Wertkonservative Konkurrenz für AfD? Debatte in Thüringen um die Rolle der CDU

20. Juli 2023, 01:29 Uhr

Angesichts hoher Umfragewerte der AfD hat Ex-Bundespräsident Joachim Gauck von der CDU eine wertkonservative Politik gefordert, die der Partei wieder Wähler abnimmt. Unter Politikerinnen und Politikern in Thüringen trifft dieser Vorschlag auf unterschiedliche Reaktionen. CDU-Landeschef Mario Voigt unterstützt Gaucks Position: Die CDU mache bereits "wertegebundene Politik".

Die Forderung von Ex-Bundespräsident Joachim Gauck nach einer konservativeren CDU, die der AfD Konkurrenz macht, stößt in Thüringen auf unterschiedliche Reaktionen.

Linke-Landeschef Christian Schaft sagte MDR THÜRINGEN, die Bundes-CDU habe zuletzt eine Asyl-Obergrenze gefordert und in Thüringen im Zusammenhang mit der Wärmewende von einer "Energie-Stasi" gesprochen. Das habe nichts mit einer wertkonservativen Politik zu tun. Hier sollte es nicht darum gehen, Schlagzeilen zu erzeugen, die auf das Konto der AfD gingen.

Ähnlich äußerte sich die Landessprecherin der Grünen, Ann-Sophie Bohm. Die Parteien müssten sich zwar um die Sorgen der Menschen kümmern. Die CDU habe aber zuletzt Vorbehalte generell gegen Menschen aus dem Ausland geschürt. Die Union müsse sich als christliche Partei ihrer Verantwortung bewusst werden gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt.

SPD-Chef Maier: Nicht die Sprache der Populisten übernehmen

SPD-Landeschef Georg Maier sagte MDR THÜRINGEN, er teile die Analyse von Gauck, dass sich viele Menschen von den Veränderungen in der Gesellschaft überfordert fühlten. Die CDU müsse als Oppositionspartei hier Alternativen aufzeigen. Nach Ansicht von Maier hat die Union in der Vergangenheit immer wieder sprachlich über das Ziel hinausgeschossen. Die CDU sei gut beraten, ein Stück weit "abzurüsten" und nicht die Sprache der Populisten zu gebrauchen. Die wollten den Menschen Angst machen und einfache Lösungen anbieten, die in Wahrheit aber nicht funktionierten, so Maier.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion, Dorothea Marx, warf der Thüringer CDU vor, mit Themen wie dem Heizungsgesetz punkten zu wollen. Für dieses Thema sei aber Thüringen nicht verantwortlich. Ein konstruktiver Streit der demokratischen Parteien und das Ringen um Lösungen seien besser, um der AfD das Wasser abzugraben, sagte Marx.

CDU-Landeschef Voigt unterstützt Gaucks Forderung

CDU-Landeschef Mario Voigt begrüßte dagegen die Forderungen von Gauck. Der frühere Bundespräsident sei eine wichtige Stimme der Ostdeutschen, sagte Voigt MDR THÜRINGEN. Er spreche die Themen an, die den Menschen auf den Nägel brennen. Die CDU macht laut Voigt eine wertegebundene Politik. Dazu gehöre etwa, in der Migrationspolitik klar zu machen, dass die Herzen groß, aber die Mittel begrenzt seien. Auch in der Energiepolitik stehe die Union für ein Umsteuern. Im Vordergrund müsse wieder stehen, dass Energie bezahlbar sei und es Lösungen für die Menschen gebe.

Ex-Bundespräsident Joachim Gauck hatte mit Blick auf die hohen Umfragewerte der AfD im ZDF eine wertkonservative Politik gefordert, die die Sorgen der Menschen ernst nimmt und Lösungen anbietet. Nach Ansicht des SPD-Politikers könnte eine wertkonservative Partei gerade in den ostdeutschen Ländern der AfD wieder Wähler abnehmen. Diese Rolle könnte die CDU übernehmen, so Gauck.

MDR (wh/mw)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN – Das Radio | 19. Juli 2023 | 21:00 Uhr

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