"Bankrotterklärung" Heftige Kritik an Thüringer Haushaltsentwurf - AfD-Antrag zum MDR abgelehnt
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15. November 2024, 21:48 Uhr
Für ihren Haushaltsentwurf hat die geschäftsführende Landesregierung massive Kritik geerntet. Ministerpräsident Ramelow verwies auf höhere Rücklagen. Die CDU sprach von einer "Bankrotterklärung" und plant Einsparungen. Den AfD-Antrag, den MDR-Staatsvertrag zu kündigen, lehnten alle anderen Fraktionen ab.
Inhalt des Artikels:
- Ramelow verweist auf höhere Rücklagen und etwas weniger Schulden
- CDU spricht von "Bankrotterklärung" und plant Sparmaßnahmen
- Corona-Untersuchungsausschüsse im Landtag diskutiert
- Kritik an Antrag zu drittem beitragsfreiem dritten Kita-Jahr in Thüringen
- AfD-Antrag zu öffentlich-rechtlichem Rundfunk abgelehnt
Der Haushaltsentwurf der geschäftsführenden Landesregierung für 2025 hat am Donnerstag eine heftige Debatte im Thüringer Landtag ausgelöst. Vertreter von AfD, BSW und CDU warfen der Regierung Verantwortungslosigkeit und Intransparenz vor.
Es handelt sich um einen technischen Haushalt, keinen politischen.
Ramelow verweist auf höhere Rücklagen und etwas weniger Schulden
Thüringens scheidender Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat die Abgeordneten des neu gewählten Landtags aufgefordert, Land, Bürgern, Kommunen und Wirtschaft eine finanzielle Hängepartie zu ersparen. Der Haushaltsentwurf für 2025 soll Stabilität schaffen. Es handele sich um einen "technischen Haushalt, keinen politischen", sagte Ramelow im Landtag in Erfurt. "Die Zahlen liegen auf dem Tisch. Sie können alles umstellen", reagierte der Linke-Politiker auf Kritik von CDU, AfD und BSW.
Ramelow verwies darauf, dass seine Regierung vor zehn Jahren finanzielle Rücklagen von 330 Millionen Euro vorgefunden habe. Jetzt beliefen sie sich auf 810 Millionen Euro, die für die Ausgaben 2025 genutzt werden sollen. Zudem habe Rot-Rot-Grün trotz hoher Inflation die Landesverschuldung von knapp 15,9 auf jetzt rund 15,6 Milliarden Euro reduziert. "Wir übergeben ein geordnetes Haus", sagte Ramelow und dankte Finanzministerin Heike Taubert (SPD) für ihre Arbeit.
Taubert selbst verteidigte den Entwurf. Sie verwies auf schwierige Bedingungen, unter denen dieser und die Haushalte vergangener Jahre beschlossen worden seien, wie etwa die Folgen der Corona-Krise oder des Ukraine-Kriegs.
CDU spricht von "Bankrotterklärung" und plant Sparmaßnahmen
Laut dem Haushaltsentwurf würden weiter "Ideologieprojekte" finanziert, anstatt etwa die Wirtschaft oder Familien zu fördern, hieß es von der AfD. Fraktionschef Björn Höcke sagte, Thüringen habe nicht zu wenig Einnahmen, sondern gebe sein Geld nicht richtig aus.
Die rot-rot-grüne Regierung habe schon mit den vorangegangenen Haushalten über ihre Verhältnisse gelebt, "Raubbau" an den finanziellen Reserven betrieben und damit einer neuen Regierung eine schwere Hypothek hinterlassen, hieß es von der CDU. Fraktionschef Mario Voigt, der das Ministerpräsidentenamt anstrebt, kündigte angesichts eines drohenden Defizits von 1,2 Milliarden Euro Ende kommenden Jahres Sparaktionen an.
CDU-Haushaltspolitikerin Ulrike Jary sprach von einer Bankrotterklärung. Das Defizit im Haushalt, das sich auf etwa eine Milliarde Euro belaufe, sei ein Ergebnis einer falschen Finanzpolitik der vergangenen Jahre. Thüringen müsse quasi "sein Sparschwein schlachten", um kurzfristig Haushaltslöcher zu stopfen. Das sei eine "Plünderung der Rücklagen".
Dem BSW zufolge ist im Entwurf zu wenig Geld für Zukunftsinvestitionen eingeplant. Alexander Kästner vom BSW monierte, dass Geld für Investitionen fehle, aber auch zur Unterstützung "der lahmenden Wirtschaft" durch die öffentliche Hand.
Gemeinde- und Städtebund sieht Finanzkraft der Kommunen gefährdet
Der Gemeinde- und Städtebund kritisierte den Haushaltsentwurf ebenfalls. Der Entwurf gefährde die Finanzkraft der Thüringer Kommunen, sagte Geschäftsführer Carsten Rieder. Sollte nicht nachgebessert werden, erhalten kreisangehörige Städte und Gemeinden künftig weniger Landesmittel als in diesem Jahr. Dabei stünden sie bereits jetzt wegen steigender Kreisumlagen und Sozialausgaben unter Druck.
Der Entwurf sieht 2025 Ausgaben in Höhe von 13,75 Milliarden Euro vor. Um die Ausgaben zu finanzieren, sollen alle Reserven aufgebraucht werden, darunter auch die mit 500 Millionen Euro gefüllte Rücklage. Doch auch dann bleibt ein Finanzlücke von rund 165 Millionen Euro.
Corona-Untersuchungsausschüsse im Landtag diskutiert
Außerdem wurden im Landtag am Donnerstag die geforderten Corona-Ausschüsse diskutiert. Die AfD auf der einen sowie CDU und BSW auf der anderen Seite hatten dazu jeweils eigene Ausschüsse beantragt. Die Linke möchte dazu eine sogenannte Enquete-Kommission einrichten. Die Anträge wurden in den Justizausschuss verwiesen.
Kritik an Antrag zu drittem beitragsfreiem dritten Kita-Jahr in Thüringen
Der Landtag hat zudem über ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr debattiert. Laut Linke können mit dem dritten beitragsfreien Jahr Alleinerziehende und Familien von Inflation und Preissteigerungen entlastet werden. Geld dafür sei da, so die Linke. Sie verweist darauf, dass die im Landeshaushalt eingeplanten Gelder immer wieder nicht vollständig ausgegeben werden. Von den anderen Fraktionen gab es Kritik. Laut AfD waren diese Pläne schon im vergangenen Jahr wegen Geldknappheit begraben worden. Die CDU verwies darauf, dass im Haushaltsentwurf der geschäftsführenden rot-rot-grünen Landesregierung kein einziger Euro für das Vorhaben der Linken eingeplant sei. Auch die SPD hält eine weitere Beitragsfreiheit für Kindergärten finanziell nicht machbar. Der Antrag wurde ebenso zur weiteren Beratung in den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.
AfD-Antrag zu öffentlich-rechtlichem Rundfunk abgelehnt
Ein Antrag der AfD, den MDR-Staatsvertrag zu kündigen, wurde von allen übrigen Fraktionen im Landtag abgelehnt. Die AfD wirft dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor, Geld zu verschwenden und linkslastiges Gedankengut zu verbreiten. Das stieß bei den anderen Fraktionen im Landtag auf Kritik. Die SPD verwies darauf, dass die Angebote des MDR täglich von einem Millionen-Publikum genutzt würden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei ohne den Rundfunkbeitrag nicht überlebensfähig. Eine alternative Finanzierung über Steuern etwa könne niemand wollen, der sich für einen staatsfernen Rundfunk einsetze.
Die Linke äußerte sich ähnlich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse zwar reformiert werden. Aber der Antrag der AfD würde tausende tarifgebundene Arbeitsplätze beim MDR gefährden. Allein schon das sei ein Grund, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken. Die CDU sieht nach eigenen Angaben ebenfalls Reformbedarf. Allerdings sei der Antrag der AfD abzulehnen, weil damit nur ein schlechtes Licht auf das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem gelenkt werden solle. Das BSW warf der AfD vor, letztlich die Tagesschau von privaten Streaming-Anbietern ausstrahlen lassen zu wollen. Der AfD-Plan wurde mit den Stimmen von CDU, BSW, Linke und SPD abgelehnt. Die Fraktionen lehnten es zudem ab, den Antrag in den Fachausschüssen zu diskutieren.
MDR (ps/jn/ws/dpa)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 14. November 2024 | 19:00 Uhr
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