"Schmerz ist geil" 1.000 Hindernisläufer beim "Getting Tough - The Race" in Oberhof

14. August 2021, 20:55 Uhr

17 Kilometer auf der langen Strecke, 650 Höhenmeter und 60 Hindernisse: Rund 1.000 Extremsportler haben den Hindernislauf-Klassiker "Getting Tough" in Oberhof absolviert.

Sie lieben das Laufen, sie lieben Hindernisse und sie nehmen dafür Schmerzen in Kauf. Hindernisläufe muss man mögen. Die Starter beim "Getting Tough" lieben sie. In Oberhof trafen sich am Samstag die Liebhaber des Hindernislaufes zum "Getting Tough - The Race". Zum zweiten Mal gab es die kleine Sommer-Schwester des "großen" Getting Tough im Dezember in Rudolstadt. Mit tausend Startern war der Lauf ausgebucht - der bei den hohen Temperaturen nicht nur ein Kampf gegen die eigenen Grenzen, sondern auch eine Hitzeschlacht war. Fast unbegreiflich, wie man da mit guter Laune durchkommt.

Zwei Strecken standen zur Auswahl - neun und 17 Kilometer. Und die ganz Verrückten konnten sogar beide Strecken hintereinander unter die Füße nehmen. Die Mehrheit der Läufer entschied sich für die lange Strecke. 28 Prozent der Teilnehmer sind Frauen. Ein sehr guter Schnitt, sagt Organisator Markus Ertelt. Im Dezember in Rudolstadt gehen gerade mal zwölf Prozent Frauen an den Start. Er hofft, dass über Oberhof mehr Mädels den Mut haben, auch in Rudolstadt zu starten.

650 Höhenmeter und 60 Hindernisse

Die 17 Kilometer lange Strecke in Oberhof fordert den Hindernisläufern alles ab. 650 Höhenmeter. 60 Hindernisse. Das sind 15 mehr als im letzten Jahr. Am Ende wird sich das bei den Zeiten der Favoriten niederschlagen. Sie brauchen einige Minuten länger als im letzten Jahr. Die Hindernisse sind über die ganze Strecke verteilt, und das nicht nur im Wald. Eingebunden sind auch die Wintersportstätten: Schanzen, Biathlonstadion, Skihalle und die Bobbahn. Eine Qual der besonderen Art - und sie alle lieben es. Wichtig sei es, seinen Körper an die Grenzen zu bekommen, sagt da ein junger Mann im Quillt. Und darüber hinauszusteigen. Das sei es, was Spaß macht. Auch oft zu hören: "Geht nicht, gibt es nicht" und "wenn es weh tut, geht noch ein bisschen mehr." Auf die Frage, ob Schmerz geil sei, antworten alle mit "JA" und einem breiten Lachen im Gesicht. Es mache halt Spaß so.

Die meisten Männer, die hier an den Start gehen, sind tätowiert oder tragen Vollbart. Oder aber sie haben beides. Sie strotzen vor Kraft und guter Laune. Oft starten Gruppen gemeinsam. Der Zusammenhalt sei ein wichtiger Bestandteil des Sports. Einander über die Hindernisse zu helfen, sich anzufeuern und Mut zu machen, gehöre elementar dazu. Es ging über Wände. Es musste gehangelt werden. Es warteten eiskalte Tauchstationen. Wer ein Hindernis ausließ oder nicht korrekt durchlief, der musste Straf-Hockstreck-Sprünge absolvieren, und zwar gleich 15. Irgendwie ist es eben auch ein Spielplatz für Erwachsene.

Immer mehr Frauen dabei

Adrenalin und Testosteron lagen in der Luft in Oberhof. Dem Ruf des "Getting Tough“ folgen aber nicht nur Männer, sondern auch immer mehr Frauen. Eine davon - Carina Bungard aus Köln. Sie war zum ersten Mal in Oberhof dabei. Letztes Jahr beim "Getting Tough" in Rudolstadt wurde sie Zweite. Und zählte deshalb zu den Favoritinnen. Auf den Schnee in der Skihalle freute sie sich. Die Kälte liege ihr. Vor den Höhenmetern der Strecke hatte sie Respekt. Sie sei ja aus Köln und da ist es relativ flach. Aber es sei ja für alle die gleiche Strecke. Sie freut sich einfach nur drauf, sagte sie vorm Start.

So wie 107 andere Frauen auch im knapp 600 Teilnehmer starken Starterfeld auf der langen Strecke. Mitorganisator Alexander Rödiger, Silbermedaillengewinner im Vierer-Bob bei den Olympischen Spielen von Pyeongchang, machte den Läufern vorm Start nochmal Mut. Es seien deutlich mehr Hindernisse, war da zu hören. Die Strecke sei anspruchsvoller. Aber es gäbe bei der Hitze auch was zum Abkühlen. Einen Pool am Grenzadler. Charles Franzke, der Vorjahressieger, hatte ins Biathlon-Stadion ein eigens entworfenes Hindernis gebaut. Und auch Speerwerfen war dabei.

Wenn die Oberschenkel brennen...

Nicht zu vergessen die vielen, vielen Treppenstufen auf der Strecke, im Biathlonstadion und an den Schanzen. Allein im Kanzlersgrund waren es 720 am Stück. Schweißtreibend war das. Denn die Sonne brannte erbarmungslos. Es gab dort keinen Schatten. So mancher musste stehenbleiben - und das nicht, um die schöne Aussicht zu genießen. Aber man habe es schließlich so gewollt, sagen einige. Und versuchen sich ein Lächeln abzuringen. Eines ist klar, die Oberschenkel brennen - doch schon am nächsten Tag werden sie sich dafür lieben und stolz sein, das geschafft zu haben.

Kopf ausschalten und nach oben - das war Carina Bungards Motto. Zwei Drittel der Strecke waren am Treppenende oben an der Schanze geschafft. Und sie lag bereits in Führung bei den Frauen. Schon als Sieger im Ziel zu dieser Zeit war der Vorjahresdritte Christian Röttger nach einer Stunde und 25 Minuten, der Charles Franzke aus Saalfeld entthronte und auf Platz zwei verwies. Als Dritter kam Markus Meisgeier aus Zollgrün ins Ziel. Damit schafften es zwei Thüringer aufs Treppchen.

Nach einer Stunde und 47 Minuten kam Carina Bungard als erste Frau ins Ziel. Auf dem Weg nach oben in der Bobbahn lag sie noch auf Platz vier. Die anderen Mädels seien konstant gut hochgelaufen. Sie habe einfach nur versucht dran zu bleiben. Und das ist ihr gelungen, sogar mehr als das. Sie ist eine gute Läuferin, sagte die Zweitplatzierte Lena Weller. Und sie sei verdammt gut drauf derzeit. Ihre große Stärke seien aber die Hindernisse. Und deshalb habe sie verdient gewonnen, sagte Weller. Dritte wurde Lisa Helm. Übrigens auch am Start war der Wintersportnachwuchs vom Sportgymnasium Oberhof in Begleitung von Biathlet Philipp Horn.

Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 14. August 2021 | 19:00 Uhr

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