Andere Unternehmen wickeln ihn zum Beispiel durch den Kauf von sogenannten CO2-Zertifikaten ab.
Fragen der Anwohner
Aber was, wenn die Schweizer den Wald nur gekauft haben, um damit Profit zu machen?
Eine Anwohnerin meldete sich im Rahmen der Infoveranstaltung und wollte Gerüchte um Windräder und Solarparks im Wald ausgeräumt haben. Die Vertreter der CDR-Services Deutschland GmbH verneinten nicht konkret. Sagten aber, dass es derzeit dafür keine Pläne gebe. Geschäftsführer Maeder sagte, er habe vernommen, dass Windräder im Wald in Thüringen ein ganz schwieriges Thema sind. Auch die vielen Holztransporte ärgerten einige Anwohner. Die Waldeigentümer sicherten zu, auch dafür Lösungen zu suchen.
Borkenkäfer ein großes Problem
Dass die Schweizer Eigentümer nun schnell ins Arbeiten kommen müssen, verdeutlichte Revierleiter Bernd Taubert. Er ist bereits seit über 50 Jahren im Zillbacher Forst aktiv. Die Schweizer haben sich seine Expertise gesichert und beschäftigen ihn auch nach dem Eigentümerwechsel weiter. "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand und müssen retten was noch zu retten ist. Wenn du Teile des Waldes siehst, dann bist du nah an der Depression, wenn du nicht ganz hartgesotten bist", verdeutlicht Taubert die Lage.
Dem Borkenkäfer entgegen stellt sich nun die Wald Plus GmbH, die die Bewirtschaftung übernimmt. Geschäftsführer Stefan Flückinger verbreitete allerdings Hoffnung. Er wolle mit modernster Technik, einem guten Plan und auch der Expertise der Einheimischen versuchen, den Wald zukunftsfähig aufzustellen. Die Fichte spiele dabei keine Rolle mehr, sie sei nicht zu retten, so Flückinger. Stattdessen sollen andere Baumarten wichtig werden, die besser an den Klimawandel angepasst sind.
Gekommen um zu bleiben
"Wir sind gekommen um zu bleiben. Und wollen das nicht gegen die Region tun", verdeutlichte Geschäftsführer Philipp Maeder nochmal zum Abschluss der Veranstaltung. Es sei ein langfristiges Projekt. Die Geschäftsführer rechnen mit weit über 30 Jahren, bis all das, was sie sich vorgenommen haben, auch wirklich wirksam wird.
Ganz so lange soll es nicht dauern, bis sich auch der Luchs im Zillbacher Forst heimisch fühlt, hofft zumindest der Naturschutzbund. Im Rahmen der Infoveranstaltung hat die CDR-Services Deutschland GmbH ein Zertifikat für einen Teil des Waldes erhalten.
Das 1.400 Hektar große Gebiet wurde als sogenannter Luchs-Wald ausgezeichnet. Der Wald bietet laut NABU optimale Voraussetzungen dafür, dass sich Luchse ansiedeln und wohlfühlen können. Mit der Anerkennung des Zertifikats verpflichtet sich der neue Eigentümer auch dazu, dafür zu sorgen, dass das so bleibt. Unter anderem dürfen laut NABU keine Chemikalien eingesetzt und im Bestand keine schweren Maschinen fahren.
MDR (dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 04. September 2024 | 19:00 Uhr
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