Zukunft des Lehramts? Universität Erfurt: Mit dualem Studium gegen Lehrermangel an Thüringer Regelschulen
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07. Dezember 2023, 05:00 Uhr
Mit der Einführung eines dualen Studiengangs für angehende Regelschullehrer schafft die Universität Erfurt ein bisher einzigartiges Angebot. Das Studium verspricht nicht nur eine praxisnahe Ausbildung, sondern könnte auch eine Antwort auf den akuten Lehrermangel sein.
Nur ein Jahr soll es dauern, bis die Studenten das erste Mal vor einer Klasse stehen. So früh wie möglich sollen sie praktische Erfahrungen sammeln und die Dinge lernen, die sich im Hörsaal nur schwer bis gar nicht vermitteln lassen. Mit der Idee will die Universität Erfurt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, erklärt Professor Gerd Mannhaupt, Vizepräsident für Studienangelegenheiten und Direktor der Erfurt School of Education.
Thüringer Regelschulen in der Krise
"Wir stellen seit vielen Jahren fest, dass die Schulen ihren Bedarf an Lehrern nicht mehr abdecken können." Besonders gravierend sei die Situation an den Regelschulen, so Mannhaupt. "Da brennt die Hütte. Die stehen nicht nur mit dem Rücken zur Wand, sondern die stehen in der Wand und können grad noch Luft holen".
Erschwerend komme hinzu, dass sich die wenigsten angehenden Lehrer für ein Regelschullehramt entscheiden. Das soll sich nun ändern. Mit dem dualen Studium soll den Regelschulen nicht nur früh neues pädagogisches Personal zur Verfügung gestellt, sondern das Lehramtsstudium insgesamt attraktiver gemacht werden.
Drei Tage Hörsaal, zwei Tage Klassenzimmer
Acht Bachelor- und zwei Mastersemester sieht die Studienordnung vor. Im ersten Jahr besuchen die Studenten mit den anderen Lehrämtern die regulären Vorlesungen und Seminar. Ab dem dritten Semester sind sie für zwei Tage pro Woche in der Schule. Zunächst hospitieren sie im Klassenzimmer. Bald drauf sollen sie aber auch selbst unterrichten. Unterstützend werden ihnen dabei jeweils zwei erfahrene Lehrerinnen oder Lehrer zur Seite gestellt.
An den restlichen drei Wochentagen stehen universitäre Begleitkurse auf dem Stundenplan. Unter Supervision sollen die Studenten dort ihre Unterrichtserfahrungen gemeinsam besprechen und auswerten. "Dafür beabsichtigen wir, allen Studenten eine Videokamera zur Verfügung zu stellen, damit sie sich auch selber im Unterricht aufnehmen können."
Betreuung als Schlüsselfaktor
Der Thüringer Lehrerverband (tlv) befürwortet den dualen Ansatz. Vorsitzender Tim Reukauf weiß noch aus seiner eigenen Lehrerausbildung: "Studierende wünschen sich mehr Praxis." Nach fünf Jahren Theorie-Studium seien die ersten praktischen Erfahrungen an einer Schule für viele angehende Lehrer erst mal ein Schock.
Nicht selten kommt es dann sogar zu einem Studienabbruch. "Natürlich braucht es auch die theoretische Hintergrundinfos", so Reukauf, "doch das, was man tagtäglich als Rüstzeug für den Lehrerberuf braucht, lernt man am besten in den Praxiseinheiten."
Doch es gibt einen Haken, findet der tlv-Vorsitzende: Und der liegt in der Betreuung. Dass für jeden Studenten zwei Mentoren vorgesehen sind, wird zunächst eine personelle Mehrbelastung an den Schulen zur Folge haben. Je schneller sich der Student aber in der Klassensituation zurechtfindet, desto früher kann er selbstständig unterrichten. "Wenn dieser Plan aufgeht, kann es für die Personalsituation langfristig zu einer echten Entlastung werden", denkt Reukauf.
Erster Jahrgang soll 2024 starten
Ob der Effekt tatsächlich eintrifft, das muss sich nun zeigen. Die Universität Erfurt ist die Erste in ganz Deutschland, die das Experiment wagen will. Das Interesse sei bereits jetzt auf allen Seiten groß, freut sich Professor Gerd Mannhaupt. Mit diversen Schulen laufen demnach bereits Kooperationsverhandlungen.
Reguläre Lehramtsstudenten würden ihn schon jetzt fragen, ob sie zur dualen Version wechseln können. Bereits im Wintersemester 2024 soll es losgehen. Dann sollen die ersten 50 Studienanfänger an den Start gehen.
MDR (jn)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 06. Dezember 2023 | 18:00 Uhr
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