Susann Schmidt Endschütz
Susann Schmidt in den Trümmern der ausgebrannten Heimatstube. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Nach dem Feuer Das Rittergut Endschütz zwischen verbrannten Träumen und großer Hilfsbereitschaft

17. Oktober 2023, 14:20 Uhr

Ein Feuer hatte vor einer Woche die Heimatstube im Rittergut Endschütz zerstört. Susann Schmidt steht jetzt vor den Trümmern von 20 Jahren Arbeit mit Leidenschaft. Eine Geschichte von zerstörten Träumen, aber auch großer Hilfsbereitschaft.

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Es riecht immer noch sehr stark nach Rauch, wenn man das Rittergut Endschütz betritt. Die Scheune, in der das Feuer ausgebrochen war, ist abgesperrt, gerade ist ein Container für die verbrannte Einrichtung angekommen. "Das ist ja jetzt alles Sondermüll", sagt Gutsbesitzerin Susann Schmidt.

20 Jahre hatte sie in die Heimatstube investiert und jede Menge Herzblut. Möbel, seltenes Geschirr, alte, hölzerne Arbeitsgeräte und jede Menge passende Deko hatte sie gesammelt und in der Scheune aufgebaut. Es sah aus, als wären die Bewohner gerade kurz ausgegangen. Jetzt ist nichts davon geblieben.

Bilder vorher und nachher im Vergleich:

Quälende Erinnerung an den Brand

Bis heute kann Susann Schmidt nicht richtig schlafen. Zum einen, weil der Rauchgeruch bis in ihr Schlafzimmer zieht, zum anderen, weil sie sich an den Brand genau erinnern kann:

"Ich wollte gerade Gästen die Heimatstube zeigen, da habe ich den Rauch gerochen. Da war mir dann schon klar, dass hier etwas im Argen ist. Und als ich die Tür aufgemacht habe, war da eine riesige Rauchwand, alles war schwarz. Ich habe mir den erstbesten Feuerlöscher geschnappt und dann habe ich versucht zu löschen. Das hat natürlich gar nichts gebracht. Dann habe ich die Tür zugemacht und mich in Sicherheit gebracht".

Spuren eines Brandes in einem Dachstuhl
Hier, in der ehemaligen "Kutscherstube", ist nach Susann Schmidts Meinung das Feuer ausgebrochen. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Von unten hörte sie, wie die Fensterscheiben zersprangen, wie sich das Feuer schnell durch das Gebäude nach oben fraß. "Zum Glück wurde früher noch mit Brandmauern gebaut. Das und die Feuerwehr haben Schlimmeres verhindert. Ich bin allen Helfern so dankbar, aber vor allem, dass niemandem etwas passiert ist."

Schäden sind momentan nicht überschaubar

Wie hoch der Schaden ist, steht noch nicht fest. Die Polizei gab zunächst 50.000 Euro an, Susann Schmidt schätzt das Zehnfache. Bisher ist nicht einmal klar, ob das Gebäude noch stabil ist. "Ganz abgesehen von den Zeitzeugnissen, Dokumenten und Fotos von Endschütz, vom Rittergut, die unwiederbringlich sind. Das alles ist einfach verkohlt".

Die Exponate für ihr kleines Heimatmuseum waren ihr von den Menschen der Umgebung gespendet worden, vieles hatte sich auf dem Gut gefunden. In Endschütz gab es auch deshalb keine Öffnungszeiten. Jederzeit konnten Gäste kommen und das denkmalgeschützte und mit Preisen bedachte Rittergut besichtigen.

Susann Schmidt Endschütz
Das Rittergut ist immer geöffnet. Auch übernachten kann man hier. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Einsatz seit mehr als 20 Jahren

In der Laudatio zum Denkmalpreis hieß es damals: "Es gibt wenige vergleichbare Kulturdenkmale, wo das Original so kompromisslos erhalten und präsentiert wird. Das Denkmal wird im klassischen Sinn gelebt". Und das geht laut Susann Schmidt auch nicht anders: "Man hört den Herzschlag des Hauses nur, wenn man auf der Baustelle schläft."

Und das tut die couragierte Frau seit 2002. Seitdem erweckt sie das Ensemble nach und nach aus seinem Dornröschenschlaf. 2018 hatten wir sie schon einmal hier in Endschütz besucht, um über den Zauber des Ortes und ihre Motivation zu reden.

Brand wurde laut Polizei absichtlich gelegt

Als die Polizei dann von Brandstiftung sprach, war das für Susann Schmidt der nächste Schock: "Ich habe gedacht, die täuschen sich. Das geht in meinen Kopf und in mein Herz nicht rein. Ich wollte es nicht wahrhaben. Das kann einfach nicht sein. Wer macht denn das?

Das geht in meinen Kopf und in mein Herz nicht rein. Ich wollte es nicht wahrhaben. Das kann einfach nicht sein. Wer macht denn das?

Susann Schmidt

Aber auch ein Experte mit Spürhund bestätigte das Ergebnis schließlich. "Es gibt keine Zweifel mehr. Es war Brandstiftung, das ist schon heftig. Das tut weh, weil derjenige ja auch in Kauf genommen hat, dass Menschen Schaden nehmen."

Große Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft

Gleich in den ersten Tagen nach dem Brand kamen die Menschen, um nach Susann Schmidt zu sehen und zu helfen. Eine Nachbarin brachte ein selbstgebackenes Brot, eine andere nahm die Wäsche mit zum Waschen. "Hier war ja überall der Strom abgestellt wegen des Löschwassers."

Andere brachten Futter für die Tiere, eine Urlauberin half beim Ernten. Denn weil Frost angekündigt war, musste auch das Gemüse vom Feld. "Der Alltag macht ja keine Pause." Jetzt stehen die Obstkisten da, die auf die Saftpresse warten, das Holz für den Winter muss gespalten werden. "Aber dazu brauche ich erstmal einen Elektriker, der den Starkstromanschluss wieder instandsetzt."

Susann Schmidt Endschütz
Zwischen Telefonaten mit der Versicherung und hilfsbereiten Freunden bleibt keine Zeit zur Verarbeitung des Erlebten. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

So ist es auch mit den gespendeten Planen. Es fehlen Geräte und Handwerker, um sie anzubringen. "Ans Ausräumen ist noch gar nicht zu denken, aber auch da haben schon Nachbarn Hilfe angeboten." All das muss organisiert und koordiniert werden, Susann Schmidt weiß manchmal nicht, wo sie die Kraft dazu hernehmen soll.

An die Blumenzwiebeln, die sie noch vor dem Brand bestellt hatte, will sie gar nicht denken. "Es wäre so schön, wenn jemand käme, der mir die noch einbuddelt vor dem Winter!"

Zuspruch von allen Seiten

Auch die Denkmalschutzbehörde war kurz nach dem Brand vor Ort. "Die waren natürlich auch sehr geschockt und traurig und hatten mir auch Hilfe zugesichert, obwohl man ja auch weiß, dass die Denkmalschutzbehörde nicht im Geld schwimmt."

Eine enge Zusammenarbeit gibt es auch mit der Gemeinde. Geld hat die zwar auch nicht, aber alleine, dass der Bürgermeister hinter ihr steht, tut Susann Schmidt gut. "Er hat gesagt, ich kann ihn jederzeit anrufen und kontaktieren."

Mit Freunden und ehemaligen Gästen bleibt sie über die sozialen Medien in Kontakt, dort wurde auch eine Spandenaktion gestartet.

Susann Schmidt Endschütz
Ohne Hilfe hätte nicht einmal das Obst und Gemüse geerntet werden können. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Reizthema Versicherung

Ein Thema, das Susann Schmidt sehr beschäftigt, ist die Versicherung. "Ich weiß, dass ich unterversichert bin. Aber bei einem so großen Gut kann man nicht alle Gebäude wie Wohnhäuser versichern", sagt sie. Ihr bleibt nur die Hoffnung, dass ihre Versicherung einen gewissen Spielraum hat, den sie nutzen kann und auch aktiv danach sucht.

Kein Einzelfall, weiß Versicherungsmakler Constantin Graf von Faber-Castell aus Erfurt: "Die Versicherung von Gebäuden wie beispielsweise alten Bauernhöfen, Gutshäusern oder auch Denkmalobjekten ist nicht immer einfach".

Oft sei der bauliche Zustand so, dass Versicherungen häufig nur mit Ausschlüssen, Zuschlägen oder gar nicht versicherten. "Häufig sind diese Häuser im Besitz von Idealisten, die schon durch die Sanierung und Renovierung finanziell stark gefordert sind. Da kann eine passende Versicherungsprämie schnell schwierig werden. Die Folge ist dann leider eine Unterversicherung".

Spuren eines Brandes in einem Dachstuhl
Viele der Ausstellungsstücke hatten eher ideellen als materiellen Wert. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Den Kontakt zur Polizei hält hauptsächlich ihre Tochter - auch da fühlt sich Susann Schmidt gut betreut. "Aber meine Tochter macht sich ein bisschen Sorgen um mich. Was wäre, wenn der Brandstifter wiederkommt?"

Was sie macht, wenn der tatsächlich gefasst wird, weiß Susann Schmidt noch nicht. "Man kann ja nichts rückgängig machen. Es bleibt ja alles kaputt. Deshalb will ich jetzt gar nicht darüber nachdenken."

Pläne für die nahe und ferne Zukunft

Worüber sie allerdings sehr intensiv nachdenkt, ist der Weihnachstmarkt, der auf dem Rittergut schon Tradition ist und viele Fans hat. Ob er stattfinden kann, ist noch nicht klar. "Das Brandhaus steht ja direkt am Eingang. Solange das nicht gesichert ist, wäre das viel zu gefährlich für die Gäste", sagt Schmidt.

Jetzt hofft sie auf ein positives Urteil des Statikers, denn auch für ihre Urlaubsgäste ist das wichtig. "Jetzt haben natürlich erst einmal viele abgesagt. Wer will schon seine Hochzeit im Brandgeruch feiern?" Aber über den Gästebetrieb finanziert sie ihr Projekt.

Spuren eines Brandes in einem Dachstuhl
Jedes Teil, das noch zu retten ist, muss vom Ruß befreit werden. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Was sie allerdings außer einer Sicherung künftig mit dem ausgebrannten Gebäude machen will und kann, ist Susann Schmidt überhaupt noch nicht klar. "Vielleicht wird das auch ein Projekt für kommende Generationen." Auch auf dem Rittergut Endschütz hat der Tag schließlich nur 24 Stunden.



MDR (gh)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Kripo Live | 15. Oktober 2023 | 19:50 Uhr

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