Auf Tuchfühlung "Zwei zu Eins": Wie der neue Film mit Sandra Hüller und weiteren Stars in Gera gedreht wurde
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14. Juli 2024, 08:07 Uhr
Ein Film über eine Zeit, in der alles möglich schien. MDR-Redakteurin Kathleen Bernhardt über die Dreharbeiten in Gera für den neuen Film "Zwei zu Eins" mit Sandra Hüller und weiteren Schauspiel-Stars.
Wofür ich mein letztes Ostgeld ausgegeben habe? Wie viele wahrscheinlich - an den Abenden zuvor in der Disco. So viel war´s ja auch nicht, was vom Lehrlingsgeld übrig blieb.
Deutlich mehr Geld finden Maren, Robert und Volker im Sommer 1990 eher zufällig in einem Schacht. Bergeweise liegen dort Scheine mit den Bildern von Karl Marx oder Clara Zetkin. Geld ohne Ende. Natürlich nehmen die Drei mit, soviel sie tragen können. Gemeinsam mit ihren Freunden und Nachbarn entwickeln sie ein ausgeklügeltes System, um das inzwischen wertlose DDR-Geld in Waren zu tauschen. Was wie ein Märchen klingt, ist so ähnlich tatsächlich passiert.
Stars en masse - doch ohne uns Komparsen funktioniert kein Film
Eine irre Story, die die erfolgreiche Regisseurin Natja Brunckhorst als leichtes Sommerkino umgesetzt hat. Mit vielen Stars - wie der Oscar-nominierten Sandra Hüller, Ronald Zehrfeld, Martin Brambach, Olli Dietrich - und mit mir! Schließlich wohne ich in der Filmstadt Gera. Vor 25 Jahren drehte Erfolgsregisseur Volker Schlöndorff hier "Die Stille nach dem Schuss". Statisten wurden gesucht. Ich war dabei und habe auf einer "Brigadefeier" wohl zwei Stunden lang immer wieder tanzen müssen, als Frank Schöbel "Wie ein Stern" trällerte.
Spaß hat's trotzdem gemacht. Und auch in der Grimme-Preis-gekrönten Serie "Sam, ein Sachse" war ich als Statistin in verschiedenen Rollen wieder dabei. Dann die nächste Anfrage - ich sage zu und mach mich auf zur Kostümprobe. Offenbar wirke ich ziemlich autoritär. Denn ich bin - mal wieder - als Volkspolizistin unterwegs. Eine halbe Stunde versucht die Maskenbildnerin, eine runde Mütze auf meinen Locken zum Halten zu bringen. Nach zwanzig Haarklemmen und gefühlt einer Flasche Haarspray ist sie zufrieden. Ich sehe grässlich aus.
Ab ins Kostüm. Ich kann verstehen, warum die DDR-Polizisten oft so schlecht gelaunt guckten; Bluse, Rock und Jacke - alles original - kratzt und ist sackschwer. Schließlich sitzt alles - mit meiner Komparsennummer in der Hand werde ich fotografiert, damit's am Drehtag schnell nachgestylt werden kann.
Es ist ein warmer Sommerabend. Im Brückencafé in Gera-Untermhaus ist heute richtig Betrieb. Hm, der kommt mir bekannt vor? Ja! Ronald Zehrfeld, der Schauspieler. Genau so sympathisch, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Es lebe das Klischee. Dann kommt eine Frau mit einem Mädchen angelaufen. Vertraut, Hand in Hand. Lässig gekleidet. Die Leute an den Kneipentischen tuscheln. "Das ist doch die..." Ja, es ist die: Sandra Hüller. Zu der Zeit noch nicht Oscar-nominiert, aber doch schon ein Star. Sie lächelt kurz zu den Gästen, kümmert sich dann wieder ganz um das Kind.
Kittelschürzen für alle
Der nächste Morgen ist Drehtag. Als erfahrene Statistin weiß ich, das heißt vor allem: warten. Ich hab ein Buch dabei. Ungeschminkt mit wirren Haaren sitze ich im Zabel-Gymnasium, die Homebase des Drehteams in Gera. Wieder Haarklemmen, Spray und Polizeimütze, wieder ab ins kratzende Kostüm. Leute beobachten, lesen, warten.
Mit meinen "Polizeikollegen" laufen wir dann zur ehemaligen SED-Bezirksleitung am Hauptbahnhof Gera. Eine wahre Zeitreise. Original DDR-Fußbodenbelag, Tapete aus den 70ern. All das ist dort noch da. Unser Dreh heute: die Hauptdarsteller und ihre Hausgemeinschaft bewachen. Denn die Nummer mit dem Ostgeld ist inzwischen aufgeflogen.
Die Hausgemeinschaft wird auch von Statisten aus Gera gespielt. Dann kommen die Hauptdarsteller. Ronald Zehrfeld ruft ein launiges "Guten Morgen" in die Runde und plauscht über seinen neuen Ventilator, den er sofort in den Drehpausen einschaltet. Sandra Hüller kommt kurz vor Drehstart. Sie grüßt kurz und sitzt dann konzentriert in ihrer Rolle.
Weit über zehn Mal wird die Szene gespielt. Andere Kamera-Einstellungen, ein Text-Stolperer von Martin Brambach, mal wackelt ein Statist zu oft. Auch ich werde gerügt: Stillstehen! Auch wenn die Schuhe drücken.
Mittagspause. Die Garderobe verteilt Dederon-Kittelschürzen. "Falls ihr kleckert!" Es muss herrlich ausgesehen haben: Zehn Polizisten mit Kittelschürze vor ihrem Teller mit - natürlich - Nudeln und Tomatensoße.
Endlich alles im "Kasten"
Dann müssen wir die verhaftete Hausgemeinschaft zum Verhör führen. Lange Gänge, immer wieder eine Treppe rauf. Dann schnell vor rennen und wieder runter. Ich muss die kleine Tochter der Hauptdarsteller abführen. Ansatzweise kann ich mir vorstellen, wie sich DDR-Bürger in ähnlichen Situationen im wahren Leben gefühlt haben müssen. Dann haben wir endlich alles "im Kasten".
Beifall und viel Lob von der Regisseurin Natja Brunckhorst an alle Statisten. Die "Hausgemeinschaft" klatscht sich nochmal mit ihren Hauptdarstellern ab, macht Erinnerungsfotos. Der ganze Filmtross zieht weiter zum nächsten Drehort. Neben Gera wurde auch in einem Schacht bei Rothenstein im Saale-Holzland-Kreis gedreht - dort war das Lager der Millionen.
Am 14. Juli ist der Film in Jena und Erfurt zu sehen; am 25. Juli startet der Film dann bundesweit in den Kinos und natürlich auch im Metropol in Gera.
MDR (rom)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Nachrichten | 13. Juli 2024 | 18:00 Uhr
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