27. Januar 1945 Holocaust-Gedenktag: Thüringen erinnert an Opfer des Nationalsozialismus
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27. Januar 2023, 20:25 Uhr
Vor 78 Jahren, am 27. Januar 1945, wurden die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz befreit. Auch Thüringen hat der Opfer des Nationalsozialismus mit mehreren Veranstaltungen gedacht.
Mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen haben Politiker, Vereine und andere Initiativen am Freitag an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Im Thüringer Parlament gab es am Vormittag eine Gedenkstunde. Vize-Landtagspräsidentin Dorothea Marx (SPD) sagte, Rassismus, Antisemitismus und die Verfolgung Homosexueller hätten nach dem Zweiten Weltkrieg nie aufgehört. "Sie fordern immer noch Opfer", stellte sie fest.
Marx regte auch die Einführung jüdischer Feiertage in Thüringen an. "Denn ich verstehe nicht, warum religiöse gesetzliche Feiertage auf christliche Religionen beschränkt sind", sagte Marx am Freitag im Landtag. Das sei ein "ganz persönlicher Vorschlag" von ihr. Am Rande der Veranstaltung erläuterte sie, dass jüdische Feiertage früher Bestandteil des Alltags in Deutschland gewesen seien. "Da wusste jeder, was los ist an Jom Kippur oder Rosch ha-Schana." Inzwischen sei das aber nicht mehr so, sagte Marx, die auch SPD-Abgeordnete im Parlament ist. Ihrer Meinung nach könnten gesetzlichen Feiertage die Vielfalt der Religionen ausdrücken.
Gedenken ohne Überlebende
Am 27. Januar 1945 hatten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet. Seit 1996 wird das Datum in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen. An vielen Orten wurden am Freitag zur Erinnerung Kränze niedergelegt. Auch in der Gedenkstätte Buchenwald war am Freitag eine Kranzniederlegung geplant.
Erstmals fand die Gedenkstunde zum 27. Januar im Thüringer Landtag ohne die Anwesenheit von Überlebenden statt, wie Marx in ihrer Rede bemerkte. "Wie wollen wir ohne Euch die Erinnerungen wach halten?", fragte sie und versprach: "Wir werden Demokratie und Menschenrechte verteidigen und schützen gegen die Renaissance von Rassismus, Hass und Ausgrenzung."
Sie gedachte auch der im vergangenen Jahr verstorbenen KZ-Überlebenden. Wenige Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine war im März 2022 der Überlebende des Konzentrationslagers Buchenwald, Boris Romantschenko, im Alter von 96 Jahren bei einem russischen Angriff auf sein Wohnhaus in der ostukrainischen Stadt Charkiw getötet worden.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bezeichnete den Schwur von Buchenwald als einen untrüglichen Leitfaden politischen und gesellschaftlichen Handelns. Zugleich wies er darauf hin, dass inzwischen Generationen aufwuchsen, deren Großeltern weder den Krieg noch die Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus aus eigener Anschauung erlebt hätten. Die Zeugnisse der Überlebenden seien von entscheidender Bedeutung. "Unsere Erinnerungskultur muss mit einer Kultur des Handelns verknüpft werden, die über rein symbolische Handlungen hinausweist und echte Veränderungen in unserer Gesellschaft bewirkt", sagte Ramelow.
Ausstellung "Rosa Winkel" im Landtag
Im Thüringer Landtag wurde am Freitag eine Ausstellung mit dem Titel "Rosa Winkel. Als homosexuell verfolgte Häftlinge in den Konzentrationslagern Buchenwald und Mittelbau-Dora" eröffnet. Ramelow sagte, dass das Schicksal der Männer und Frauen, die aufgrund ihrer Homosexualität durch das NS-Regime verfolgt wurden, lange keinen Platz in der Erinnerungskultur gehabt habe. Dies sei beschämend. "Es waren vor allem Schwulen und Lesben selbst, die allen Widerständen zum Trotz ein ehrenvolles Gedenken an diese Opfergruppe sich erstreiten mussten", sagte der Linke-Politiker. Es sei auch ihr Verdienst, dass "unsere Erinnerungskultur zur NS-Diktatur heute vielfältiger ist".
700 Männer wurden als "Rosa-Winkel-Häftlinge" in die Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora verschleppt. "Sie standen beim offiziellen Gedenken lange im Schatten, auch weil Homosexualität in der Bundesrepublik bis 1994 strafrechtlich verfolgt wurde", sagte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte, der 27. Januar rufe jedes Jahr aufs Neue "die unfassbaren Folgen ins Bewusstsein, die durch den nationalsozialistischen Rassenwahn und seine menschenverachtende Ausgrenzungsideologie verursacht wurden". Damit sich Geschichte nicht wiederhole, müsse Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit mit aller Kraft entgegengetreten werden. Er sprach sich zudem ausdrücklich für die weitere Verfolgung der letzten noch lebenden Täter aus.
MDR pso/dpa(co)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 27. Januar 2023 | 06:00 Uhr
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