Bildung Immer mehr Eltern in Thüringen klagen Wunsch-Schulplatz ein
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14. Oktober 2023, 12:21 Uhr
Weil Gymnasien und Gemeinschaftsschulen in Thüringen oft voll sind, werden viele Schulplätze verlost oder zugewiesen. Immer mehr Eltern wehren sich dagegen und klagen. Diese Entwicklung stellt Schulämter vor riesige Probleme.
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Eltern machen sich meist viele Gedanken, wenn es um die Auswahl der Schule für ihre Kinder geht - gerade beim Wechsel in Klasse 5. Es sollen die richtigen Weichen fürs Leben gestellt werden. Weil aber Gymnasien und Gemeinschaftsschulen rappelvoll sind, wird der Schulplatz verlost und Schulplätze werden zugewiesen.
Immer mehr Eltern wehren allerdings sich dagegen und ziehen vor Gericht. Sie bevorzugen eine andere Schule wegen des guten Rufes, weil dort schon Geschwisterkinder hingehen oder das Fächerangebot besser erscheint.
Zahl der Widersprüche steigt
Besonders auffällig ist der Anstieg der Widersprüche im Schulamt Mittelthüringen. Das betrifft Erfurt, Weimar, Sömmerda, Apolda und das Weimarer Land. Dort gab es laut Thüringer Bildungsministerium in diesem Jahr 119 Widersprüche. Das ist das Zehnfache im Vergleich zu 2017. "Das ist wirklich enorm viel und stellt uns alle vor riesige Probleme, denn die Schulen sind ja voll", heißt es aus dem Ministerium.
"In diesem Jahr sind in Erfurt 2.140 Schüler und Schülerinnen in Klassenstufe 5 gewechselt. Normalerweise schwanken die Schülerzahlen um 1.600", sagt Werner Ungewiss. Er leitet das Amt für Bildung in der Landeshauptstadt. "Das ist irre. Wir suchen bei anderen Schulträgern, fragen bei den freien Trägern nach. Wir suchen jeden Unterrichtsraum, den wir kriegen können."
In Ostthüringen kletterte die Zahl der Widersprüche gegen die zugewiesene Schule von sieben im Jahr 2018 auf 28 im Jahr 2022. Nur in Südthüringen ist die Zahl entgegen dem Trend zurückgegangen - von 16 auf fünf.
Anwaltskanzleien spezialisieren sich
Dass sich der Platz in der Wunschschule einklagen lässt, hat sich herumgesprochen. In Weimar, Erfurt und Sömmerda haben sich darauf inzwischen Anwaltskanzleien spezialisiert. Der Wechsel in Klasse 5 hat Eltern bis zum Verwaltungsgericht nach Weimar ziehen lassen.
Nach Gerichtsangaben gab es in diesem Jahr zwölf Eilverfahren. In zehn Fällen hat das Gericht zugunsten der Kläger entschieden. Vorläufig dürfen die Schüler und Schülerinnen ihre Wunschschule besuchen. Die Eilverfahren liegen nun beim Oberverwaltungsgericht.
Den Anträgen hat das Gericht mit der Begründung stattgegeben, dass es derzeit offen sei, ob die Antragsteller einen Anordnungsanspruch hätten. Insbesondere sei offen, ob die Festlegung der jeweiligen Aufnahmekapazitäten rechtmäßig ist. Die geltend gemachte Kapazitätserschöpfung sei nicht plausibel gemacht worden. Sie gehe aus den vorgelegten Akten und dem Vortrag des Antragsgegners nicht hinreichend hervor, hieß es im Eilverfahren.
Anforderungen und Erwartungen der Eltern haben sich geändert
Wie regeln das die Schulen? "Sie sind ohnehin schon voll. Und einfach mal noch zwei, drei Stühle in den Klassenraum stellen, geht nicht so einfach. Früher hat man schnell mal 28 Stühle ins Zimmer gepackt und das war's. Das geht heute nicht mehr. Es gibt ganz andere Anforderungen und Erwartungen der Eltern. Und das zu Recht. Die Bedingungen müssen heute so sein, dass die Kinder, die ganztags unterwegs in der Schule sind, die Bedingungen haben, die sie für ein erfolgreiches Lernen brauchen," sagt der Erfurter Behördenleiter Werner Ungewiß.
Ist die Wunschschule "ausgebucht", entscheidet das Los, wer den Platz bekommt. Thüringenweit betraf das nach Angaben des Thüringer Bildungsministeriums in diesem Jahr 24 Schulen. So gab es für die 42 Schulplätze in der Friedrich-Schiller-Gemeinschaftsschule in Erfurt 109 Anmeldungen. In der Jenaplan-Schule in Erfurt waren es 47 Anmeldungen auf 21 Plätze, die Gemeinschaftsschule in Sömmerda hatte neun Bewerbungen mehr als Plätze und die Kooperative Gesamtschule in Gotha beispielsweise hatte auf ihre 72 Plätze laut Statistik 87 Anmeldungen.
Es fehlt an Lehrern und Räumen
Mit den Klagen hatten die Eltern im Eilverfahren am Verwaltungsgericht Weimar in erster Instanz Erfolg, weil das Gericht unter anderem die Begründung, dass die Schulen voll sind, als nicht ausreichend begründet sah. Werner Ungewiß: "Für den Platz in einer Klasse gibt es tatsächlich keine Norm. Es gibt die Empfehlung des Bundesverbandes der Unfallversicherer. Die besagt, für jede Person, ob Schüler oder Lehrer, müssen im Klassenzimmer zwei Quadratmeter Platz plus sechs Quadratmeter Luft sein.
Wenn also die Klassen größer werden, weil die Kinder per Gerichtsbeschluss in ihre Wunschschule dürfen, müssen Klassen geteilt werden." Das sagt sich einfacher, als es umsetzbar ist, meint er: es fehlen Lehrer, es fehlen Räume, es fehlen Schulen - und die Zahl der Klagen gegen Schulplatzzuweisungen steigt kontinuierlich.
MDR (jn)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 13. Oktober 2023 | 18:05 Uhr
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