Juni 2023: Polizei entfernt illegal ausgesetzte Cannabis-Pflanzen in der Clara-Zetkin-Straße in Erfurt.
Polizisten bei der Entfernung der Cannabis-Pflanzen der Clara-Zetkin-Straße in Erfurt Bildrechte: Alexander Reißland

Nachgefragt Das wuchernde Cannabis von Erfurt: Was bisher bekannt ist

20. Juni 2023, 19:00 Uhr

Die mehr als 5.000 Cannabis-Pflanzen in der Erfurter Innenstadt beschäftigen nicht nur der Polizei. Auch das Gartenbauamt ermittelt. Kriminelle Absichten werden derzeit zwar nicht ausgeschlossen, gelten aber als eher unwahrscheinlich.

Als sich am vergangenen Freitag Polizeibeamte in Erfurter Clara-Zetkin-Straße als Gärtner befleißigten und etwa 5.400 Cannabis-Planzen aus dem Grünstreifen entfernten, erregte das thüringenweit großes Aufsehen. Wie zuvor die Hanfpflanzen den Seitenstreifen der "Grünen Clara" überwucherten, schossen nun die Kommentare ins Kraut. Neben jeder Menge witziger Bemerkungen häuften sich aber auch Fragen - die wichtigsten beantworten wir hier.

Warum ermittelt die Polizei überhaupt?

Laut der Erfurter Polizeisprecherin Julia Neumann ist bisher noch nicht klar, ob es sich bei den Pflanzen um Nutz- beziehungsweise Industriehanf handelte oder sich die Pflanzen tatsächlich zum Drogenkonsum geeignet hätten. Die polizeilichen Ermittlungen bleiben von dieser Frage aber unberührt. "Auch der Anbau von Nutzhanf ist strafbar, wenn keine Erlaubnis zum Anbau vorliegt", so Neumann.

Dementsprechend ist es für die Ermittlungen auch irrelevant, ob es sich um männliche oder um die für die Drogenproduktion entscheidenden weiblichen Pflanzen handelte. Denn beides steht ohne Erlaubnis unter Strafe.

Was sagt ein Schnelltest über den THC-Gehalt aus?

Laut Bundeslandwirtschaftsministerium ist in Industriehanf ein THC-Gehalt von bis zu 0,3 Prozent erlaubt. Ob der THC-Gehalt in den Pflanzen an der Clara-Zetkin-Straße darüber lag und somit strafbar im Sinne des Bundesbetäubungsmittelgesetzes war, ist bisher nicht ermittelt worden. Ursprünglich hatte die Polizei davon gesprochen, dass die strafrechtliche Relevanz gegeben gewesen sei, was auch MDR THÜRINGEN entsprechend berichtet hatte.

"Den genauen THC-Gehalt kann ein Schnelltest nicht bestimmten", erklärt Neumann. Der Test zeige allerdings an, ob der entsprechende Wirkstoff überhaupt vorhanden ist. Da dies der Fall gewesen sei, liege hier der Anfangsverdacht eines illegalen Anbaus von Betäubungsmitteln vor.

Gewissheit darüber könnte nur eine aufwendige Laboruntersuchung bringen. Dieses wird derzeit aber noch ausgesetzt, da sowohl die Konzentration der Pflanzen in den Beeten als auch der schwache Geruch auf Industriehanf hindeuten. Zunächst soll geprüft werden, ob der Hanf versehentlich ins Beet gelangt sei.

Saatgut, Vogelfutter, Blumenerde - wurde der Hanf unabsichtlich ausgebracht?

Schon kurz nach dem Bekanntwerden der ungewollten Grasplantage in der Erfurter Innenstadt vermuteten viele, dass der Hanf aus Versehen ins Beet gekommen sei. "Nach bisherigen Ermittlungen kann eine Saatgutverunreinigung nicht ausgeschlossen werden", erklärt Neumann.

Selbiges gilt für die Blumenerde, die vom Erfurter Gartenamtsleiter Sascha Döll als mögliche Quelle ins Spiel gebracht wurde. Gegenüber der "Thüringer Allgemeinen" erklärte er, dass eine Substrat-Lieferung aus dem Buga-Jahr 2021 verdächtig sei. Diese sei auch an der Gera-Aue ausgebracht worden, wo es ebenfalls einen Cannabis-Wildwuchs gegeben hatte.

In manchen Vogelfutter-Mischungen sind harmlose Hanfsamen enthalten, die etwa bei Finken, Spatzen und Ammern besonders beliebt sind.

Gartenamtsleiter Sascha Döll

Viele Kommentatoren in den Sozialen Netzwerken verwiesen auch auf die Möglichkeit, dass der Cannabis mit Vogelfutter verstreut worden sein könnte. Döll hält das für realistisch. "In manchen Vogelfutter-Mischungen sind harmlose Hanfsamen enthalten, die etwa bei Finken, Spatzen und Ammern besonders beliebt sind", so Döll.

Wie geht es mit den Ermittlungen weiter?

Zusammen mit dem Erfurter Gartenbauamt versucht die Polizei derzeit zu klären, ob die Buga-Blumenerde ursächlich für den Cannabis-Wuchs gewesen ist. "Sollte sich dieser Verdacht nicht bestätigen, wird die Polizei die Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts des illegalen Anbaus von Betäubungsmitteln weiter vorantreiben", sagt Neumann. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Haft.

MDR (ask)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | THÜRINGEN JOURNAL | 16. Juni 2023 | 19:00 Uhr

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