DDR-Oppositioneller Bürgerrechtler Ehrhart Neubert ist tot

18. November 2024, 13:38 Uhr

Der Pfarrer, Bürgerrechtler und Historiker Ehrhart Neubert ist tot. Wie seine Familie am Montag MDR THÜRINGEN mitteilte, starb der 84-Jährige am Sonntag in Limlingerode im Landkreis Nordhausen.

Bei der Verleihung des Point-Alpha-Preises des Kuratoriums Deutsche Einheit in der Gedenkstätte Point Alpha im thüringischen Geisa spricht Ehrhart Neubert vom Verein Bürgerbüro zu den Gästen.
Ehrhart Neubert starb am Sonntag im Alter von 84 Jahren. Bildrechte: picture-alliance/ ZB | Martin Schutt

Mitbegründer des Demokratischen Aufbruchs

Neubert wird 1940 als Sohn eines evangelischen Pfarrers in Herschdorf bei Ilmenau geboren. Er wächst in Großbehringen und Sonneberg auf. Neubert studiert Theologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Danach ist er unter anderem Studentenpfarrer in Weimar.

Selten habe ich eine so fruchtbare Verbindung von wissenschaftlicher Expertise und seelsorgerischem Dienst im Gemeindepfarramt erlebt wie bei Ehrhart Neubert.

Christine Lieberknecht Ehemalige Thüringer Ministerpräsidentin und Pfarrerin

Ab den 1970er-Jahren engagiert sich Neubert in verschiedenen oppositionellen Gruppen, die unter Beobachtung der Staatssicherheit stehen. Während der Friedlichen Revolution 1989 gehört er zu den Mitbegründern des "Demokratischen Aufbruchs". Dieser zählt zu mehreren Gruppen, die zunächst die DDR reformieren und demokratisieren wollten.

Im Dezember 1989 konstituiert sich der "Demokratische Aufbruch" als Partei. Als deren Vertreter sitzt Neubert am Zentralen Runden Tisch der Parteien und Bürgerbewegungen der DDR in Berlin. Dieser beeinflusst vom Dezember 1989 bis zur Volkskammerwahl im März 1990 die Politik der Regierung Modrow maßgeblich.

Gregor Gysi und Wolfgang Schnur 1990 bei einer Sitzung des Zentralen Runden Tisches der Parteien und Bürgerbewegungen der DDR
An der Sitzung des Zentralen Runden Tisches im Berliner Schloss Niederschönhausen am 22. Januar 1990 nahmen für die SED-PDS deren Vorsitzender Gregor Gysi (links) teil, daneben Wolfgang Schnur, Vorsitzender des "Demokratischen Aufbruch", und Ehrhart Neubert (rechts) ebenfalls als Vertreter der Partei. (Archivbild) Bildrechte: picture-alliance/ZB/Peter Zimmermann

"Geschichte der Opposition" ist Standardwerk

Im Januar 1989 verlässt Neubert den "Demokratischen Aufbruch", arbeitet in mehreren Untersuchungskommissionen und Initiativen mit. Ab 1997 ist er Fachbereichsleiter in der Abteilung Bildung und Forschung beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Sein Buch "Geschichte der Opposition in der DDR 1949 - 1989" ist bis heute ein Standardwerk für die Forschung und Bildungsarbeit.

Lieberknecht: Leidenschaftlicher Kämpfer für Freiheit

Die ehemalige Thüringer Ministerpräsidentin und Pfarrerin Christine Lieberknecht würdigte Neubert als einen zeitlebens leidenschaftlichen Kämpfer für Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit.

Christine Lieberknecht
Von Oktober 2009 bis Dezember 2014 war Christine Lieberknecht Ministerpräsidentin in Thüringen. Bildrechte: picture alliance / epd-bild | Christian Ditsch

"Selten habe ich eine so fruchtbare Verbindung von wissenschaftlicher Expertise und seelsorgerischem Dienst im Gemeindepfarramt erlebt wie bei Ehrhart Neubert", sagte die CDU-Politikerin. Mit seinen Beiträgen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur habe er Maßstäbe gesetzt.

Die Trauerfeier für Ehrhart Neubert findet am 29. November in der Kirche in Limlingerode statt.

MDR (jan/kuk/sar/co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 18. November 2024 | 14:00 Uhr

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