Übersicht Die Wahlprogramme der kleineren Parteien
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29. August 2019, 09:40 Uhr
19 Parteien treten mit Listen bei der Landtagswahl 2019 in Sachsen an. Neben den "Großen" - CDU, LINKE, SPD, AfD, Grüne und FDP - gibt es noch eine Reihe anderer zugelassener Bewerber um die Sitze im Landtag. Doch wofür stehen BüSo, Freie Wähler, Humanisten oder die ADPM? Eine Übersicht.
NPD
Bei der letzten Landtagswahl scheiterte die NPD knapp an der Fünf-Prozent-Hürde. Spitzenkandidat Peter Schreiber ist einer von 15 zur Wahl stehenden Kandidaten. Im MDR-Kandidatencheck äußerte er sich zu seinen Zielen. Er trete ein für "ein deutsches Sachsen" und stelle sich gegen "die forcierte Ansiedlung von Fremden in Deutschland, vor allem aus nicht-europäischen Kulturkreisen." Im Wahlprogramm zur Landtagswahl findet sich zum Thema Zuwanderung folgende Erklärung: "Wir wollen keine Zustände wie in westdeutschen Bundesländern wie Bremen oder Nordrhein-Westfalen, die durch Armutszuwanderung, massenhaften Asylmißbrauch und Islamisierung geprägt sind." Man wolle daher "einen Anti-Zuwanderungs-Schutzschirm über Sachsen spannen". Eine Zuwanderung von Wohlstandsflüchtlingen aus Rumänien und Bulgarien in den deutschen Sozialstaat soll verhindert werden durch die Aufhebung der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit für diese Länder. Auch möchte die NPD das Asylrecht ändern: "Die Sächsische Staatsregierung soll sich auf Bundesebene für eine Abschaffung des einklagbaren Grundrechts auf Asyl gemäß Artikel 16 a Grundgesetz einsetzen." Gegen Altersarmut schlägt die NPD laut aktuellem Wahlprogramm eine einheitliche, "beitragsgerechte Rentenkasse für alle Erwerbstätigen" sowie eine "Grundrente für alle" vor. Als weiteres soziales Instrument wird ein "Kinderbonus" genannt, gestaffelt nach Anzahl der Kinder. Spitzenkandidat Schreiber ergänzt: Der Wohnungsknappheit müsse man mit sozialem Wohnungsbau begegnen, zudem sollten keine Asylbewerber auf Wohnungen verteilt werden.
Freie Wähler
Dass die Spitzenkandidatin der Partei, Cathleen Martin, eine Polizei-Gewerkschafterin ist, spiegelt sich im Programm wider: So sollen die Stellen bei der Polizei auf 17.500 anwachsen. Derzeit verfügt Sachsen über rund 15.000 Polizisten. Die Schaffung einer Grenzpolizei und bessere Zusammenarbeit der Polizeibehörden national und international ist ein weiteres Ziel. Mit ihrer Agenda wollen die Freien Wähler 15 Prozent der Stimmen erringen. Das ist ehrgeizig für die Partei, die bisher noch nie im Sächsischen Landtag vertreten war. Die Prozentzahl hat Antje Hermenau, die ehemalige Fraktionschefin der Grünen in Sachsen verkündet. Sie ist das vielleicht prominenteste Parteimitglied. Einen Schwerpunkt setzen die Freien Wähler außerdem auf die Bildungspolitik. Diese soll im Haushalt Priorität haben. Das ist mit Blick auf die Absichten der Partei wohl auch angemessen: Es soll gebührenfreie Kindergärten und Horte sowie kostenlosen Schülertransport und Schulspeisung geben. Neben der Rückkehr zum Schulfach "Praktische Arbeit" ab der 7. Klasse soll auch die Berufsschulbildung aufgewertet werden. Im Gesundheitsbereich findet sich auch eine Anlehnung an ein DDR-Modell: Die Gemeindeschwester soll es wieder geben, um Ärzte zu entlasten.
Tierschutzpartei
Die Partei wurde 1993 gegründet und hat nach eigenen Angaben bundesweit rund 1.600 Mitglieder. Wie der Name es erwarten lässt, setzt sich die Partei für Tier- und Umweltschutz ein. Die baldige Abschaffung der Massentierhaltung sowie die Förderung einer bio-veganen Landwirtschaft ohne Gentechnik werden angestrebt. Tierversuche sollen verboten werden. Ministerien für Tierschutz auf Bundes- und Landesebene sollen dafür zuständig sein. Der Müll ist noch gründlicher zu trennen, Restmüllverbrennung soll vermieden werden. Auf gesellschaftlicher Ebene möchte die Partei sich für die Gleichstellung von sexuellen Minderheiten stark machen. Im MDR-Kandidatencheck wurden angeglichene Lebensverhältnisse in Ost und West als Ziel genannt.
Online gab es kein Wahlprogramm der Partei für Sachsen, als Quelle diente hier das Grundsatzprogramm. Anfragen des MDR blieben bisher unbeantwortet. (Stand 08.08.2019)
Piratenpartei
Die Piraten gründeten sich 2006. Vom thematischen Schwerpunkt der Netzpolitik aus haben sie sich zu einer Mehr-Themen-Partei entwickelt. In den Jahren 2011 und 2012 konnten sie in mehrere Landtage einziehen, diese Erfolge aber seitdem nicht wiederholen. Sachsen soll als direkter Nachbar von Polen und Tschechien eine Vorreiterrolle bei der Energie- und Verkehrswende übernehmen. Eine Forderung der Partei ist es, einen fahrscheinlosen öffentlichen Personennahverkehr bereitzustellen. Sachsens Polizei hat den Piraten zufolge ein Rassismus-Problem. Regelmäßige Schulungen sollen hier helfen. Im Bereich Digitales fordern sie ein Verbot von Online-Durchsuchungen und der Quellen-Telekommunikationsüberwachung ohne richterlichen Beschluss.
Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative
Gegründet von Berufssatiriker Martin Sonneborn hat "Die Partei" seit November 2013 einen eigenen Landesverband in Sachsen. Zur Landtagswahl 2014 bekam sie 0,71 Prozent - knapp 12.000 Sachsen wählten sie. "Die Partei" parodiert unter anderem Merkmale und Wahlkampfmethoden anderer Parteien. Zu ihren Zielen zählen laut Spitzenkandidat Tom Rodig aus Leipzig, der sich selbst als "Ministerpräsident in spe" sieht: "Linksgrünversifftes Stadtleben (Leipzig) vs. wegsterbende Landstriche (Restsachsen). Damit getrennt wird, was getrennt gehört, will ich den LExit zum großen Thema machen. Leipzig wird unabhängig und Sachsen ist den Schandfleck 'Leipzig' los. Darum: Leipzig raus aus Sachsen." Im 9-Punkte-Programm der Partei findet sich des Weiteren die Forderung nach Dienstbier und einer Frauenquote von 90 Prozent am Arbeitsplatz.
Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Die BüSo tritt seit 1999 bei Landtagswahlen in Sachsen an, 2014 bekam sie 0,2 Prozent. Landeschef ist Michael Gründler aus Dresden. In ihrem Programm spricht sich die BüSo für eine Reindustrialisierung Sachsens aus, um von der Neuen Seidenstraße, also neuen Wirtschaftsbeziehungen mit China, zu profitieren. Ziel ist: "Ein modernes, dichtgeknüpftes Eisenbahnnetz in Sachsen. Dazu die Anbindung an die Ost-West-Magistrale von China bis zum Atlantik." Die Partei lehnt die Energiewende ab und spricht sich für Braunkohleverstromung und Kernenergie aus. Das Hochschulwesen soll auf die Bereiche Kerntechnik, Kernfusion und Weltraumwissenschaften ausgerichtet werden. Die Russlandsanktionen müsse man beenden.
Aufbruch deutscher Patrioten - Mitteldeutschland (ADPM)
Der frühere AfD-Landeschef und Fraktionsvorsitzende von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, gründete die Partei Anfang 2019. Das geschah nach mehreren umstrittenen Reden und Chatnachrichten, mit denen der als rechtsaußen Geltende in AfD-Kreisen unter Druck geraten war. Im Vorstand der neuen Partei saßen Egbert Ermer und Benjamin Przybylla, die zuvor der sächsischen AfD angehörten. Am 13. August war bekannt geworden, dass Poggenburg und Ermer die Partei verlassen. Benjamin Przybylla wurde zum kommissarischen Vorsitzenden der ADPM gewählt.
Die ADPM will sich einsetzen für die Liberalisierung der Waffengesetze, die strikte Trennung von Staat und Kirche - und damit die Abschaffung des Religionsunterrichts an Schulen. Deutschland soll nach dem Willen der ADPM aus der EU austreten. Nach Ansicht der Partei gibt es ausreichende Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, der Kampf gegen Linksextremismus und Islamismus müsse hingegen verstärkt werden. Die Antifa gehöre beispielsweise verboten. Die ADPM spricht sich außerdem für eine zentrale Unterbringung von Asylbewerbern und für Abschiebehaft aus.
Die blaue Partei
Frauke Petry initiierte die Partei 2017. Im Wahlprogramm der nationalkonservativen Partei liegt ein Schwerpunkt bei der Polizei. Diese soll personell und in ihren Befugnissen gestärkt werden. Außerdem soll eine Grenzpolizei entstehen. Ziel sind straffe Kontrollen an sächsischen und deutschen Außengrenzen. Den Duldungsstatus bei Zugewanderten möchte die Partei abschaffen. Im sozialen Bereich sollen Jung und Alt mehr Berührungspunkte bekommen - durch gemeinsame Freizeitgestaltung in Kindergärten und Altenheimen. Eine landesweite "Nestbauzentrale" soll junge Familien nach Sachsen locken, in dem online verschiedene Angebote gebündelt werden. Im ländlichen Raum soll es wieder Gemeindeschwestern zur Gesundheitsfürsorge geben.
Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)
Ziel der 1990 wiedergegründeten KPD ist der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus durch eine demokratische Revolution. Verankert ist das im Programm der KPD, das auf dem 25. Parteitag im Jahr 2007 beschlossen wurde. Dabei sollen Banken, Versicherungen und Konzerne entmachtet und eine Diktatur des Proletariats errichtet werden. Außerdem fordert die Partei eine Veränderung von Beschäftigungsverhältnissen: eine branchenübergreifende 30 Stunden Woche bei gleichbleibendem Gehalt, einen Renteneintrittsalter von 60 Jahren sowie die Entlohnung verfallener Urlaubstage mit doppeltem Gehalt. Der wohl bekannteste Vertreter der Partei ist Hans-Jürgen Westphal, der in Dresden als "Mann mit der roten Fahne" bekannt wurde. Seit den frühen 1990er-Jahren steht Westphal fast täglich mit einer Flagge der Sowjetunion auf der Prager Straße vor dem Karstadt-Warenhaus und wirbt für den Kommunismus.
Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
Die Partei fordert, dem Klimaschutz die oberste Priorität einzuräumen. "Sachsen muss zur Modellregion für Klimaschutz werden und der Weltgemeinschaft demonstrieren, wie der Ausstieg aus fossilen Energieträgern und der Umbau zu einer klimaneutralen Gesellschaft gelingen können", heißt es im Programm. Um Natur und Umwelt zu schützen, hat die Partei das Ziel, Sachsens Flächenverbrauch "einzufrieren". Demnach sollen Flächen nur versiegelt werden, wenn an anderer Stelle Flächen der gleichen Größe renaturiert werden. Weitere Ziele: Wahlrecht ab Geburt, ein Transparenzgesetz für Bürger und Journalisten, mehr Polizei vor Ort, Investitionen in das Schienennetz, um den Lkw-Verkehr zu minimieren. Im Bildungsbereich spricht sich die ÖDP für eine Gemeinschaftsschule bis zur 10. Klasse aus, was auch dem ländlichen Raum zugute käme. Die Partei befürwortet ein Zentralabitur.
Partei der Humanisten
Die 2014 gegründete Partei fühlt sich humanistischen Werten verpflichtet und will bei ihrer Politik auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgreifen. Letzteres bedeutet eine große Offenheit gegenüber neuen Technologien, so wie beispielsweise der des im Labor "gezüchteten" Fleischs. Ein wichtiges Ziel der Partei ist die strikte Trennung von Kirche und Staat. In Sachsen spricht sich die Partei für die Pflanzung von Bäumen in Stadt und Land aus. Damit soll CO2 reduziert werden. Der sächsische Spitzenkandidat der Partei, Dominic Ressel, benennt im MDR-Kandidatencheck weitere Ziele: Gemeinschaftsschule bis 6. Klasse, kostenlose Kitas, mehr Polizisten und staatlicher Wohnungsbau.
Partei der Vernunft (PDV)
Aus dem "Grundsatzprogramm" der PDV Deutschland sind folgende politische Linien zu entnehmen: "Asylanten haben keinen Anspruch auf staatliche Sozialleistungen." Die Versorgung von "mittellosen Asylanten" soll "ausschließlich freiwillig auf privater Ebene erfolgen." Ein weiteres Anliegen der Partei ist die Abschaffung von Schulpflicht. "Die Angebote von Homeschooling, Privatschulen und anderen Modellen müssen ohne weitere staatliche Auflagen in Anspruch genommen werden können," heißt es. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll privatisiert werden und über ein Pay-TV-System funktionieren. Der Treibhauseffekt sei "wissenschaftlich nicht begründbar und längst widerlegt." Die Energiekosten für Wirtschaft und Bürger sollten niedrig gehalten werden.
Online gab es kein Wahlprogramm der Partei für Sachsen.
Partei für Gesundheitsforschung
2015 als Ein-Themen-Partei gegründet, tritt sie zum ersten Mal bei einer Landtagswahl in Sachsen an. Die Bundesregierung soll mehr Geld in die Erforschung altersbedingter Krankheiten stecken. Denn: "(…) Krebs, Alzheimer, Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes Typ 2 betreffen jeden Menschen ab einem gewissen Alter und verursachen viel Leid und Kosten." Dazu sollen mehr Forschungseinrichtungen in Sachsen errichtet werden, die an diesem Thema arbeiten. Die Partei will nach eigenen Angaben in einer möglichen Regierung nur das Thema Gesundheitsforschung behandeln. "In alle anderen politischen Themen will sich die Partei nicht einmischen."