Thüringens AfD-Fraktionschef Björn Höcke hat im Streit um die Besetzung wichtiger Posten im Landtag erneut eine Paketlösung vorgeschlagen.

Wenn die anderen Fraktionen den AfD-Abgeordneten Jörg Prophet kommende Woche zum Landtagsvizepräsidenten und einen AfD-Vertreter in die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) wählen, sei die AfD bereit, die Posten im Richter- und Staatsanwaltschafts-Wahlausschuss zu besetzen.

Jörg Prophet soll nach Willen seiner Partei AfD Landtagsvize in Thüringen werden. Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services

Die Abgeordneten im Thüringer Landtag stehen vor einem Dilemma: Seit Jahren scheitert die AfD im Parlament bei Wahlen für bestimmte Posten, etwa dem Amt des Landtagsvizepräsidenten. Zugleich sind wichtige Gremien ohne AfD-Vertreter nicht arbeitsfähig, zum Beispiel der Richterwahlausschuss und der Staatsanwältewahlausschuss. Ohne die Besetzung dieser Gremien können in Thüringen keine Richter und Staatsanwälte auf Lebenszeit berufen werden. Für die Besetzung der Wahlausschüsse braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die AfD, die bei der Landtagswahl erstmals stärkste Kraft wurde, kann diese mit ihrer Sperrminorität verhindern.

Allerdings gibt es in den anderen Fraktionen erhebliche Vorbehalte gegen den Vize-Präsidenten-Kandidaten Prophet. Der AfD-Politiker stellte in einem früheren Interview die Bewacher des NS-Konzentrationslagers Mittelbau-Dora auf eine Stufe mit den Befreiern des KZ, den US-amerikanischen Soldaten.

Die Fraktionen von Linke und SPD machten bereits klar, dass Prophet für sie nicht wählbar ist. Linke-Fraktionschef Christian Schaft bezeichnete Prophet als "völlig inakzeptabel". "Wir begehen am Montag den 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz - und dann wenige Tage später einen Herren wie Herrn Prophet zum Vizepräsidenten des Thüringer Landtags zu machen, ist für uns völlig inakzeptabel", sagte Schaft.

Christian Schaft, Fraktionschef der Linken, findet den Vorschlag Jörg Prophet als Lantagsvize "völlig inakzeptabel". Bildrechte: picture alliance/dpa | Hannes P Albert

Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, hatte Prophet in der Vergangenheit unter anderem Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Auch im Thüringer Verfassungsschutzbericht 2021 wurde ein Text von Prophet als Beispiel für die "geschichtsrevisionistische Agenda" der AfD angeführt.

Die Gedenkstättenleitung von Mittelbau-Dora warnt vor der Personalie der AfD. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Martin Schutt

Der Leiter der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Andreas Froese, äußerte deutliche Kritik an der möglichen Wahl von AfD-Mann Jörg Prophet zum Landtagsvizepräsidenten. "Ein Landtagsvizepräsident Prophet wäre durchaus kein gutes Signal für den Zustand der Erinnerungskultur in diesem Land", sagte Froese bei einer Veranstaltung mit Journalisten in Nordhausen. Froese erklärte, nach wie vor würden AfD-Funktionäre von Gedenkveranstaltungen ausgeschlossen. Die Gedenkstätte wolle nicht den Überlebenden von NS-Verbrechen zumuten, mit Menschen zusammen zu sein, die diese Verbrechen relativierten oder sogar in Zweifel zögen, so Froese.

Im April plant die Gedenkstätte eine Feier zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ. Dafür seien Überlebende eingeladen. Im 1943 errichteten KZ Mittelbau-Dora mussten rund 60.000 Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen in Zwangsarbeit Raketen und Rüstungsgüter herstellen. Jeder dritte Häftling kam ums Leben.

CDU und BSW haben signalisiert, dass sie sich grundsätzlich vorstellen könnten, einen AfD-Landtagsvizepräsidenten zu wählen, wenn es bei den beiden Justiz-Gremien Zugeständnisse der AfD gebe. Der Fraktionschef der CDU, Andreas Bühl, sagte, Prophet habe mit seinen KZ-Aussagen eine große Hypothek auf sich geladen. Die CDU-Fraktion habe aber noch nicht abschließend entschieden, ob sie für Prophet stimmen werde.

Die CDU-Fraktion hat noch nicht abschließend entschieden, ob sie für Prophet stimmen wird. Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Einen Vertreter der AfD in die Parlamentarische Kontrollkommission PKK zu wählen, halte er für ausgeschlossen. "Ich sehe die AfD nicht in der parlamentarischen Kontrollkommission, weil das doch irgendwie der Aufgabe der Kommission in gewisser Weise widersprechen würde", so Bühl.

BSW-Fraktionschef Frank Augsten sagte, man werde verhindern, dass die AfD einen Sitz in der Kontrollkommission bekomme. Die Personalie Prophet werde auch in seiner Fraktion intensiv diskutiert. Einige Abgeordnete des BSW würden den Kandidaten ablehnen. Andere würden auf die Gefahr hinweisen, die von den nicht arbeitsfähigen Richter- und Staatsanwalts-Wahlausschüssen ausgehe.