Junge Frau betrachtet Bild von Ernst Ludwig Kirchner in der Kunstsammlung Jena. 1 min
Hören Sie im Audio die Geschäftsführerin des Kulturrats in Thüringen, Judith Drühe, zu den Problemen für die Kultur in ihrem Bundesland. Bildrechte: picture alliance / Arifoto Ug/Michael Reichel/dpa-Zentralbild/ZB | arifoto UG

Landeshaushalt 2025 Thüringen: Drohen harte Kürzungen im Kulturbereich?

07. November 2024, 04:00 Uhr

In dieser Woche verhandeln CDU, SPD und BSW in Thüringen über einen möglichen Koalitionsvertrag. Ob sie sich einigen, ist nach dem Streit um die Friedenspraämbel im Sondierungspapier alles andere als sicher. Vor diesem Hintergrund muss nun der Landeshaushalt für 2025 aufgestellt werden. Ein erster Entwurf des geschäftsführenden Finanzministeriums sieht im Kulturbereich drastische Kürzungen vor. Werden sie tatsächlich durchgesetzt?

Wie erstelle ich eine ordentliche Excel-Tabelle? Wie verfasse ich eine aussagekräftige Pressemitteilung? Vor solchen Problemen stehen Kulturvereine und andere Akteure in der sehr kleinteiligen Thüringer Kulturszene häufig. Damit die Kulturakteure professioneller werden, gibt es seit zwei Jahren das Projekt "Kultur Land Bilden", mit speziell auf sie zugeschnittenen Weiterbildungsangeboten. Doch ob es 2025 fortgeführt werden kann, ist derzeit offen – "Kultur Land Bilden" wird über eine Projektförderung finanziert. Und in diesem Bereich steht gerade vieles auf der Kippe.

Ein Portemonnaie mit Geldscheinen.
Der Kultur in Thüringen fehlt 2025 möglicherweise viel Geld. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Das Bangen um die Zukunft ist groß, seitdem das Thüringer Finanzministerium in der vergangenen Woche einen ersten Entwurf für den Landeshaushalt 2025 vorgestellt hat. Alle institionellen Förderungen, über die etwa große Stadt- und Landestheater finanziert werden, laufen in diesem Entwurf weiter wie gehabt. Bei der Projektförderung im Bereich der Freien Szene drohen jedoch harte Einschnitte: So soll diese um rund 1,5 Millionen gekürzt werden – von knapp acht Millionen Euro auf etwa 6,5 Millionen Euro.

Museen drohen harte Einschnitte

Auch die Museen würden die aktuell geplanten Einschnitten hart treffen. Von ihrer Projektförderung, über die kleine und mittelgroße Häuser ihre Sonderausstellungen finanzieren, soll nur noch rund ein Viertel übrig bleiben: Statt 385.000 Euro soll es im nächsten Jahr nur noch 100.000 Euro geben.

Ein Fachwerkhaus, davpr eine Figur eines Menschen.
Das Friedrich-Fröbel-Museum in Oberweißbach gehört zu den kleineren Museen Thüringens, die von den Einschnitten betroffen sein könnten. Bildrechte: picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa | Jens Kalaene

Dazu kommen im Museumsbereich noch weitere Einschnitte. Denn auch die Förderung in den Bereichen Digitalisierung und Provenienzforschung soll zusammengestrichen werden, außerdem Mittel für Investitionen von mehr als fünf Millionen auf weniger als zwei Millionen Euro zurückgefahren werden.

Ein Kahlschlag für die Museumslandschaft!

Roland Krischke, Präsident des Thüringer Museumsverbands

Sollten die Kürzungen so durchgehen wie geplant, wäre das "ein Kahlschlag für die Museumslandschaft", warnt Roland Krischke, der Präsident des Thüringer Museumsverbands: "Wir sind dann einfach nicht mehr wettbewerbsfähig im Vergleich mit anderen Bundesländern. Einige dieser Sparvorschläge kann man wirklich nur irrwitzig und lächerlich nennen."

Roland Krischke, ein Mann mit Brille und sehr kurzen Haaren steht vor zwei alt aussehenden Statuen.
Der Präsident des Thüringer Museumsverbandes, Roland Krischke, ist alamiert über die Lage für die Museen im Freistaat. Bildrechte: picture alliance / Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa | Martin Schutt

Kritik kommt nicht nur von den Betroffenen, sondern auch aus den Reihen von Rot-Rot-Grün, wo es hinter vorgehaltener Hand heißt, man "haut jetzt kaputt, was man in den letzten zehn Jahren aufgebaut hat."

Kulturminister sieht sich nicht in der Lage, Verbesserungen vorzunehmen

Wie konnte es zu diesen Vorschlägen kommen? Der scheidende Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff betont, dass der Entwurf lediglich ein technischer Haushaltsentwurf des Finanzministeriums sei, über den noch nicht politisch diskutiert worden sei.

Da seine Regierung keine Mehrheit mehr im Landtag habe, sei das nicht als sinnvoll erachtet worden: "Hier ist es also so, dass eine abgewählte Landesregierung dem Landtag mit seiner neuen politischen Mehrheit die Möglichkeit gibt, vor Beginn des nächsten Haushalts in Haushaltsberatungen einzutreten und entsprechend Korrekturen vorzunehmen."

Benjamin-Immanuel Hoff, eine Mann mit Brille, Bart und weißen Haaren sitz in einem Parlamentsgebäude und wird von der Sonne beschienen.
Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) war in der scheidenden Regierung Kulturminister. Bildrechte: IMAGO/Jacob Schröter

Dass es Korrekturbedarf gibt, betont auch Hoff. Nun sei es am Landtag, auch ohne neue Regierung Lösungen zu finden. Einfach wird das nicht, denn es steht weniger Geld zur Verfügung als in den Vorjahren. Komplizierter wird es auch durch den Umstand, dass konkrete Ansprechpartner im Landtag fehlen. Noch hat sich kein Kulturausschuss gebildet. Auch die Parteien haben keine kulturpolitischen Sprecher bestimmt.

"Für uns ist enorm wichtig, dass die Parteien jetzt die Menschen benennen, die unsere Ansprechpartner sind", fordert Judith Drühe, Geschäftsführerin des Kulturrats in Thüringen. "Ansonsten kostet diese Situation uns, aber auch die Parteien sehr viel mehr Energie."

Judith Drühe, eine Frau mit Brille und offenben Haaren lächelt.
Judith Drühe leitet den Kulturrat in Thüringen, der sich für Kunst, Kultur und kulturelle Bildung im Freistaat einsetzt. Bildrechte: Candy Welz

Es sei daher im Sinne aller, dass es eine schnelle Regierungsbildung und eine schnelle Haushaltskonsolidierung gebe. "So dass wir Gewissheit erlangen, was im nächsten Jahr passieren kann."

Änderungen sind möglich

Niemand bezweifelt, dass sich an den Zahlen des derzeitigen Haushaltsentwurfs noch etwas ändern wird. Fraglich ist nur, ob die harten Einschnitte nur etwas abgemildert werden – oder die Budgets dann doch am Ende an das Niveau des Vorjahres heranreichen.

Mario Voigt, ein Mann mit Brille und Anzug spricht an einem Rednerpult.
Mario Voigt (CDU) wird vermutlich der nächste Ministerpräsident, er hat jedoch noch keine neue Regierung für den Freistaat gebildet. Bildrechte: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die CDU, die mit Mario Voigt vermutlich den nächsten Ministerpräsidenten stellen wird, erbittet sich auf Anfrage von MDR KULTUR noch etwas Zeit: Man habe sich bislang noch nicht mit dem Thema befassen können und könne deswegen auch den Haushaltsplan noch nicht bewerten.

Redaktionelle Bearbeitung: bh,op

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 07. November 2024 | 08:40 Uhr

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