Plenarsitzung des Thüringer Landtags.
Plenarsitzung des Thüringer Landtages (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / Jacob Schröter

Politik 13 Milliarden Euro: Thüringer Landtag beschließt Haushalt für 2023

22. Dezember 2022, 20:45 Uhr

Seit Donnerstagmorgen hat der Thüringer Landtag über den Landeshaushalt für 2023 beraten. CDU, AfD und FDP kritisierten das Zahlenwerk, Rot-Rot-Grün verteidigten es. Nun sind die Rekordausgaben beschlossen worden.

Thüringens Haushalt für das Jahr 2023 mit Rekordausgaben von fast 13,1 Milliarden Euro ist am Donnerstagabend vom Landtag beschlossen worden. Vorausgegangen war eine etwa zehnstündige kontroverse Diskussion im Parlament. Der Etat, für den das Land einen Teil seiner finanziellen Rücklagen auflösen muss, erhielt nur die Stimmen der rot-rot-günen Minderheitskoalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow. Die CDU-Fraktion ließ den Haushalt passieren, indem sie sich wie angekündigt der Stimme enthielt. AfD, FDP sowie eine fraktionslose Abgeordnete stimmten dagegen.

Auf den Etatentwurf hatte sich die rot-rot-grüne Minderheitskoalition in wochenlangen Verhandlungen mit der oppositionellen CDU verständigt. Das Gesamtvolumen liegt bei etwa 13 Milliarden Euro. Neue Schulden werden nicht gemacht, aber mehrere hundert Millionen aus der Rücklage des Landes genommen.

Voigt: Regierung unterstützt Kommunen zu wenig

In der Generaldebatte warf CDU-Fraktionschef Mario Voigt der rot-rot-grünen Koalition vor, in ihrem im Sommer vorgelegten ersten Haushaltsentwurf die Interessen der Kommunen zu wenig berücksichtigt zu haben. Auf deren Forderungen nach Unterstützung wegen steigender Kosten unter anderem durch die Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine habe die Landesregierung "nach Gutsherrenart" reagiert, sagte er. Zudem würden vor allem die kleinen Gemeinden, in denen die Mehrzahl der Einwohner Thüringens lebe, nicht angemessen finanziell vom Land unterstützt. Die CDU habe dafür gesorgt, dass vor allem im Bereich der Krisenvorsorge für die Bürger und Unterstützung für die Kommunen "Reparaturen" am Haushalt vorgenommen worden seien.

Die CDU hatte in den vergangenen Wochen Druck auf Koalition und Landesregierung ausgeübt, ihre Forderungen aufzugreifen. Hintergrund ist, dass die Koalition auf Stimmen aus anderen Fraktionen angewiesen ist, da sie nicht über eine eigene Mehrheit verfügt. Mitte Dezember hatte man sich dann auf einen Kompromiss geeinigt. Voigt kündigte aber nun in der Haushaltsdebatte an, dass sich die CDU-Fraktion bei der Abstimmung enthalten werde. Das, was die Koalition mit dem Haushalt auf den Weg gebracht habe, sei nicht zukunftsweisend.

Dittes wirft CDU "Schlingerkurs" vor

Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Steffen Dittes, warf der CDU vor, sich ihrer Verantwortung für das Land zu entziehen. Der Haushalt sichere die Arbeitsfähigkeit des Staates und setze Gestaltungsimpulse, sagte er. Dittes warf der Unionsfraktion einen "Schlingerkurs" vor. Die CDU-Abgeordneten im Haushaltsausschuss hätten dem Entwurf zugestimmt, sagte er.

Auch habe die Union "Fake News" verbreitet mit ihrer Behauptung, die Landesregierung plane eine Milliarde Euro mehr an Ausgaben für "Bürokratie". Tatsächlich seien diese geplanten Ausgaben für zusätzliche Zahlungen an Kommunen, zusätzliche Investitionen, zusätzliches Geld für Krankenhäuser und Digitalisierung im Gesundheitsbereich sowie für die Finanzierung von Tarifsteigerungen. Allein für die Kommunen seien 155 Millionen Euro zusätzlich vorgesehen.

AfD spricht von "linksextremen Umerziehungsprojekten"

Der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Björn Höcke, sprach von "linksextremen Umerziehungsprojekten" und utopischer Klimapolitik und "Fehlanreizen für Sozialzuwanderung nach Thüringen", die mit diesem Haushalt umgesetzt würden. Verantwortlich dafür sei die CDU, die als Oppositionspartei versagt habe. Alle Anträge der AfD zum Haushalt seien abgelehnt worden, daher werde sie dem Haushalt nicht zustimmen.

Bjoern Hoecke
AfD-Fraktionschef Björn Höcke (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Höcke sagte weiter, die AfD wolle "die staatliche Ideologieproduktion" in Thüringen und die "unsinnige Klimapolitik" beenden und Thüringen als "Zielland für illegale Sozialmigration so unnattraktiv wie möglich machen". Er warf der rot-rot-grünen Koalition unter anderem vor, Schulden nicht zu tilgen, obwohl dies eigentlich geplant gewesen sei.

Kritik an CDU auch von SPD

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Matthias Hey, kritisierte die CDU unter anderem dafür, bei der Finanzierung des Landesprogramms für Demokratie kürzen wollen. Deutschland und Thüringen erlebten derzeit nicht nur eine Energiekrise, sondern auch eine Krise der Demokratie. Da sei es keine gute Idee, bei solchen Landesprogrammen sparen zu wollen. Er habe den Eindruck, bei ihren Änderungen im Etat habe die CDU es oft darauf angelegt, Punkte zu treffen, "die Rot-Rot-Grün besonders weh tun".

Überraschung beim Demokratieprogramm

Diese geplante Kürzung von 400.000 Euro beim Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit wurde im letzten Moment dann aber rückgängig gemacht. Die rot-rot-grüne Minderheitskoalition reichte einen entsprechenden Antrag ein, der überraschend eine Mehrheit fand. Bei der CDU hieß es, von ihren Abgeordneten würden krankheitsbedingt einige fehlen. Die CDU wollte eigentlich erreichen, dass das Geld an die Volkshochschulen geht.

Matthias Hey sitzt 2019 vor der Sitzung des Thüringer Landtages im Plenarsaal.
SPD-Fraktionchef Matthias Hey (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Bodo Schackow

FDP: Regierung handelt unverantwortlich

FDP-Gruppensprecher Thomas Kemmerich sprach von "keinem guten Geschenk" für die Thüringer zu Weihnachten. Es sei unverantwortlich, dass die Landesregierung eine Milliarde Euro mehr ausgeben wolle, als das Land aus Steuern und anderen Zuwendungen einnehme. Kemmerich bezog sich auf den Plan, die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben vor allem aus den Rücklagen des Landes zu decken. Skandalös sei, dass sich Rot-Rot-Grün und CDU in ihren Kompromissgesprächen nicht auf Kürzungen bei den Ausgaben geeinigt hätten, sondern auf noch mehr Ausgaben.

Grüne: Kommunen und andere brauchen Planungssicherheit

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, sagte, eine Verabschiedung des Haushaltes noch in diesem Jahr sei wichtig, um Kommunen, Institutionen, Vereinen, Verbänden und Unternehmen Planungssicherheit für das nächste Jahr zu geben. Sie kritisierte FDP und CDU dafür, sich Gesprächen mit den Koalitionsfraktionen verweigert zu haben. Kürzungsvorschläge der CDU hätten vor allem darauf abgezielt, Geld für Demokratie- und Bildungsprojekte zu streichen.

Versöhnliche Töne von Taubert

Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD) schlug versöhnliche Töne an. Man respektiere, wenn sich Abgeordnete durch Stimmenthaltung eine Verabschiedung des Haushaltes möglich machen wollten. Die Landesregierung bemühe sich sehr darum, dass die Kommunen auskömmliche Finanzen hätten.

Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD)
Finanzministerin Heike Taubert (SPD) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Martin Schutt

Der Haushalt für 2023 sieht Ausgaben von 13,07 Milliarden Euro vor. Diese Ausgaben sind nicht vollständig durch Einnahmen gedeckt. Taubert sprach von einer Lücke von 770 Millionen Euro. Diese soll laut Plan durch entsprechende Entnahmen aus den Rücklagen des Lands geschlossen werden. Ursprünglich waren für die Tilgung von Schulden 158 Millionen Euro vorgesehen. Dabei handelt es sich um einen Teil der Kredite, die für das Corona-Hilfsprogramm des Landes aufgenommen worden waren. Diese Tilgung war laut Taubert in den Kompromissverhandlungen mit der CDU gestrichen worden.

MDR/dpa (dr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 22. Dezember 2022 | 19:00 Uhr

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