Schule Thüringen soll neues Schulfach erhalten

29. Juni 2023, 10:39 Uhr

Thüringens Schulen sollen zukunftsfähig gemacht werden. Deshalb wurde die Thüringer Schulordnung in den vergangenen zwei Jahren überarbeitet. Den Entwurf hat Bildungsminister Helmut Holter am Mittwoch in Erfurt vorgestellt. Unter anderem soll "Medienbildung und Informatik" als neues Unterrichtsfach eingeführt werden.

In Thüringen soll mit "Medienbildung und Informatik" ein neues Unterrichtsfach eingeführt werden. Das sieht der Entwurf für eine neue Schulordnung vor, die Bildungsminister Helmut Holter (Linke) am Mittwoch in Erfurt vorgestellt hat. Demnach soll das Fach in allen allgemeinbildenden Schulen ab Klasse fünf zur Pflicht werden. Bis zur achten Klasse soll Medienbildung im Fokus stehen, danach Informatik.

Urteilsvermögen der Schüler soll gestärkt werden

Dabei geht es laut Holter nicht nur darum, wie die Technik funktioniert und programmiert werde. Wichtig sei auch, dass vermittelt werde, was etwa die Sozialen Medien und das Internet bieten und wie man damit umgehen kann. Gleichzeitig müsse das Urteilsvermögen der Schüler gestärkt werden.

Mehr Wahlmöglichkeiten für Schüler

Außerdem sollen Schüler in bestimmten Abschnitten ihrer Schullaufbahn mehr Wahlmöglichkeiten bekommen. Geplant ist, die Anzahl der Fächer von 19 auf 15 zu reduzieren. Wegfallen soll nach etwa die zweite verpflichtende Fremdsprache ab Klasse 7 an Haupt- und Realschulen. Um eine Wochenstunde reduziert wird auch der Sport.

Anders als bisher sollen Schüler bereits vor dem Wechsel in die zehnte Klasse entscheiden, welche Fächer sie fortführen wollen. Der Entwurf sieht vor, dass die Schüler je zwei Fächer aus dem naturwissenschaftlichen Bereich (Biologie, Chemie und dem künftig zusammengefassten Doppelfach Physik/Astronomie) sowie aus dem gesellschaftswissenschaftlichen Bereich (Sozialkunde, Geografie, Wirtschaft und Recht) wählen.

Außerdem sollen sie sich zwischen Kunst und Musik entscheiden. In der Abiturstufe wird neben Geschichte außerdem noch ein gesellschaftswissenschaftliches Fach Pflicht. Bisher konnten Schüler sich dafür freiwillig entscheiden.

Minister Holter: Unterricht kann vertieft werden

Durch mehr Wahlmöglichkeiten sinkt laut Bildungsminister Holter die Zahl der Fächer. Die Schüler würden deutlich entlastet, weil weniger Leistungsnachweise wie Hausaufgaben oder Leistungskontrollen erbracht werden müssten.

Die unterrichtete Stundenzahl in den Fachbereichen aber bleibt gleich. Dadurch könne der Unterrichtsstoff vertieft werden. Das stärke etwa auch die politische Bildung, so Holter.

Wechsel zwischen Schularten sollen leichter werden

Die Vielfalt der Schularten solle trotz neuer Schulordnung erhalten bleiben. Der Wechsel zwischen diesen solle aber erleichtert werden. Deshalb sollen etwa die Stundentafeln angeglichen werden. So bekommen etwa Geschichte und Sozialkunde in Haupt- und Regelschulen eine feste Stundenzahl - ebenso wie die Naturwissenschaften in allen Schularten. Dafür würden die bisher flexiblen Stunden, über die jede Schule individuell entscheiden konnte, aufgeteilt.

Die Anhörung im Landtag zum Entwurf für eine neue Thüringer Schulordnung startet am Freitag. Meinungen werden dabei eingeholt von Gewerkschaften, Verbänden und Bildungsexperten, ebenso von den Landeselternvertretern.

Danach wird der Entwurf vom Ministerium überarbeitet und rechtlich geprüft. Ziel ist, dass die neue Schulordnung im Schuljahr 2024/25 in Kraft tritt und dann schrittweise umgesetzt wird. Geplant ist, dass die fünften Klassen ab dem Schuljahr 2024/25 die ersten sind, die nach der neuen Schulordnung unterrichtet werden sollen. Eine Mehrheit benötigt die Thüringer Minderheitsregierung dafür nicht im Landtag, da es sich um eine Verordnung handelt.

Land will Lehrer für neues Fach weiterbilden

Für das neue Fach "Medienbildung und Informatik" sollen Lehrer vom Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (TILM) oder der Landesmedienanstalt fortgebildet werden. Auch will Minister Holter insbesondere für das Fach Informatik über Kooperationen mit Hochschulen zusätzliche Möglichkeiten schaffen, dass mehr Lehrer an Schulen unterrichten können. Holter erklärte zudem, dass nach den Plänen des Ministeriums deutlich mehr Sozialkunde-Lehrer gebraucht würden, dafür seien aufgrund der Spezialisierung in anderen Fächern weniger Lehrer nötig.

Viel Kritik und eine Zustimmung von anderen Parteien

Kritische Stimmen zu den Plänen kommen aus dem Landtag. Bei den Regierungsparteien SPD und Grüne ist man nicht glücklich mit der Behandlung des Fachs Sozialkunde. Kopfschütteln gibt es bei der CDU.

Die Verschmelzung von Physik und Astronomie hält Christian Tischner, der bildungspolitische Sprecher der Union, für einen Fehler und fürchtet Qualitätseinbußen, wie er MDR AKTUELL sagte: "Der Minister spricht zwar von fächerübergreifendem Unterricht, aber wenn dieses Argument tatsächlich tragend ist, könnte man auch Deutsch oder Mathematik abschaffen, weil in allen anderen Fächern auch gelesen oder gerechnet wird."

Die FDP würde die Neugestaltung der Schulordnung gern grundlegend anders angehen. Franziska Baum, die bildungspolitische Sprecherin der Gruppe, sagte MDR AKTUELL: "Was uns helfen würde, ist, wenn man über die ganze Stundentafel hinweg einfach mal zehn Prozent rausnimmt und es den Schulen freigibt." Diese Zeit, die Schulen normalerweise für alle Fächer eingeplant hätten, könnte für andere Formate oder Projekte genutzt werden.

FDP-Abgeordnete Franziska Baum
Die FDP-Abgeordnete Franziska Baum Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Zustimmung für die neue Schulordnung kam dagegen von der AfD: Bildungspolitiker Denny Jankowski zeigte sich grundsätzlich zufrieden mit der vorgeschlagenen Schulordnung. Vor allem begrüßte er, dass das Verfahren "nicht zum Spielball der Politik" geworden ist, weil das Bildungsministerium Empfehlungen von Fachlehrern als Grundlage verwendet habe und die Reform nicht noch durch den Landtag muss.

MDR (KB/JB/rom)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 28. Juni 2023 | 18:38 Uhr

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