Ein Mann sitzt mit Laptop an einem Tisch.
Lukas Rothe ist seit Dezember 2023 der neue Bürgermeister von Gebesee. Bildrechte: MDR/Sophie Hartmann

Ehrenamt und Politik Neues Stadtoberhaupt in Gebesee: Der Bürgermeister, der keiner sein wollte

17. Februar 2024, 11:50 Uhr

Nach dem plötzlichen Tod des Gebeseer Bürgermeisters wollte sich niemand für den Posten aufstellen lassen. Die Einwohner wählten daraufhin ihren Wunschkandidaten ins Rathaus. Doch obwohl Lukas Rothe eigentlich nie Bürgermeister werden wollte, nahm er die Wahl an.

Gegen 18 Uhr kommt Lukas Rothe von einem langen Arbeitstag aus Erfurt wieder. Der 39 Jahre alte hauptberufliche Bank-Mitarbeiter hat aber noch lange keinen Feierabend. Im Bürgermeisterbüro von Gebesee wartet noch viel Papierkram auf ihn. Immerhin stehe an diesem Abend keine Ausschuss- oder Stadtratssitzung an, sagt er. An den meisten Tagen ist Lukas Rothe erst zwischen 21 und 22 Uhr zu Hause.

Viel Freizeit bleibt da nicht. Besonders Freunde und Familie müssen aktuell hinten anstehen. Auch für Auftritte mit seiner Blaskapelle hat der Hobbymusiker kaum noch Zeit. "Da gucke ich schon mit einem weinenden Auge drauf", sagt er. Dennoch habe er gewusst, was auf ihn zukommt. Für Gebesee nimmt er es in Kauf.

Bürgermeister-Wahl wider Willen

Aber zurück zum Anfang. Im August 2023 erhalten die Bewohner der Kleinstadt im Landkreis Sömmerda eine traurige Nachricht: Plötzlich und unerwartet ist ihr Bürgermeister Roland Koch (parteilos) verstorben. Übergangsweise übernimmt sein Beigeordneter Lukas Rothe die Aufgaben. Von Beginn an stellt er aber klar: Für den ehrenamtlichen Posten wird er nicht kandidieren. Dafür fehle ihm schlicht die Zeit.

Bis zur Wahl findet sich aber auch kein weiterer Interessent. Am 3. Dezember 2023 müssen die Gebeseer daher ihre eigenen Vorschläge auf den Wahlzettel schreiben. Ganze 67 Prozent wünschen sich Lukas Rothe. Gerührt von dem großen Vertrauen und der Unterstützung des Ortes, lässt der sich dann doch erweichen - und nimmt die Wahl an.

Die ersten Herausforderungen

Noch bevor er offiziell vereidigt wird, kommt der erste große Schlag für den jungen Bürgermeister: Das Etikettenunternehmen "All4Labels" schließt in diesem Jahr voraussichtlich sein Werk in Gebesee. Rund 200 Mitarbeiter sind betroffen. Nach diesem Schock muss sich der engagierte Lukas Rothe auch mit dem Sanierungsstau im Ort beschäftigen. Fast überall fehle Geld, bemerkte der 39-Jährige. Schnell habe er lernen müssen, dass viele seiner Ideen nicht so einfach umsetzbar sind, wie er es sich gewünscht hat.

Wenige Kandidaten im ländlichen Raum

Lukas Rothe ist eher schüchtern. Er wirkt wie das absolute Gegenteil einer Person, die sich nach Macht und Einfluss sehnt. "Manche Menschen streben da ja richtig hin", sagt er, "Doch ich bin ehrlich gesagt jemand, der lieber im Hintergrund ist. Ganz vorne zu stehen, ist überhaupt nicht meins". Die Gebeseer aber schätzen genau das an ihm. Er sei genau der Richtige für den Job, weil er den Ort liebe und allen Menschen mit dem gleichen Respekt begegne, heißt es in Gebesee.

Wir sehen es als unsere Hauptaufgabe an, diese Bürgermeister so gut es geht in sämtlichen Lagen zu unterstützen und zu beraten.

Carsten Rieder Gemeinde- und Städtebund

Wie die meisten Bürgermeister kleinerer Ortschaften arbeitet Lukas Rothe komplett ehrenamtlich. Dass sich im ländlichen Raum aus diesem Grund nur schwer Kandidaten für den Posten finden, ist laut Gemeinde- und Städtebund keine neue Erscheinung. Auch, dass die Einwohner sich zusammentun und einen Wunschkandidaten wählen, sei nicht unüblich, sagt Verbandsgeschäftsführer Carsten Rieder. "Wir sehen es als unsere Hauptaufgabe an, diese Bürgermeister so gut es geht in sämtlichen Lagen zu unterstützen und zu beraten". Mit Lukas Rothe stehe er in Kontakt. Für das Engagement des jungen Mannes habe Carsten Rieder größten Respekt.

Bürgermeister will Transparenz

Als Gebesees neuer Bürgermeister hat sich Lukas Rothe vor allem ein großes Ziel gesteckt: So transparent wie möglich sein. "Auch wenn ich weiß, dass das viel von dem kostet, was ich eigentlich nicht habe, nämlich Zeit: Mir ist es wichtig, den Gebeseern immer meine Entscheidungen zu erklären", sagt er. "Zum Beispiel, warum bereits angekündigte Investitionen erstmal hintenan gestellt werden müssen".

Was er auf jeden Fall verhindern wolle, sei Politikverdrossenheit im Ort. Auch das habe ihn dazu bewegt, die Wahl - wenn auch etwas widerwillig - anzunehmen. Den Wünschen der Einwohner müsse Gehör geschenkt werden, findet er - damit sie auch das nächste Mal wieder zur Wahlurne gehen.

MDR (cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 17. Februar 2024 | 18:00 Uhr

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