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Tierschutzprojekt Der Alternative Bärenpark in Worbis ist kein Tierpark - Anlage soll vergrößert werden
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23. Oktober 2020, 16:39 Uhr
Der Name ist Programm: Der Alternative Bärenpark setzt sich in erster Linie für Bären ein. Für Wölfe und Luchse macht er sich ebenfalls stark. "Alternativ" nennt er sich, weil die hier lebenden Bären und Wölfe aus schlechten Haltungen stammen. In den Freigehegen finden sie hier ein neues, tiergerechtes Zuhause. Hier dürfen sie eine natürliche Umgebung nutzen. Hier können sie das Gelände erkunden, sich verstecken, Höhlen graben, baden oder sich zur Winterruhe zurückziehen.
Etwa 350 bis 400 Bären leben heute noch in Deutschland. Alle in Gefangenschaft. Doch während einige in Betonkäfigen im Zoo dahin vegetieren, leben andere naturnah in Tierschutzprojekten. Eines davon ist der Alternative Bärenpark in Worbis.
Er liegt am Ortsrand von Leinefelde-Worbis im thüringischen Eichsfeld. In der fünf Hektar großen Freianlage leben Bären, Wölfe und verschiedene andere Tierarten. Der Park entstand ab 1996 durch die Initiative der "Aktion Bärenhilfswerk" auf dem Gelände des ehemaligen kommunalen Tierparks. Der Alternative Bärenpark in Worbis versteht sich selbst als Tier-, Natur- und Artenschutzprojekt. Derzeit ist eine erhebliche Vergrößerung der Anlage geplant.
Innerhalb des Areals entwickeln sich Freiflächen und Wald vom Menschen weitgehend unbeeinflusst. Es gibt Gewässer, die die Bären gerne zum Baden aufsuchen. Die Mitarbeiter betreten die Anlagen normalerweise nicht. Das Futter wird über den Zaun geworfen und es gibt auch keine festen Futterplätze- oder zeiten. Parksprecher Christopher Schmidt: "Wir lehnen jegliches Trainieren der Tiere ab. Sie sollen sich ihr Futter suchen, ihre Wildtierinstinkte wiederfinden."
Vorbereitung auf die Winterruhe
Etwa 160 bis 200 Kilo Futter braucht man hier täglich. Bären sind übrigens zu 80 Prozent Vegetarier. Derzeit gilt es, sich mit Nüssen, Bucheckern und Obst genug Fett für die Winterruhe anzufressen. Die Bären haben auch schon angefangen, ihre Höhlen herzurichten. Allerdings gibt es dabei große Unterschiede, wie Christopher Schmidt erzählt: "Das ist sehr individuell, der eine mag lieber eine große Höhle, der andere eine kleine. Manche sind mehr gepolstert, als andere. Das ist eigentlich wie bei uns Menschen."
Ehemalige Zirkusbären tun sich übrigens schwer damit, weil sie es ja nie gelernt haben. Pardo beispielsweise ist ein 18-jähriger ehemaliger Zirkusbär, der auf der Todesliste in Spanien stand. Er wurde in der Ukraine in einem Zirkus geboren und dann von einem freischaffenden Ehepaar international in verschiedenen Shows durch Europa geführt. Pardo wurde aus Spanien gerettet und lebt jetzt im Bärenpark Worbis. Mittlerweile ist er fast blind. Für seine Winterruhe nutzt er meist alte Höhlen seiner "Mitbewohner", da er Probleme damit hat, sich selbst eine zu bauen.
Seit einem Jahr mit neuer Leiterin
Seit Oktober 2019 wird der Park von der Verhaltensbiologin Sabrina Schröder aus Sondershausen geleitet. Seitdem hat sich einiges geändert. Der Bärenpark versteht sich als Tierschutzprojekt, nicht als Tierpark. Es gibt mehr pädagogische Angebote, kindergerechte Führungen. Aber auch ganze Projekttage sind möglich. Und das kommt bei den Schülern gut an.
Mitte Oktober beispielsweise waren die Klassen 7 A und B der Staatlichen Regelschule Lindenberg/Eichsfeld aus Berlingerode im Park und haben sämtliche Wege vom Laub befreit. Und zwar im Rahmen ihres "Aktivtages für die Region".
Die Freianlagen im Bärenpark sind in Teilareale unterteilt, um Tiere im Fall des Falles von einander trennen zu können. Jeweils ein Teilbereich pro Park ist als sogenannte "Seniorenresidenz" für alte und gebrechliche Bären vorgesehen, die hier, von den anderen Tieren unbehelligt, bis zu ihrem Lebensende besonders betreut werden.
Und es gibt Bereiche, die auch für die Besucher nicht zugänglich sind. Lediglich über eine Kamera kann man dort die Tiere beobachten, über einen Monitor im Bären-Bistro.
Problem: Keine öffentlichen Gelder
Finanzieren muss sich der Bärenpark übrigens selbst. Anders als Zoos oder Tierparks gibt es keine öffentlichen Gelder. Christopher Schmidt: "Das ist ziemlich verquer, zumal wir dann die Problem-Fälle aus den staatlich subventionierten Einrichtungen aufnehmen".
Immer wieder bekommt der Park Hinweise auf schlechte Haltung. Zuletzt sind so Ronja und Raik nach Worbis gekommen. Die Wolfshybriden stammen aus einer privaten Haltung und leben nun seit Mai 2020 im Park. Nach einer Eingewöhnungszeit leben sie seit Oktober im Freigehege.
Christopher Schmidt führt das auf ein grundsätzliches Umdenken zurück: "Der Tierschutz ist in der Gesellschaft angekommen. Es geht dabei nicht um große Aktionen, sondern Alltägliches. Wie ich mich ernähre, beispielsweise. Bei Tierquälereien geht es ja vor allem ums Geld. Ich als Konsument habe es also in der Hand, etwas zu ändern."
"Problembär" Bruno und seine Artgenossen
Bereits im Mittelalter wurden Europäische Braunbären in schwer zugängliche Gebiete zurückgedrängt. 1835 erlegten Jäger den "letzten deutschen Braunbären" bei Ruhpolding in den Bayerischen Alpen. Rund 170 Jahre später hielt sich erstmals wieder ein Braunbär in Deutschland auf: Bruno.
Von Biologen als JJ1 bezeichnet, war Bruno im Frühjahr 2006 aus den italienischen Alpen bis ins Grenzgebiet Österreich-Bayern gewandert. Er riss Haustiere und ließ sich in der Nähe menschlicher Siedlungen blicken. Bruno wurde zunächst früh zum Abschuss freigegeben, ein Entschluss, den man jedoch auf Druck der Öffentlichkeit wieder zurückzog. Die erfolgten Versuche, den Bären lebend zu fangen, stellte man nach drei Wochen ein. Am 26. Juni wurde Bruno in der Nähe des Spitzingsees erschossen.
Geschichte des Bärenparks
Die Wurzeln des Alternativen Bärenparks liegen in einer Tierstation, die 1955 in Kallmerode eröffnet wurde. Zweck der Station war die Aufnahme verletzter und gefundener elternloser Wildtiere. Mit der Zeit entstand durch die Anschaffung weiterer Tiere ein kleiner Tierpark. Wegen ungünstiger Lage des Parks wurde der Tierbestand 1959 an die nahegelegene damals noch selbständige Kreisstadt Worbis übergeben. Von 1964 bis 1990 nahm der Tierpark weitere Arten auf, unter anderem auch Wölfe und Bären. Mit den Bären wurde auch Zucht betrieben, da man mit den Bärenbabys einen Besuchermagnet schaffen konnte.
Mit der Grenzöffnung 1989 nahm das Besucherinteresse ab. Seit 1990 verringerten sich die Einnahmen aus Eintrittsgeldern und die finanzielle Unterstützung durch die Stadt Worbis. Aus diesen Gründen entschied der Stadtrat Worbis 1996, den Tierpark an einen neuen Träger zur Errichtung eines Alternativen Bärenparks zu übergeben. Die erste Bärenfreianlage wurde am 31. Mai 1997 offiziell eröffnet und von den ersten drei Bären bezogen.
Im Jahr 2004 wurde für den weiteren Betrieb des Bärenparks die "Stiftung für Bären" gegründet. Das zweite Projekt wurde 2009 im Schwarzwald in Bad Rippoldsau-Schapbach eröffnet.
Andere tierische Mitbewohner und "Attraktionen"
Auf einem kleinen nachgebauten Bauernhof werden neben Kleintieren die vom Aussterben bedrohten Haustierarten Thüringer Waldziege und Leineschaf gehalten. In einer 250 Quadratmeter großen Voliere können die Besucher durch Schwärme von Rosenköpfchen, Nymphensittichen und Wellensittichen spazieren.
Auf einem Bärenlehrpfad kann sich der Besucher über die Lebensweise, aber auch über die Missbräuche von Bären weltweit informieren. Ein Service- und Informationszentrum in Form eines Panorama-Pavillons wurde 2008 fertiggestellt. Ergänzt wird das ganze durch ein kleines Bistro.
Quelle: MDR THÜRINGEN
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