Bahnverkehr Kein ICE-Halt: Warum Ilmenau so schlecht angebunden ist
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22. November 2024, 05:00 Uhr
Es gibt Dörfer im ländlichen Raum, da freut man sich über jeden haltenden Bus. Und selbst viele mittelgroße Städte haben nur schlechte Anbindungen. Ein Beispiel dafür ist Ilmenau mit 40.000 Einwohnern. Das Dorf Neudietendorf bei Erfurt mit etwa 2.000 Einwohnern hat dagegen sehr gute Bahnverbindungen. Über diese Diskrepanz wundert sich ein Hörer von MDR AKTUELL. Warum ist Ilmenau so schlecht angebunden?
- Im Gegensatz zu Ilmenau profitiert Neudietendorf von seiner sehr guten Lage, denn das Dorf ist ein Knotenpunkt in Thüringen.
- Ilmenau hat mit seiner geografischen Lage Pech.
- Mit neuen Verbindungen für Ilmenau ist auch in Zukunft nicht zu rechnen.
Wenn Sie mit der Bahn ins Dorf Neudietendorf bei Erfurt wollen, ist das kein Problem. Von Leipzig aus fährt stündlich über Erfurt ein Regionalzug, Sie müssen nicht einmal umsteigen. Auch von Suhl oder Eisenach aus erreicht man Neudietendorf schnell und unkompliziert. Und mit einmal Umsteigen brauchen Sie mit dem ICE sogar nur etwa zwei Stunden, um zum Beispiel von Frankfurt am Main aus anzureisen.
Warum Neudietendorf so gut angebunden ist
Neudietendorf profitiert von seiner sehr guten Lage, erklärt Konstanze Gerling vom Thüringer Infrastrukturministerium. "Dort hält sämtlicher Nahverkehr, den wir in Thüringen haben. Das heißt, das ist ein Knotenpunkt."
Tatsächlich ist Neudietendorfs Lage top: in der Nähe von Erfurt, im flachen Thüringer Becken, direkt auf der wichtigen Ost-West-Städte-Bahntrasse Thüringens. All das führte dazu, dass die Gemeinde schon 1847 einen Bahnhof errichten ließ, als eine der ersten in Deutschland.
Endstation Ilmenau
Ganz anders ist es in der Universitätsstadt Ilmenau: Die Stadt hat lediglich eine stündliche und zu Stoßzeiten halbstündliche Bahnverbindung nach Erfurt. Denn Ilmenau liegt am Nordhang des Thüringer Waldes – und dort ist Endstation. Durch die Berge schlängelt sich nur die touristische Rennsteigbahn.
Ilmenau habe topografisches Pech, erklärt Olaf Behr vom Fahrgastverband Pro Bahn Thüringen. Nur eine Besserung sei für die Strecke Ilmenau-Erfurt in Sicht: "Das ist, dass Ende 2028 sogenannte Bemu-Fahrzeuge, batterieelektrische Fahrzeuge, fabrikneue Fahrzeuge, die Bedienung der Linie nach Ilmenau übernehmen werden. Da wird dann auch voraussichtlich noch die Frequenz der Regionalexpresse erhöht werden, sodass das Angebot qualitativ und quantitativ besser werden wird."
Welche Strecken im Nahverkehr wie oft angefahren werden, verantwortet in Thüringen das Landesamt für Bau und Verkehr, das dem Infrastrukturministerium unterstellt ist. Das Land hat jedoch keinen Einfluss auf die Hauptprobleme Ilmenaus: die nicht ausgebaute Strecke nach Süden, den fehlenden Bahnhalt für Regionalexpresse oder ICE. Dafür ist der Bund zuständig – und damit auch die Deutsche Bahn, die Streckenprojekte analysiert, plant und baut. Die Bahn lehnt jedoch ein Gespräch mit MDR AKTUELL ohne Angabe von Gründen ab.
Keine neuen Zugverbindungen für Ilmenau geplant
Besonders ernüchternd ist für Ilmenau, dass die große weite Welt stündlich an der Haustür vorbei rast: Denn in nur sechs Kilometern Entfernung verläuft die ICE-Schnellstrecke Berlin-München, auf der seit Kurzem zudem auch noch Regionalexpresse fahren. Ließe sich dort nicht ein Halt einrichten, ein kleiner Parkplatz und eine Busverbindung in die Stadt?
Das ginge schon, sagt Konstanze Gerling vom Thüringer Infrastrukturministerium. Aber: "Das ist mit so erheblichen Kosten verbunden, dass es volkswirtschaftlich nicht zu vertreten ist. Das Ganze würde ungefähr 17 Millionen Euro kosten. Wir haben dann eine Potenzialanalyse gemacht und das ergab ein Potenzial von 430 Ein- und Ausstiegen. Damit ist das Fahrpotenzial nicht erreicht worden."
Nach den Kriterien des Bundes sind Gerling zufolge aber täglich mindestens 1.000 Fahrgäste Voraussetzung dafür, dass ein neuer Bahnhalt gebaut wird. Für Ilmenau heißt das, so Olaf Behr von Pro Bahn: Neue Verbindungen seien auf lange Sicht nicht zu erwarten.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 22. November 2024 | 06:23 Uhr