Christian Stadali Seit vielen Jahren Wahlvorstand: "Die Wahl ist irgendwie das Hochamt der Demokratie"
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18. Mai 2024, 13:12 Uhr
Seit er das erste Mal bei einer Wahl Beisitzer war, hat er keine mehr ausgelassen. Seit vielen Jahren ist Christian Stadali inzwischen Chef eines Wahllokals in Weimar. Warum er das macht, worauf es dabei ankommt und weshalb er es allen Thüringern empfiehlt, hat er MDR THÜRINGEN berichtet.
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- Warum jede Wahl für Christian Stadali etwas Besonderes ist
- Wie die ehrenamtliche Arbeit im Wahllokal genau abläuft
- Wie man unverhofft zum Auszählen verpflichtet werden kann
- Wie Christian Stadali noch mehr Leute zum Wählen bringen will
Er bezeichnet Wahlen als "eines meiner Hobbys". Wann genau Christian Stadali zum ersten Mal als Beisitzer im Wahllokal saß, kann er nicht sagen. Aber er weiß noch, dass er es großartig fand: "Ich hatte einen total netten Chef, der ist im Brotberuf Nachtwächter in einem Hotel und der hat das total gut, total ruhig gemacht. Wir hatten gute Laune, es war richtig professionell." Damit fing alles an, denn an diesem Abend beschloss Stadali, dass er auch Wahlvorsteher werden will.
"Sein" Wahllokal ist das im Johannes-Landenberger-Förderzentrum in Weimar. Laut Stadali ist es das "sympathischste, schönste, freundlichste Wahllokal der Stadt".
Er findet wichtig, dass es barrierefrei ist, nicht nur für Kinderwagen, sondern auch für Rollstühle. Denn viele der Wählenden kommen aus dem Pflegeheim um die Ecke. "Da war schon der eine oder die andere mit 100 Jahren dabei, das ist immer besonders toll."
Mit Gummibärchen für Kinder und Erstwähler
Als er noch ein Kind war, erinnert sich Stadali, hat man sich am Wahltag ordentlich angezogen und ging dann wählen. "Das ist schon so ein bisschen das Hochamt der Demokratie." Und in Weimar beobachtet er, dass die meisten Menschen, die wählen kommen, zumindest freundlich und aufgeschlossen sind.
Das Wahllokal-Team freut sich über alle, die ihre Stimme abgeben. Und die Wähler sollen das auch spüren. Da gibt es Gummibärchen für die Erstwählerinnen und Erstwähler, natürlich auch für die Kinder, die ihre Eltern begleiten.
Die Stadt spendiert Blumen für die Geburtstagskinder und wenn das viele sind, ist das Wahllokal auch richtig bunt am Morgen. "Wählen muss Spaß machen. Wir wollen ein sympathisches, freundliches Wahllokal sein, wo die Leute wirklich gerne hinkommen", so Stadali.
Wählen muss Spaß machen. Wir wollen ein sympathisches, freundliches Wahllokal sein, wo die Leute wirklich gerne hinkommen.
Wenn am Morgen das Wahllokal öffnet, haben die Wahlhelfenden allerdings schon eine ganze Menge Arbeit hinter sich. Zunächst gibt es für alle vorab eine Schulung. Denn die Abläufe der Wahl und die Stimmzettel muss man erstmal durchschauen, damit man sie später bei Fragen erklären kann.
Vorbereitungen im Wahllokal beginnen schon am Samstag
Der Wahlvorstand muss dann bereits am Samstag in die Stadtverwaltung alle Unterlagen holen. Wählerlisten, Stimmzettel, Blumen, auch das Erfrischungsgeld fürs ganze Team. "Dann müssen wir die Räume einrichten. Da werden wir zum Glück unterstützt vom Hausmeister. Auch die Stimmzettel müssen als Muster ausgehängt werden."
Der Wahlsonntag startet dann um 7:15 Uhr, erzählt Stadali. Das Team arbeitet in zwei Schichten, mittags wird gewechselt. Kurz vor 18 Uhr sind dann alle wieder da, damit das Auszählen der Stimmen pünktlich beginnen kann.
Auszählung der Stimmen bis in die Nacht
Wie lange das dauert, kann er allerdings nicht genau sagen. Denn es hängt unter anderem davon ab, wie viele Wahlen gleichzeitig stattfinden. "Wenn ich in einem Ortsteil von Weimar bin, dann wählen sie den Oberbürgermeister und den Stadtrat und den Ortsteilbürgermeister oder die Ortsteilbürgermeisterin und den Ortsteilbeirat. Das sind vier Wahlen, die müssen eine nach der anderen ausgezählt werden, und das zieht sich."
Aber auch dann ist noch nicht Schluss. Alle Unterlagen müssen eingepackt und in die Stadtverwaltung gebracht werden. Dort wird alles nochmal geprüft. "Da wir aber mehr Wahlbüros haben als Menschen, die uns dort sozusagen in Empfang nehmen, heißt es manchmal auch Schlange stehen."
Wir freuen uns immer, wenn wir so zum Tatort-Ende fertig sind.
Die längste Wahl, von der er weiß, hat bis 4 Uhr morgens gedauert. "Das war aber nicht bei uns. Wir freuen uns immer, wenn wir so zum Tatort-Ende fertig sind."
Jeder kann zum Auszählen herangezogen werden
Im äußersten Notfall hat der Wahlvorstand übrigens eine ganz besondere Befugnis, erzählt Christian Stadali: "Wenn er meint, es gibt nicht genug Leute zum Auszählen, dann kann er jeden x-beliebigen Bürger im Wahlbüro 'verhaften', nach 18 Uhr mitzuzählen."
Generell ist die ehrenamtliche Arbeit im Wahllokal nicht immer "Dienst nach Vorschrift". Wenn man beispielsweise die Wahlbenachrichtigung oder den Personalausweis vergessen hat, wird man nicht automatisch unverrichter Dinge nach Hause geschickt. Denn wenn jemand im Wahlvorstand die Person kennt und sie in der Liste steht, darf sie trotzdem wählen.
Fast niemand wird von der Wahl ausgeschlossen
"Meistens haben Studierende ihre Wahlbenachrichtigung nicht, und zwar immer die, die in WGs leben. Dann heißt es immer 'bis gestern hing sie am Kühlschrank, ich weiß nicht, wer die weggemacht hat'. Und auch die dürfen dann wählen."
Nicht wählen dürfen dagegen Menschen, die zu betrunken sind, sagt Stadali. "Aber es kam auch schon morgens um 8 Uhr der eine oder andere angeheitert vom Feiern vom Vorabend, da muss man abwägen". Auch Motto-T-Shirts mit Botschaften parteipolitischer Art sind, wie jegliche Propaganda, nicht zugelassen.
Wertschätzung für diejenigen, die wählen gehen
Wenn es nach Stadali ginge, würden unter allen Wählern Reisen verlost oder Tablets. Anhand der Listen sieht man ja, wer gewählt hat. "Das geht aber irgendwie wohl nicht. Man darf nicht damit locken. Ich verstehe nicht ganz genau, warum."
Warum stellt sich der Schulförderverein nicht am Wahlsonntag vor die Schule?
Aber er würde gerne für noch mehr gute Laune sorgen. Oft befinden sich die Wahllokale in Schulen. "Also warum stellt sich der Schulförderverein nicht am Wahlsonntag vor die Schule? Ein bisschen Kuchen anbieten, ein bisschen Kaffee ausschenken, macht Werbung für seinen Verein und für die Schule."
"Mit Konzentration ist das gut machbar"
Alles in allem kann Christian Stadali nur jedem raten, im Wahllokal mitzuarbeiten. Von den Wahl-Schulungen weiß er, dass daran völlig verschiedene Menschen Spaß haben. "Vom Schüler bis zur Rentnerin, und zwar echt viele, die das auch schon ewig machen aus einer Selbstverpflichtung raus. Alle Berufsstände sind dabei, ein ganz demokratischer Mix."
Und alle, die er selbst überreden konnte, dabei zu sein, teilen inzwischen seine Freude daran. "Ich kann nur dazu einladen, das zu machen. Und gibt ja auch dieses sogenannte Erfrischungsgeld. Da sind dann zwischen 40 und 70 Euro, je nach Kommune. Da kann man dann abends noch einmal schon Essen gehen."
Ich kann nur dazu einladen, das zu machen.
Allerdings nicht am Wahlabend, denn da haben die Wahlhelfer lange zu tun und sind danach sicher auch zu müde, um noch irgendetwas zu unternehmen.
MDR (gh)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 18. Mai 2024 | 18:00 Uhr
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