Ein fertiges und ein entstehendes Wohnhaus an einer Wohnungsbaustelle in Erfurt.
Bauplaner, Ingenieure und Architekten beklagten auf dem Thüringer Bautag unter anderem ausufernde Auflagen etwa für Brandschutz und Umwelt. Bildrechte: MDR/Jonathan Rupp

Wohnungsbau Trotz Zinssenkung: Thüringer Bauindustrie rechnet mit Talsohle erst 2026

09. November 2024, 12:56 Uhr

Der Thüringer Wohnungsbau bleibt das Sorgenkind der Baubranche. Dabei schrecken aber nicht nur die stark gestiegenen Baukosten dem Bauverband zufolge viele Investoren ab.

Die kriselnde Thüringer Bauindustrie rechnet erst 2026 mit einem Durchschreiten der Talsohle. 2025 werde für die Branche noch einmal ein schwieriges Jahr, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen, Burkhard Siebert, zum Thüringer Bautag in Erfurt.

Sorgenkind bleibe vor allem der Wohnungsbau, bei dem kurzfristig keine Belebung in Sicht sei. Zwar habe sich für Häuslebauer und Investoren das Zinsniveau wieder etwas verbessert, allerdings seien die Baukosten stark gestiegen. Inzwischen müssten im Neubau für einen Quadratmeter inklusive Grundstück mit Kosten von bis zu 4.000 Euro gerechnet werden. Das seien rund 30 Prozent mehr als noch vor drei Jahren, sagte Siebert.

Wir bauen jeden Tag Bürokratie in Größenordnung auf und verbrennen Geld, das nicht in der Baubranche ankommt.

Burkhard Siebert Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Hessen-Thüringen

Baubranche weicht auf Aufträge von Land und Kommunen aus

Kritisch sieht der Verband auch die von Kommunen vorgegebenen Quoten für Sozialwohnungen beim Neubau. "Wir blockieren damit regelrecht den Wohnungsbau", sagte Siebert. Auf der anderen Seite stünden im ländlichen Raum in Thüringen rund 37 Prozent der Wohnungen leer.

Angesichts der schwierigen Lage im Wohnungsbau habe die Baubranche in diesem Jahr besonders auf Infrastrukturinvestitionen von Land und Kommunen gesetzt. Die Investitionssummen etwa im Straßen- und Tiefbau und der Städtebauförderung seien in diesem Jahr stabil. Angesichts der derzeitigen unsicheren Haushaltslage im Bund und im Freistaat werde jedoch mit Sorge auf das kommende Jahr geblickt.

Ausufernde Auflagen als Kostentreiber kritisiert

Bauplaner, Ingenieure und Architekten beklagten auf dem Thüringer Bautag zudem ausufernde Auflagen etwa für Brandschutz und Umwelt, die Genehmigungsprozesse extrem verzögerten. "Wir bauen jeden Tag Bürokratie in Größenordnung auf und verbrennen Geld, das nicht in der Baubranche ankommt", sagte Siebert dazu.

Fast 50 Prozent weniger neue Wohnungen in Thüringen

Die Zahl neugebauter Wohnungen ist auf einem neuen Tiefstand. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes genehmigten die Behörden von Januar bis September in Thüringen den Bau von rund 1.100 Neubauwohnungen. Das ist die niedrigste Zahl seit Beginn der Auswertungen 1995. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sank die Zahl um knapp 42 Prozent. Auch bei den genehmigten Wohnheimplätzen ging die Zahl zurück. Bis Ende September wurden insgesamt 52 Wohnungen für Wohnheime registriert.

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage habe die Thüringer Bauindustrie mit etwa 25.200 Beschäftigten und rund 3,6 Milliarden Euro Jahresumsatz bislang weitgehend Entlassungen verhindern können, betonte der Verbandsgeschäftsführer.

Der Verband rechne auch im kommenden Jahr mit keinem Stellenabbau, da die Betriebe angesichts des Fachkräftemangels versuchten, ihr Personal zu halten.

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MDR (gh)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 07. November 2024 | 18:00 Uhr

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