Landgericht Erfurt Aussage im Prozess gegen "Masken-Richter": Gelöschte E-Mails und verschwundener PC
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13. Juli 2023, 16:29 Uhr
Ein Familienrichter aus Weimar hatte in der Corona-Pandemie mit einer umstrittenen Entscheidung an der Maskenpflicht im Unterricht gerüttelt. Deshalb steht er gegenwärtig wegen Rechtsbeugung selbst vor dem Erfurter Landgericht. Im Zeugenstand sagte am Donnerstag ein Polizist aus und sprach unter anderem von gelöschten Dienst-E-Mails des Juristen.
Im Prozess gegen einen Weimarer Familienrichter am Landgericht Erfurt hat ein Polizist von den Ermittlungen im Fall berichtet. Der Polizist sagte am Donnerstag, bei einer Durchsuchung bei dem Richter sei lediglich ein Laptop gefunden worden, dessen Betriebssystem erst einen Tag vor der Durchsuchung neu aufgespielt worden sei. Durch ein neues Betriebsystem sind mögliche alte Inhalte auf der Festplatte ohne größeren Aufwand vorerst nicht mehr lesbar.
Der Inhalt anderer gefundener Datenträger lege deshalb nahe, dass der Richter nicht nur mit diesem Rechner gearbeitet haben könne. Einen weiteren Rechner habe die Polizei aber weder bei der ersten noch bei der zweiten Durchsuchung sicherstellen können, so der Polizist.
Polizist: Richter muss mehr Computertechnik gehabt haben als bei Durchsuchung entdeckt
Der nun als Zeuge vernommene Polizist war federführend mit den Ermittlungen gegen den Familienrichter betraut. Nach seinen Angaben vor Gericht wurde bei der Wohnungsdurchsuchung des Richters unter anderem ein USB-Stick gefunden, auf dem Daten zu finden waren, die bis ins Jahr 2010 zurückreichen. Das sei aus seiner Sicht ein Beweis dafür, dass der Richter mit mehr Technik gearbeitet habe, als bei dem Mann sichergestellt worden sei, so der Polizist.
Ermittlungsergebnis: Richter löschte Dienst-E-Mails
Zudem berichtete der Polizist, bei den Ermittlungen sei festgestellt worden, dass der Richter in seinem dienstlichen E-Mail-Postfach alle vor dem 9. April 2021 empfangenen oder gesendeten Nachrichten gelöscht habe. Seinen Beschluss hatte der Richter am 8. April 2021 an die Geschäftsstelle des Amtsgerichts Weimar übergeben. Dem Landesrechenzentrum sei es später allerdings gelungen, die gelöschten Nachrichten wiederherzustellen, sagte der Polizist. Mehrere von ihnen zeigten, dass sich der Richter in den Wochen vor dem Erlass seines Beschlusses mit anderen über seine Pläne ausgetauscht habe.
Weimarer Familienrichter abermals des Dienstes enthoben
Der Richter war vor wenigen Tagen vom Richterdienstgericht des Landgerichts Meiningen erneut seines Amtes enthoben worden. Bereits im Januar hatte das Gericht ihn nach Angaben eines Sprechers vorläufig suspendiert. Gegen diese Entscheidung hatte der Mann Beschwerde eingelegt. Das Thüringer Oberlandesgericht gab dieser Beschwerde aus formalen Gründen statt, sodass über die Suspendierung erneut entschieden werden musste.
"Masken-Richter" kippte Mundschutz-Gebot für zwei Schüler in Weimar
Im April 2021 hatte der Familienrichter mit einem von ihm verfassten Beschluss verfügt, dass Kinder an zwei Schulen in Weimar im Gegensatz zum damals geltenden Hygienekonzept des Thüringer Bildungsministeriums keine Corona-Masken im Unterricht tragen müssten. Seine Entscheidung ist durch Folgeinstanzen inzwischen aufgehoben worden. Er war für derartige Entscheidungen gar nicht zuständig.
Die Staatsanwaltschaft Erfurt wirft dem Richter Rechtsbeugung vor. Er habe seit mindestens Februar 2021 versucht, ein Verfahren "zu generieren", mit dem er gegen die damals geltenden Regeln zur Maskenpflicht und Corona-Tests habe vorgehen wollen, heißt es in der Anklage. Zum Prozessbeginn hatte der Jurist die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bestritten. Die Strafverfolgungsbehörde habe in ihrer Anklage zahlreiche unzutreffende Behauptungen aufgestellt, sagte er.
MDR (ls)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 15. Juni 2023 | 19:00 Uhr