
Corona Fünf Jahre nach Pandemie: Kein zentrales Reservelager für Schutzausrüstung in Sachsen
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13. März 2025, 05:00 Uhr
Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren hat die Landesregierung die erste Corona-Verordnung erlassen - mit drastischen Einschnitten für viele Sachsen. Und es gab kaum Masken oder Schutzkittel. Das sollte nicht wieder passieren. Deshalb beschloss das sächsische Kabinett, ein Reservelager für Schutzausstattung anzulegen. Was aus diesem Beschluss geworden ist, hat MDR SACHSEN nachgefragt.
- Ein Reservelager in Sachsen existiert offenbar nur auf dem Papier.
- Das Sozialministerium sieht keinen Bedarf an staatlicher Vorsorge.
- Das DRK Sachsen meint, die Vorhaltung von Schutzgütern zahle sich aus.
Das Recherche-Ergebnis ist einigermaßen ernüchternd: Das zentrale Reservelager für Schutz- Handschuhe, Masken und Kittel existiert nur auf dem Papier. Eigentlich, so hatte es das Kabinett beschlossen, sollte das zentrale Reservelager für Schutzausrüstung bereits Ende 2020 arbeitsfähig sein.
Ziel war es, die Bedarfe von Landesverwaltung, Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Gesundheitsämtern und des Rettungsdienstes bei einer schweren Pandemie für vier Wochen abzudecken. Diese sollten zentral erhoben, beschafft, verteilt und für den Krisenfall vorgehalten werden.
Konsequenzen gezogen aus Mangel an Schutzausrüstung?
Der Freistaat habe aus dem Mangel an Schutzausrüstung zu Beginn der Pandemie Konsequenzen gezogen, begründete SPD-Sozialministerin Petra Köpping damals den Beschluss. Innen- und Sozialministerium sollten diesen gemeinsam umsetzen.
Nun, fünf Jahre später, teilte das SPD-geführte Sozialministerium auf Anfrage von MDR Sachsen mit, der Kabinettsbeschluss sei erfüllt worden.Das Innenministerium habe das Logistikzentrum des Polizeiverwaltungsamtes im Umland von Leipzig deutlich vergrößert. Dort gebe es ein Logistikzentrum für Schutzausstattung, wenn auch ohne Lagerbestand.
Nach unserer Kenntnis hat das Innenministerium [...] das Logistikzentrum des Polizeiverwaltungsamtes im Umland von Leipzig deutlich vergrößert. Dort gibt es jetzt auch ein Logistikzentrum für Schutzausstattung, wenn vielleicht auch ohne Lagerbestand.
Ein Lagerbestand wird also vom Sozialministerium aktuell nicht vorgehalten, wie das CDU-geführte Innenministerium bestätigte.
Sozialministerium: Kein Bedarf an staatlicher Vorsorge
Das Sozialministerium habe den Bedarf an Schutzausrüstung bei Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern abgefragt, teilte das Ministerium schriftlich. Die Institutionen hätten kein Interesse an staatlicher Bevorratung und würden selbst vorsorgen, hieß es. Deshalb habe man entschieden, nur das Material zu beschaffen, was von den Beschäftigten der Landesverwaltung als Schutzausstattung benötigt werden könnte.
Der Sprecher des Innenministeriums, Martin Strunden, verweist auf zwei Rahmenverträge für Schutzmasken. "Für die Bediensteten des Freistaats Sachsen hat das Ministerium Lieferverträge geschlossen, mit denen innerhalb von wenigen Wochen bis zu 10 Millionen Masken bestellt werden können."
Für die Bediensteten des Freistaats Sachsen hat das Ministerium Lieferverträge geschlossen, mit denen innerhalb von wenigen Wochen bis zu 10 Millionen Masken bestellt werden können.
Dieses Vorgehen habe dem Steuerzahler erhebliche Aufwendungen für die Beschaffung von Materialien erspart, die demnächst vermutlich hätten entsorgt werden müssen, heißt es aus dem sächsischen Sozialministerium. Schutzausrüstung, wie beispielsweise Masken, haben ein Verfallsdatum, da die Materialien, aus denen sie hergestellt werden, ihre Wirkung verlieren können.
DRK Sachsen: Vorhaltung von Schutzgütern zahlt sich aus
Der sächsische Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hat im Auftrag und mit Unterstützung der Europäischen Union in Dresden große Lagerkapazitäten für Schutzausrüstung für Pandemien geschaffen. Auf dem Gelände der Hilfsorganisation in Dresden stehen inzwischen zwei neue Hallen mit Ausrüstung für Pandemien im höchsten Schutzstandard - darunter Gesichtsmasken, Handschuhe und Gummistiefel.
Man habe aus der Pandemie gelernt und sich anders aufgestellt, sagt DRK-Vize-Vorstandschef Kai Kranich. Die Vorhaltung von Schutzgütern zahle sich aus. Diese könnten jetzt zu einem Bruchteil des Geldes beschafft und eingelagert werden, im Vergleich zu Krisenzeiten. "In der Krise Güter zu beschaffen, die für die Bewältigung der Krise notwendig sind, ist unglaublich teuer."
In der Krise Güter zu beschaffen, die für die Bewältigung der Krise notwendig sind, ist unglaublich teuer.
Wieder schlecht vorbereitet?
Im Krisenfall sind die Bestände des DRK auch für Sachsen eine Sicherheit. Der Freistaat müsste dann aber über den Bund bei der EU anfragen, weil es sich um die Katastrophenschutzvorhaltung der Europäischen Union handelt, die sogenannte "europäische Reserve". Diese ist 2020 aus der Erfahrung der Pandemie aufgebaut worden, um handlungsfähig zu sein.
Nur die Europäische Union dürfe darüber entscheiden, was mit diesen Hilfsgütern passiert, so Kranich. "Wir haben auf jeden Fall hier die Profis sitzen, die in der Beschaffung wirklich unterstützen können und das auch immer gemacht haben bisher. Was dann aber im Krisenfall noch an unseren eigenen Vorräten da ist, kann ich nicht sagen."
Würde Sachsen jetzt von eine Pandemie heimgesucht, wäre das Land vermutlich genauso schlecht vorbereitet, wie beim Ausbruch der Pandemie vor genau fünf Jahren.
MDR (kbe)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Radioreport | 12. März 2025 | 13:00 Uhr